Jetzt auch Sam Davies: Letzte Nacht kollidierte auch sie mit einem UFO, wie gerade am Tag davor Sébastien Simon auf Arkea Paprek. Heute morgen machte sich die Britin auf den Weg nach Norden, um in ruhigen Gewässern vor Kapstadt den Schaden an ihrem Boot „Initiatives Coeur“ untersuchen zu können.
Sam Davies klingt wie immer aufgeräumt heute Morgen, als sie mit der Rennleitung der Véndee Globe telefoniert und erklärt, was passiert ist. „Ich segelte gestern Abend bei 30 bis 35 Knoten, das lief sehr gut. Ich war zufrieden mit meiner Position. Aber seit zwei Tagen ist der Seegang ziemlich chaotisch. Ich weiß, in welchen Strömungen ich mich hier befinde.
„Und ich weiß auch, welche Kollisionsrisiken bestehen.“ fährt sie fort. „Ich surfte mit 15 bis 22 Knoten, so gut es bei dem Seegang möglich ist. Als es dunkel zu werden begann und ich gerade eine warme Mahlzeit aß, tat es einen mächtigen Schlag. Ich konnte nichts sehen und weiß auch nicht, was es war.“
Heftige Kollision
Es war ziemlich dunkel, und der Schlag fühlte sich an, als sei das Boot auf einen Felsen aufgelaufen, beschreibt Sam Davies die Kollision. Das Boot bremste dabei von 20 Knoten auf Null ab. Der Aufprall traf den Kiel. „Ich hörte ein Krachen von dort kommen“, beschreibt sie den Unfall. Sam Davies flog – mit allen Gegenständen um sie herum – nach vorne. Einschließlich ihres Abendessens, das sich über das gesamte Innere des Boots verteilte. So heftig war die Kollision. Zum Glück hat sie sich nur ein paar Rippen verletzt. Es sei nichts Ernstes, sagt sie, aber sehr schmerzhaft.
Samantha stoppte das Boot, reffte das Großsegel und inspizierte den Kiel. Das Schott und die Hauptlagerschotten, die den Kielkasten stützen, sind intakt – soweit sie es bisher beurteilen kann. Auch die Kiellager sind intakt. Aber die Längsstruktur um den Kielkasten hat auf beiden Seiten Risse, denn diese Sektion hat den Aufprall aufgenommen.
Weniger gut: Es gibt es eine undichte Stelle am Kielzylinder, der durch die Seitenwand des Kielkastens geht. Die Abdichtung wurde abgeschlagen, und es dringt etwas Wasser ein. Sam Davies hat eine gute Pumpe, die sie schnell dauerhaft in Gang gesetzt hat, um das eindringende Wasser niedrig zu halten.
Sicher von der Rennbahn kommen
„Für mich ist es das Wichtigste, das Boot zu stabilisieren“, sagt sie im Videogespräch mit der Vendée-Globe-Zentrale. Letzte Nacht hat sie mit ihrem Team, den Naval-Architekten und Statikern eine ganze Reihe von Kontrollen durchgeführt, um auszuschließen, dass sie nicht in unmittelbarer Gefahr ist. Das Ergebnis war beruhigend.
Sie segelt momentan mit fünf Knoten einen Kurs Richtung Kapstadt, was alle Belastungen und Anstrengungen auf Kiel und Schotten auf ein Minimum reduziert. In ruhigerem Wasser wird sie den Schaden mit ihrem Team bewerten und überlegen, wie es weitergeht.
Warum so viele Kollisionen?
Es ist ein besonderes Rennen, wenn man sich die vielen Kollisionen seit dem Start der Vendée Globe ansieht. Nicolas Troussell und Alex Thomson mussten wegen Kollisionen aussteigen Jérémie Beyou und Thomas Ruyant machen nach Reparaturen weiter. Kevin Escoffier konnte, welch ein Glück – nachdem sein Boot in einer Welle in zwei Teile zerbrach und sank – von Jean Le Cam gerettet werden.
Sogar der französische Präsident war von der Rettung beeindruckt. Sieben Boote sind inzwischen kollidiert. Wie geht das weiter, fragt man sich. Und wie geht es den Skippern, wenn sie mit rund 20 Knoten bei hohen Wellen im Southern Ocean unterwegs sind?
Von den 32 Booten, die bei der Vendée Globe gestartet sind, fahren 18 mit dem Kollisions-Vermeidungsystem Oscar, das, gefüttert durch die Informationen von künstlicher Intelligenz (kurz KI) Treibgut und Hindernisse aller Art erkennt. Die Kamera im Masttopp schaut mit drei Objektiven in einem Radius von einem Kilometer, was vor dem Boot als Gefahrengut herumtreibt.
Wie arbeitet Oscar?
Wieso dann die vielen Havarien? Wir haben beim Hersteller nach den Kollisionen nachgefragt. Dies sind die genannten Gründe:
Viele Objekte, von denen inzwischen immer mehr im Southern Ocean treiben, schwimmen unterhalb der Wasseroberfläche und können dann von Oscar nicht gesehen werden. Eisbrocken, die auf der Rennstrecke weniger vermutet werden, kann die Kamera nicht erkennen.
Die Boote sind in fünf bis sechs Metern Welle mit Geschwindigkeiten zwischen 15 und 20 Knoten unterwegs. Da bleibt nicht viel Zeit für den Skipper einer Imoca mit 19 Metern Länge, nach dem OscarAlarm noch auszuweichen.
Das System, das mit KI arbeitet, lernt stetig dazu. Es hat aber noch wenig Informationen zum Southern Ocean, weil dort nur wenige Boote Daten gesammelt haben. Nach der Vendée Globe wird Oscar auch für diese unwirtliche Region über deutlich mehr Daten verfügen. Die Vendée Globe ist das erste Rennen für das Anti-Kollisionssystem.
Die Skipper müssen das Gerät eingeschaltet haben und das Warnsignal auch rechtzeitig wahrnehmen. Schlafen sie gerade, kann es sein, dass sie nicht schnell genug am Ruder sind, um rechtzeitig auszuweichen.
Boris Herrmann hat deshalb das Oscar-System direkt mit seinem Autopiloten verbunden – als Einziger übrigens.