Der x-te Sturm heult mit Windstärke 7 bis 9 in den Wanten, es ruckt an den Leinen und der Rumpf knarzt. Wir liegen seit fünf Wochen in Póvoa do Varzim an der Westküste Portugals. Ein Tief nach dem anderen zieht über uns hinweg, während wir auf unsere neue Sprayhood nebst Bimini eines „äußerst zuverlässigen“ portugiesischen Segelmachers warten.
Als wir vor nun zehn Monaten in Lübeck die Leinen losgeworfen haben, war das Ziel für den Frühling 2019 das Mittelmeer. Die Realität lehrte uns, dass Langfahrt-Segelpläne meist in Sand geschrieben werden. Wir, das sind Johanna (31) und Norman (34) aus dem Rheinland.

Verliebt und gekauft
Wir können uns noch sehr gut an einen Abend im März 2017 erinnern, als wir das Schiff zum ersten Mal betraten. Bei reichlich Rotwein und Pizza saßen wir mit dem Eigner-Pärchen im großen, gemütlichen Achtersalon der „Irma“ und lauschten den Segelabenteuern, die sie in den vergangenen sechs Jahre erlebt hatten. Wir waren sofort unsterblich verliebt in dieses Boot. Und nach einer eher flautigen Probefahrt unterschrieben wir gleich am folgenden Tag den Kaufvertrag.
Wir hatten zu diesem Zeitpunkt vor zwei Jahren zwar nicht wirklich Ahnung von Segelyachten, geschweige denn dem Kauf einer solchen, aber wir haben unsere Entscheidung bis heute nicht bereut. Offenbar haben wir instinktiv das richtige Boot für uns gefunden.


Die 35 Fuß der Comar Comet 11 sind für zwei Personen wirklich optimal ausgebaut. Achterlich befindet sich eine große helle Sitzecke. Auch beim Kochen mussten wir uns nicht groß umstellen. Dank ausreichender Arbeitsflächen und genug Stehhöhe ist kulinarisch alles möglich, von Kürbissuppe bis Rouladen mit Rotkohl und Klößen. Geschlafen wird mittschiffs in einer großzügigen Eigner-Kajüte. Und der neue Keller heißt Vorpiek. Die werftseitig eingebauten Stockbetten an Steuerbord wurden durch unseren Voreigner in zusätzlichen Stauraum verwandelt.


Nicht immer Sunshine und Highlife
Klar, ein großer Unterschied zum Leben an Land in einer Wohnung ist das Duschen im Hafen in so manch hygienisch „bedenklicher“ Marina-Nasszelle. Unseren vorherigen Hausstand mussten wir an Bord natürlich deutlich dezimieren. Und wenn sich das romantische leichte Schaukeln im Hafen ab bestimmten Windstärken in nervenaufreibendes Rucken, Heulen und markerschütterndes Knarzen verwandelt, weiß man sicher, dass man auf einem Schiff lebt. Besonders wenn man dabei auch noch arbeiten möchte.
Das Einzige, das wir nachrüsten mussten, war eine solide und zuverlässig laufende Heizung. Denn unsere italienische Lady hatte bis dato nur warme Segelreviere (Mittelmeer und Karibik) kennengelernt. Wir haben uns für eine 4 kW starke Planar-Dieselheizung entschieden, die unser Überleben im „arktischen“ deutschen Winter an Bord sichern und für behagliche Temperaturen unter Deck sorgen sollte. Doch erstmal zurück auf Anfang.

Alles oder Nichts! Wir ziehen an die Waterkant.
Im Sommer 2016 waren wir zwei Wochen mit dem eigenen kleinen Motorboot über die holländischen Kanäle unterwegs und hatten im Anschluss einen Segeltörn durch die dänische Südsee gemacht. Diese erste Woche auf einer richtigen Segelyacht – einer 35 Fuß langen Moody – reichte aus, um vom Motorboot auf ein Segelboot umzusteigen.
Sechs Monate später hatten wir den Kaufvertrag für unsere Comar auf Mallorca unterschrieben und bewarben uns parallel auf Jobangebote an der Ostseeküste. Der frühere Eigner, ein deutscher Profiskipper, hatte sie sehr umfassend und professionell für seine Langfahrt ausgestattet und in Schuss gehalten.
Wir beschlossen, das Boot selbst zu überführen – zwischen Umzug und neuem Job in Lübeck. Bis dato hatten wir gerade einmal eine Woche beziehungsweise 150 nautische Meilen Segelerfahrung in der Tasche.