Alles wäre wie immer – wenn du nicht Freunde und Familie hättest. Sie haben extra für diesen Tag kleine Überraschungen an Bord versteckt, die dir sagen: Wir denken an dich. Es können Nichtigkeiten wie eine Tafel Schokolade, ein Paar Hosen oder eine Handcreme sein, der Gedanke zählt. Auf meiner Vendée Globe 2008 wartete ein gefriergetrocknetes Weihnachtsmahl mit Truthahn und allen Beilagen auf mich. Nahrung für Leib und Seele.
Vor und nach Whatsapp
Nach der halben Strecke haben die Segler ihren Rhythmus gefunden und wissen, wie sie am besten mit den Einschränkungen umgehen. Aber Weihnachten erinnert sie besonders daran, wie lange sie noch ohne ihre Nächsten ausharren müssen. Wer könnte die Gefühlsachterbahn besser verstehen als ihre Regattagenossen? Über Whatsapp tauschen sie sich aus, genauso wie mit dem Team, der Familie und der Regattadirektion. Vor vier Jahren war das noch nicht möglich.
Ununterbrochen in Kontakt zu stehen, kann aber auch zum Fluch werden. Der normale Landalltag lässt einen nie ganz los. Früher ging man zweimal am Tag für die Wetterkarten und Emails online. Heute müssen die Segler ihren Followern permanent berichten. Boris Herrmann postet täglich für seine Fans ein Video.
Auf der Pressekonferenz an Bord sagte er zu seinem Weihnachtsfest: „Nun, ich werde die Dinge einfach nehmen, wie sie kommen. Ich werde sicherlich auch Zeit haben, den Moment zu genießen, auf das Meer hinauszuschauen, diese Umgebung wahrzunehmen. Aber ich denke, es könnte schwierig werden, zur Ruhe zu kommen, richtig zu entspannen, da der Wind hier im Moment so unbeständig ist.“
Schwierig fand ich auf meinen Solo-Törns vor allem die Wochenenden. Während der Arbeitswoche saß jeder vor dem Computer und konnte mir prompt antworten. Am Wochenende beschäftigten sich die Daheimgebliebenen mit ihren Familien und Freunden. Und bei mir herrschte Funkstille. Um das zu verhindern, habe ich auf meinen weiteren Soloreisen mit meinen Freunden feste Kommunikationstage vereinbart, so dass ich jeden Tag Mails bekam. Auf See vergisst man schnell die Wochentage. Aber ich möchte nicht an Sonntag erinnert werden, weil mein Postfach leer bleibt.
Zur jetzigen Vendée Globe ist das Mail-Monopol längst aufgehoben. Es wird für die Segler eher schwierig, ein Übermaß an Kommunikation zu verhindern. Aber zu Weihnachten sollt ihr wissen, dass wir alle ständig bei euch sind und euch anfeuern. Lasst euch Lametta in die Salinge hängen, ihr Einhandhelden der Weltmeere!