Es war ein „on and off“ beim Start zur dritten Etappe des Ocean Race in der Tafelbucht vor Kapstadt Richtung Itajaí in Brasilien. Das Rennen begann mit einer Zweieinhalb-Runden-Kür für die Zuschauer vor der Küste Kapstadts, bevor die Flotte in das große Grau des Southern Oceans aufbrach.
Mit zuschauen wollte auch eine dreiköpfige Walgruppe, die sich im Startbereich positioniert hatte. Die Rennleitung war deshalb gezwungen, die Rennstrecke kurzfristig zu ändern. Die Startlinie lag nun im Windschatten des Tafelbergs. Für die Ocean-Race-Teams, die vorsorglich schon das Groß gerefft hatten, war der Wind zu schwach für einen schnellen Start.

Nur Team Biotherm, schon vom Ocean-Race-Start in Alicante bekannt für Schnellstarts, kam als erstes über die Startlinie. Die Crew fand den Wind am Rande des Tafelbergs und segelte einen beeindruckenden Vorsprung heraus. Währenddessen driftete der Rest der Flotte lange nach dem Startschuss über die Startlinie.
Wind an, Wind aus
Auf Biotherm folgte das Team Malizia, dann kam Guyot Environnement – Team Europe. Als viertes dann das 11th Hour Racing Team und zum Schluss das bisher siegreiche Team Holcim-PRB. Die Kür wurde zu einer Zerreißprobe zwischen Brise und Flaute. Mal führte das eine, dann wieder das andere Team. Zum Schluss musste Biotherm wegen eines gebrochenen Stropps an der Großschot in den Hafen zurückkehren.
Auch das 11th Hour Racing Team musste das Rennen wegen eines Schadens an einer Latte unterbrechen. Die Crew entschied sich jedoch, die Reparaturen auf See selbst durchzuführen und so die Mindestzeit von zwei Stunden einzuhalten.
Und es gibt Wind!
Die Vorhersage sieht Wind im Bereich von 25 bis 30 Knoten Stärke bei zwei bis drei Meter hohen Wellen. Die dritte Etappe des Ocean Race erweist sich damit schon in den ersten Stunden als Herausforderung. Die Crews stehen vor einer wichtigen frühen Entscheidung für die mit 12.750 Seemeilen längste Etappe. Die Schlüsselfrage ist: Besser in Küstennähe bleiben und am Kap der Guten Hoffnung vorbeisegeln? Oder weiter südlich – oder sogar südwestlich – auf die Suche nach den ersten Westwinden gehen?

Christian Dumard, der offizielle Wetterberater des Rennens, sagt, es werde in der Anfangsphase dieser Etappe zum Kap Hoorn und weiter nach Brasilien vor allem darum gehen, nach Süden und in die Westwinde zu gelangen. Die bieten im Südpolarmeer superschnelle, aber äußerst ungemütliche Surfbedingungen.
Sebastian Waches Analyse
Es muss in den Süden gehen in den Einflussbereich der Tiefs im Southern Ocean. Derzeit liegt noch ein Hoch über Südafrika. Sobald die Flotte aus diesem Windband kommt, folgt eine Schwachwindzone des Hochkerns durch das die Flotte hindurch muss. Dahinter geht es direkt in Richtung Australien, immer mit dem Hoch auf der Backbordseite und den Tiefs steuerbords Downwind nach Osten. Die Gradwanderung wird sein, nicht zu viel Druck durch die Tiefs zu sehen, aber ausreichend genug, um schnell zu segeln.
Die Herausforderung wird sein, mit den Frontendurchgängen zu arbeiten. Gerade Kaltfronten sorgen mit den markanten Winddrehern und den sehr böigen und oft auch stürmischen Winden für sehr konzentriertes Navigieren, um materialschonend das Maximum rauszuholen. Auch wenn wir gerade Sommer auf der Südhalbkugel haben, sollten die Tiefs nicht unterschätzt werden. Da zahlt sich defensiveres segeln aus. Gerade Boris Herrmann weiß das nur zu gut.
12.750 Seemeilen als Lotterie
Auch wenn diese Etappe von den starken Winden im Süden dominiert wird – die Reihenfolge auf dem Podium könnte sich auch erst hinter Kap Hoorn entscheiden. Denn dann kommt – so Dumard – der wahrscheinlich schwierigste Teil der Etappe. Die letzten Stunden bis Itajai könnten zu einer Lotterie werden. Denn vor Itajaì kann es alles geben: leichte Winde, Gewitter und Regenböen.
Rennleiter Phil Lawrence behält unterdessen die Eisbergaktivität im Auge. Auf der Strecke gibt es eine Eissperrzone, die die Crews von Eisbergen und kleineren Eisbrocken fern halten soll, damit die mit hoher Geschwindigkeit fahrenden Imocas von Treibeis nicht schwer beschädigt werden.
Während der Fahrt werden Scans des Pazifischen Ozeans durchgeführt. Es ist daher wahrscheinlich, dass die Eisgrenze bei Bedarf angepasst wird. Im Moment gibt es laut Lawrence eine ungewöhnliche Situation im östlichen Pazifik: mit viel Eisaktivität, und das ziemlich weit nördlich.
Schutzhäfen auf der gesamten Strecke
Auch wenn sich die Boote nach den ersten beiden Etappen und den Reparaturen in Kapstadt alle in gutem Zustand befinden, können sie auf dieser Etappe leicht Schaden nehmen. Dafür hat die Rennleitung gemeinsam mit allen Seenot-Koordinationszentren vorgeplant und auf der gesamten Strecke Schutzhäfen festgelegt. Hierhin können die Rennboote ausweichen, wenn sie die direkte Fahrt abbrechen und den Kurs ändern müssen.
Ein weiterer Risikofaktor, den die Crews südlich des Kaps der Guten Hoffnung im Auge behalten müssen, sind Kollisionen mit UFOs, also unbekannten schwimmenden Objekten. Schon bei früheren Rennen gab es in dieser Region Probleme mit Kollisionen. Bei diesem Rennen müssen alle Crews, die auf UFOs im Wasser stoßen, sofort die Rennleitung benachrichtigen, damit die Informationen schnell an den Rest der Flotte weitergegeben werden können.