Das Australian Wooden Boat Festival in Hobart, Tasmanien, ist ein buntes Festival, bei dem Holzboote in allen Größen und Formen zelebriert werden. Im Februar 2019 finde ich mich durch Zufall dort wieder. Kurz zuvor hatte ich meinen Job in der Kulturbranche in Berlin gekündigt, meine Wohnung aufgegeben, meinen Rucksack gepackt. Und mich auf nach Australien gemacht, um neue Eindrücke zu gewinnen und vor allem, um neue Inspiration im Berufsleben zu finden.
Es ist Sommer, die kleine Stadt ist gefüllt mit Menschen. Auf einem Felsen am AJ White Park sitzend beobachte ich, wie hunderte von Holzbooten in den Hafen einsegeln. Abends spielen Bands, es wird viel Bier getrunken und vor allem werden Segelgeschichten ausgetauscht.
Auch wenn ich zu diesem Zeitpunkt so gut wie nichts mit Segeln am Hut habe, zieht mich das Spektakel komplett in den Bann. Stundenlang laufe ich an den Booten entlang und bestaune die zumeist traditionell gefertigten Holzboote.

Dort lerne ich meine Freundin Jo kennen. Sie hat gerade ihr erstes eigenes Segelboot gekauft und ist damit hauptsächlich in Neuseeland und Fiji unterwegs. Ohne Umschweife lädt sie mich zu sich an Bord ein. Geplant sind drei Wochen auf der „Carola“, doch am Ende bleibe ich über zwei Monate. Meine Leidenschaft für das Segeln ist geboren, der Abschied vom Leben auf dem Wasser fällt mir zum Ende meiner Reise enorm schwer.
Vom Segeln zum Bauen
Als ich nach Deutschland zurückkomme, finde ich mich in einer schwierigen Situation wieder: Es ist April 2020 und die Corona-Pandemie ist endgültig in Europa angekommen. Mein Sommerjob auf einem Segelboot fällt flach. Jobmöglichkeiten in der Kulturbranche sind quasi von der Bildfläche verschwunden. So setze ich mich das erste Mal ernsthafter mit dem Gedanken auseinander, eine Ausbildung zur Bootsbauerin anzufangen.
Abgesehen von der Nähe zum Meer und meinem Hobby Segeln verspricht der Bootsbau eine Vielfalt an Arbeiten und Werkstoffen, die nicht viele andere Ausbildungsberufe bieten können. Von Holz über Metall zu Kunststoff, von Neubau und der Restaurierung von Klassikern über Servicearbeiten und Yachttechnik bis zur Erforschung von neuen Materialien und Arbeitsverfahren ist alles möglich.

Zunächst möchte ich ein Praktikum absolvieren und erstelle eine Liste für mich wichtiger Auswahlkritierien für die Betriebswahl. Der Standort und die Arbeitsschwerpunkte sind mir wichtig, vor allem aber muss das Team gut passen. Ich bewerbe mich in diversen Betrieben.
Auch wenn Corona mir oft einen Strich durch die Rechnung macht, da viele Betriebe auf Grund der aktuellen Lage keine PraktikantInnen annehmen, kann ich am Ende auf vier verschiedene Praktika blicken.
Meine Basis Bottsand Bootsbau
Mein letztes Praktikum absolviere ich bei Bottsand Bootsbau in Wendtorf bei Kiel. Durch Zufall stoße ich auf die Website des Betriebes. Sie verrät mir, dass hier viele Punkte meiner Wunschliste bereits erfüllt werden: ein kleines, junges Team, die Werft an der Ostsee gelegen, direkt neben einer großen Marina, Arbeiten im Service-Bereich, Technik inklusive.
Ich schicke meine Bewerbung direkt los und der nächste positive Eindruck lässt nicht lange auf sich warten. Nach nur zwei Tagen bekomme ich einen Anruf.