Marktführer bei kleinen Elektro-Außenbordern, Pionier bei sicheren Hochvoltsystemen, Ausrüster für Queen Elizabeths Prunkbarkasse und im James-Bond-Streifen Spectre, seit 2017 Teil des Kölner Motorenkonzerns Deutz – die Liste beeindruckender Meilensteine bei Torqeedo lässt sich beliebig fortsetzen. Jetzt scheint das bayerische Startup wieder zum Verkauf zu stehen.
Nach den Gründen darf durchaus gefragt werden. Nach diversen Managementwechseln sowohl bei Torqeedo als auch beim Mutterkonzern steht eine neue Strategie für das bayerische Unternehmen noch aus. Dennoch kommt die durch Medienberichte lancierte Meldung des Verkaufs unerwartet.
Offenbar hat der Verkaufsprozess schon begonnen. Deutz könne bestätigen, dass das Unternehmen in Gesprächen mit mehreren Interessenten stehe, berichtet das Handelsblatt. Der Verkaufsprozess entwickele sich gut, will das Handelsblatt am Dienstag aus „Finanzkreisen“ erfahren haben. Sowohl von Torqeedo als auch von der Konzernmutter Deutz gibt es noch keine offizielle Stellungnahme.
Japanischer Konzern als Käufer?
Ein Interessent wird bereits öffentlich genannt: Suzuki. Das Manager-Magazin berichtet unter Berufung auf „Insider“ davon, Gespräche mit dem japanischen Konzern kämen „gut voran“. Suzuki ist mit Bootsmotoren im Markt präsent und hat selbst keine elektrischen Bootsmotoren im Programm.
Deutz-Pressesprecher Christian Ludwig bestätigt auf Nachfrage von float die Verkaufsabsichten: „Im Jahr 2017 hat Deutz Torqeedo mit dem Ziel erworben, die Elektrifizierungsstrategie von Deutz für unsere Kernkundensegmente – Baumaschinen, landwirtschaftliche Fahrzeuge und Flurförderzeuge – zu beschleunigen. Das hat hervorragend funktioniert. In den letzten Jahren haben wir erfolgreich ein starkes Deutz-Elektroportfolio für unsere Kernkundensegmente aufgebaut.“
Zur Verkaufsentscheidung erklärt er: „Wir haben aber auch gelernt: Da Deutz weder im Marinegeschäft zuhause ist noch über starke Konsumgüterexpertise verfügt, besitzen wir nicht die Marktkenntnisse und Skalierungsmöglichkeiten, um Torqeedo optimal weiterzuentwickeln. Zudem passt Torqeedo nicht in unser Produkt- und regionales Portfolio.“
Das klang schon im Frühjahr an, als Vorstands-Chef Sebastian Schulte die auf 100 Millionen Euro geschätze Investition in Torqeedo bei der Hauptversammlung resümmierte: „Die Akquisition hat uns bei der Entwicklung unseres E-Deutz-Angebots enorm geholfen. Keine Frage. Sind wir aber mit der operativen Entwicklung zufrieden? Ganz sicher nicht.“
Ein Grund für die Unzufriedenheit könnte bei den neu eingeführten Torqeedo-Motoren zu finden sein. In der Reportage des Manager-Magazins ist von Ausfällen bei der aktuellsten Cruise-Motorengeneration die Rede. Hier, im Niedrigvoltbereich, gibt es inzwischen auch Mitbewerber wie Mercury Marine, ePropulsion und Molabo.
„Ergebnisoffener Prozess“ zu Ende
Der im April angekündigte „ergebnisoffene Prozess“ zur Zukunft des E-Pioniers dauerte kein halbes Jahr. Man wolle sich mehr, von Schulte, „in zusammenhängenden Ökosystemen“ entwickeln. Christian Ludwig: „Daher haben wir die Entscheidung getroffen, einen besseren Eigentümer für Torqeedo zu finden, und einen strukturierten, professionellen Verkaufsprozess gestartet. Das hatten wir auch im April auf unserer Jahreshauptversammlung bereits angekündigt.“
Zum aktuellen Stand gibt Ludwig an, Deutz sei in Gesprächen mit mehreren interessierten Parteien. Für den Diesel-Spezialisten wäre der Verkauf der elektrischen Bootsmotorensparte das Ende der eigenen Ambitionen auf dem Wasser. Dabei kommt Vorstandschef Sebastian Schulte aus der Marinesparte, von Thyssenkrupp.
Alternative Antriebe gehören aber weiterhin zur Agenda von Deutz, wie Christian Ludwig ergänzt: „Wir bauen eine eigene Green-Organisation auf, um die Agilität des Geschäftsbereichs zu erhöhen. Um das Geschäft mit alternativen Antrieben profitabel zu machen, müssen wir unsere Aktivitäten und Entwicklungen systematisch auf den Markt und die Bedürfnisse unserer Kunden ausrichten. Wir halten an unserer angekündigten Investition von 100 Millionen Euro in Green bis 2025 fest.“
Das Label „Green“ bleibt also. Doch von Bootsmotoren ist beim Kölner Konzern nicht mehr die Rede.
2 Kommentare
Das Manager Magazin hat einen Artikel mit weiteren Hintergründen verfasst, u.a. auch bzgl. Qualitätsmängeln bei neueren Torqeedo Modellen.
Ahoi Benjamin, vielen Dank. Den Hinweis auf die Berichterstattung im Manager-Magazin haben wir jetzt erweitert.