Auf der boot Düsseldorf 2019 begegneten sich zwei ältere Herren, die beide das Gleiche unternommen haben und beide damit bekannt wurden. Und dennoch machten sie in der Folge sehr unterschiedliche Erfahrungen: Wilfried Erdmann (78) und Sir Robin Knox-Johnston (79), beide Weltumsegler und dabei Pioniere.
Der Brite Robin Knox-Johnston war 1968/69 als Erster nonstop einhand um die Welt gesegelt, beim spektakulären Golden Globe Race, und dafür geadelt worden. Wilfried Erdmann war ein Jahr zuvor als erster Deutscher einhand (und mit Stops) um die Welt gesegelt, ein Jahr nachdem Francis Chichester mit nur einem Zwischenstop die Welt umrundet hatte, wofür dieser ebenfalls geadelt wurde.

Wilfried Erdmann ging erstmal leer aus. Das deutsche Segel-Establishment bezweifelte, dass man mit einem 7,62 Meter langen Sperrholzboot allein um die Welt segeln kann. Nur die Bild-Zeitung brachte die Geschichte groß raus.
Mit 17 verließ Erdmann 1957 nach Abschluss seiner Tischlerlehre die DDR und radelte nach Südfrankreich. Hier sah er zum ersten Mal das Meer. Weiter ging es über Nordafrika nach Indien. Er beschloss zur See zu fahren und verdingte sich als Deckshelfer auf Handelsschiffen.

Die verlängerte Hochzeitsreise dauert einige Jahre
Wilfried Erdmann wurde mit seinen Weltumsegelungen und mit seinem Familiensegeln in der Südsee berühmt. Von Anfang an ist Astrid, zunächst Freundin, später Ehefrau, an Bord. Kaum hat er die Welt allein umsegelt, brechen die beiden gemeinsam zur verlängerten Hochzeitsreise auf, eine Weltumsegelung von 1969 bis 1972.
Astrid beschließt danach: „Nie wieder!“ Doch dann segeln sie mit Sohn Kym drei Jahre im Pazifik, bevor er in die Schule muss. Es ist eine Reise durch den unberührten Pazifik, möglichst fernab der Yachtrouten, und alle drei haben sie gut überstanden.
1984 bricht Erdmann zu seiner nächsten Weltumsegelung auf, einhand auf der „magischen Route“ (so auch der Buchtitel). Seine „Kathena Nui“ ist ein 10,60-Meter-Aluminiumboot von Dübbel & Jesse, ohne Motor. Das Geld ist knapp, Kym geht zur Schule, sie bauen gerade ein Haus… Normalerweise verabschiedet sich der Mann da nicht für ein knappes Jahr. Aber da Segeln und darüber zu berichten inzwischen Erdmanns Beruf sind, findet die Reise statt.

Danach hat Deutschland einen Segelhelden. Es gibt noch ein paar andere schreibende Weltumsegler, aber Erdmann setzt sich im Markt durch. Er ist ein ruhiger, manchmal verschlossener Mensch, das Gegenteil eines Strahlemanns. Die Nonstop-Reise der „Kathena Nui“ dauerte 343 Tage und führte von Kiel nach Kiel. Danach stand das Schiff erstmal lange Zeit an Land.
16 Jahre später bricht er wieder auf – im selben Boot
Sechzehn Jahre später bricht Erdmann mit demselben Boot noch einmal zur Einhand-Weltumsegelung auf, diesmal in Ost-West-Richtung gegen die vorherrschenden Windrichtungen. Eine brutale Reise, aber Erdmann liebt die Verbindung von Segeln und Kämpfen.
Sohn Kym reist nach Neuseeland, um den segelnden Vater aus der Luft zu fotografieren, als dieser gerade die Hälfte der Reise geschafft hat. Es sind auch Beweisfotos, für alle Fälle. Das Buch „Allein gegen den Wind“ hält sich 32 Wochen in der Spiegel-Bestsellerliste und wird sechsmal aufgelegt.