Der andauernde Angriffskrieg der russischen Armee gegen die Ukraine hat heute (Dienstag, 26. Juli 2022) der ukrainischen Bootsindustrie einen empfindlichen Schlag versetzt. Erstmals seit einigen Monaten traf es wieder die Produktionsstätte eines Bootsherstellers. Es handelt sich um das Werk des Schlauchbootherstellers MS Marine in Mykolaiv in der südlichen Ukraine.
Das erfuhr float heute Mittag von Milan Sterk, dem geschäftsführenden Gesellschafter von MS Marine. „Wir wurden heute Morgen vor Arbeitsbeginn von einer S-200-Flugabwehrrakete getroffen. Sie zerstörte unser Fabrikgebäude und alle Formen, Modelle, Glasfasern, Harze und Maschinen vollständig.“
Menschliche Opfer gab es nicht zu beklagen. „Zum Glück wurde niemand verletzt. Nur der Wachmann hat einen Schock erlitten“, so Sterk.
Luftabwehrraketen für Landangriffe
Nach Angaben des britischen Verteidigungsministeriums nutzen die Russen diese Land-Luft-Waffensysteme nun für Land-Land-Angriffe, da ihnen die eigentlichen Land-Land-Raketen ausgehen. „Russland hat seinen Einsatz von Luftabwehrraketen in einem zweiten Bodenangriff erhöht“, teilt das Ministerium auf Twitter mit, „weil es einen kritischen Mangel an speziellen Bodenangriffsraketen gibt.“
Ein Bericht des Magazins Forbes bestätigt dies. Russische Streitkräfte haben demzufolge Flugabwehrraketen auf ukrainische Ziele am Boden abgefeuert. Laut Forbes berichtete der ukrainische Verwalter des Gebiets Mykolaiv zuerst über diese Angriffe. „Den Russen geht die Präzisionsmunition für Langstreckenangriffe aus“, so Forbes.
Die S-200 ist ein stationäres Langstrecken-Luftabwehrsystem. In der Sowjetunion entwickelt, nutzte es lange sowohl die russische als auch die ukrainische Armee.
Erster Angriff schon im Februar
Mykolaiv war der bedeutendste Schiffbaustandort in der Sowjetunion und besitzt heute als maritimes Zentrum der Ukraine drei Großwerften, Handelshäfen am Bug und eine Marinebasis am Inhul.

Bei MS Marine in Mykolaiv hatte es schon am ersten Kriegs-Wochenende im Februar 2022 Bombenexplosionen gegeben, knapp zwei Kilometer von der eigenen RIB-Fertigung entfernt. Doch kaum waren die russischen Truppen Richtung Kherson zurückgedrängt worden, starteten Produktion und Formenbau wieder.
Der heutige Raketeneinschlag beendet für MS Marine die Fabrikation mit dem wirtschaftlichen Totalschaden. „Ich stehe immer noch unter Schock“, teilt Sterk mit.
Auch Brig betroffen
Bei Brig steht die Produktion seit Kriegsbeginn komplett still. Die aus Russland stammenden, seit Jahrzehnten in der Ukraine ansässigen Werftgründer hatten gerade erst die Produktionskapazität erhöht und wollten anbauen.
Im April traf russische Artillerie das Werk in der Nähe von Charkiw direkt. Glücklicherweise befanden sich keine Menschen in der Werft. „Aber der materielle Schaden ist groß“, erklärten die Distributoren des RIB-Herstellers anschließend.