Die Zeit läuft, und die Spantenaufstell-Party rückt näher auf Leos Werft. Hier in Sequim, Washington State, baut er den 47 Fuß langen Gaffelkutter „Tally Ho“ von 1910 wieder auf. Leo Sampson bekommt viel Unterstützung und Hilfe durch Volunteers. Ihnen gibt er einen Einblick in den traditionellen Bootsbau – mit modernen Maschinen. Und das Projekt erhält die Hilfe vieler netter Menschen, die ihm den Arbeitsplatz und Maschinen zur Verfügung stellen und den britischen Bootsbauer mit Spenden und Veröffentlichungen unterstützen. Seine halbstündigen unterhaltsamen Videos könnten einer Schule für Bootsbauer durchaus als Lehrfilme dienen.


Ein englisches Trio
Der Winter gab zum Glück nur ein kurzes Gastspiel im Nordwesten der USA. Zwei neue Volunteers bereichern das Team beim Refit-Projekt „Tally Ho“. Tom aus Brighton in Süd-England ist gelernter Möbeltischler, Arnaud aus Belgien ist Ingenieur für Maschinen- und Schiffbau. Beide suchen die Herausforderung, mit schwerem Holz zu arbeiten.
Finn, die treue Seele des Projekts, komplettiert das Trio der Engländer. Er ist so gut eingearbeitet, dass Leo ihm das Anlernen von Arnaud beim Bau der nächsten Spanten anvertraut. Nach kurzer Zeit sind die beiden schon richtig gut darin. Tom, der Tischler, erfindet kurzerhand neue Hilfsgeräte, um die Produktion der Trunnels (Holznägel) zu perfektionieren, mit denen die Spaten zusammengefügt werden.

Währenddessen nimmt sich Leo viel Zeit auf dem Schnürboden, um die genaue Positionierung des Achterstevens, der Einschnitte, des Wellentunnels und der Bolzenlöcher zu übertragen. Er geht dabei sehr überlegt vor. Den Einschnitt im Kiel und das Zapfenloch für den Achtersteven sägt, fräst und stemmt er selbst. Mit scharfen Stecheisen und Handhobeln wird die Fläche akribisch geglättet.

Der Steven wird aufgesetzt
Und dann ist es soweit: Mit vereinten Kräften werden Steven, Knie und Totholz auf den Kielbalken gehievt, und der Zapfen am Steven wird vorsichtig mit Wagenhebern in das Zapfenloch abgelassen. Dabei ist Man-Power gefragt, und die Jungs haben sichtlich Spaß dabei.
Als alles steht, ist es Samstagabend und Zeit für einen verdienten Ruhetag. Die neue Woche beginnt mit einem Ausflug nach Port Townsend, einem Hafen mit vielen Traditionsseglern und einem Besuch bei der Schiffswerft Shipwrights Coop.
Hier kann Leo Sampson auf der Drehbank die Gewinde für die Stangen aus Silizium-Bronze schneiden, die späteren Bolzen, um die Stevenhölzer am Kiel festzubolzen. Zurück in Sequim wird das Achtersteven-Ensemble erst einmal wieder abgebaut, und Unebenheiten werden genau nachgearbeitet. Mit Teerfilz zwischen allen Auflageflächen setzt das Team den Steven endgültig auf.

Nicht mittig?
Bevor die Bohrschablonen für die Löcher zur endgültigen Montage angesetzt werden, muss Leo doch noch mal auf den Schnürboden. „Du kannst jeden Fehler nur einmal machen – oder am besten gar nicht.“ Am Ende erklärt er uns, warum der Achtersteven scheinbar nicht mittig auf dem Kielbalken steht: Er hat den Balken zunächst nach dem Muster des alten Kiels gefertigt. Der war aber asymmetrisch, also auf einer Seite breiter als auf der anderen.
Doch das genaue Aufmaß am Schnürboden hat das richtige Maß gezeigt. In weiser Voraussicht hatte Leo den Kiel auf Übermaß geschnitten. So kann er, wie bei einer Skulptur, das richtige Maß herausarbeiten. Es fliegen also nochmal Späne…
Wer das Refit-Projekt Tally Ho unterstützen möchte, kann das hier tun. Jede Spende ist willkommen.