Die 29-jährige britische Weltumseglerin Susie Goodall ist am Mittwoch (05.12.2018) im Südlichen Ozean havariert. Ihre Position war rund 2.000 Meilen westlich von Kap Hoorn. Ihr elf Meter langes Boot ist in einem heftigen Sturm gekentert. Es wurde dadurch entmastet und ist seitdem manövrierunfähig. Susie Goodall ist die jüngste Teilnehmerin des umstrittenen Golden Globe Race, bei dem es bereits zahlreiche, teils lebensgefährliche Havarien gab. Jetzt naht Rettung, doch eine weitere Nacht wird vergehen, bis der chinesische Frachter „Tian Fu“ Susie Goodall durch schwere See erreichen wird.
„Ich war für eine Weile ausgeknockt“
In ihrer letzten SMS an die Rennleitung, die sie routinemäßig kurz vor der Entmastung am Mittwochmorgen (05.12.2018) gegen halb neun Uhr morgens schickte, berichtete Goodall: „ICH KRIEGE EINS DRAUF! ICH FRAGE MICH, WAS UM ALLES IN DER WELT ICH HIER DRAUSSEN MACHE.“ In der nächsten Nachricht, die um 12:23 Uhr empfangen wurde, schrieb sie: „ENTMASTET. BOOTSRUMPF OK. KEIN NOT-RIGG, ALLES WEG.“
Das Notsignal der 29-jährigen Seglerin wurde von der Küstenwache im britischen Falmouth am Mittwochvormittag um 11 Uhr englischer Zeit aufgefangen. Die Funkleitstelle informierte sofort die chilenischen Such- und Rettungsbehörden, die für diesen Sektor des Südpazifiks zuständig sind. Die Seglerin hatte zuvor ein „Pitchpole“ erlebt. Dabei war ihre Segelyacht über die Bootsspitze gekentert. „Ich wurde durch die Kajüte gewirbelt und war für eine Weile ausgeknockt“, berichtet Goodall.
Nach drei Versuchen erreichte die Rennleitung Goodall auf ihrem Not-Satellitentelefon. Sie bestätigte den Totalverlust: „Mein Boot wurde wurde entmastet. Ich dachte, der Rumpf habe ein Loch, weil das Boot voll Wasser war. Aber der Rumpf ist NICHT undicht. Der Rumpf ist in Ordnung. Das Boot ist hin. Ich kann kein Notsegel aufstellen. Das Einzige, was intakt ist, sind der Rumpf und das Deck.“

Mehrere Schiffe nehmen Kurs
Die chilenischen Seenotretter hatten zunächst bestätigt, dass der 229 Meter lange liberianische Frachter „Talismen“ zur Rettung bereit sei. Das Schiff ist zurzeit 480 Meilen südwestlich von Goodalls Position und von Australien nach Brasilien unterwegs. Der Kapitän der „Talisman“ meldete, dass er zwei Tage brauche, um das Gebiet zu erreichen.
Am späten Mittwochabend (05.12.2018) wurde bekannt, dass der in Hongkong registrierte Stückgutfrachter „MS Tian Fu“ – zu deutsch: „Vom Himmel gesegnet“ – ebenfalls Kurs auf die Position genommen, wo die britische Seglerin havariert ist. Das 190 Meter lange 38.000-Tonnen-Schiff ist eigentlich von China nach Argentinien unterwegs. Es wird nun die Rettung der Seglerin übernehmen.
Es wird im Southern Ocean noch dunkel sein, wenn der Frachter „Tian Fu“ die Position von Susie Goodall erreicht. Die Rettungsaktion wird wahrscheinlich nicht vor Tagesanbruch beginnen. Der Kapitän wird entscheiden, ob ein Rettungsboot die Seglerin abholen kann. Oder ob ein Ladungsnetz oder eine Bordleiter an der Schiffsseite ausgebracht wird. So könnte sie von ihrem Segelboot oder ihrer Rettungsinsel übersteigen.
UPDATE: Rettung erst bei Tagesanbruch
Die chilenische Seenot-Leitstelle hat neue Informationen zur Rettung der verunglückten Seglerin Susie Goodall. Auf Freitag um 8:21 Uhr unserer Zeit ist die Ankunftszeit für das Schiff berechnet, das die 29-jährige Britin aufnehmen soll. Die „Tian Fu“ läuft wegen mäßiger Wetterbedingungen im Seegebiet teils nur sechs Knoten schnell.
Susie Goodall konnte inzwischen den Motor ihrer Rustler 36 starten. Damit ergeben sich mehr Optionen bei der Evakuierung für sie. Zwischendurch war ihr übel, doch ein kurzer UKW-Anruf beim Zweitplatzierten Mark Slats sorgte für einen Motivationsschub – auf beiden Seiten des Funkverbindung.
Was mit Goodalls Schiff nach der Rettung geschieht, ist noch nicht bekannt. Die „Laaland“, das Boot des vor einigen Wochen ebenfalls verunglückten Golden-Globe-Mitseglers Loik Lepage, war nach der Rettung gesunken.

Manövrierunfähig und mit Schürfwunden
Susie Goodall bestätigte, dass sie alle Luken, Bullaugen und Sicherheitsausrüstung gesichert habe – und keine Soforthilfe brauche, berichtet die Rennleitung. Sie sagte, dass sie vor die Havarie die Segelbedingungen „genossen“ habe. Aber dann brach das Sicherheitsrohr an ihrer Automatiksteuerung. So war sie gezwungen, das Großsegel herunterzunehmen.
Die Seglerin war unter Deck, als das Boot kenterte. Susie berichtete, dass sie Schnittverletzungen, Schürfwunden und eine große Beule am Kopf davongetragen habe. Die Windstärke ist inzwischen auf 45 Knoten gefallen, und die Wetterbedingungen dürften sich weiter verbessern, da der Sturm weiter nach Osten zieht.
Susie Goodall hat sich später noch einmal gemeldet, berichtete die Rennleitung am späten Mittwochnachmittag. Es gehe ihr gut. Kleinere Mengen Wasser dringen durch viele Löcher im Deck ein, aber alle Pumpen sind in Ordnung. Alle Batterielader wurden durch Salzwasser beschädigt.
Das Notfallwasser ging bei der Kenterung flöten. Zerbrochenes Glas und Lebensmittel liegen überall herum. Alles im Salon ist in den Bugbereich geflogen und ein totales Durcheinander. Nach der Kälte an Deck wärmt sie sich seitdem in der Kajüte auf, heißt es.

Nächster Mitsegler ist 400 Meilen entfernt
Der nächste Mitsegler beim Golden Globe Race ist der Este Uku Randmaa, der 400 Meilen vor Goodall unter gleichen Sturmbedingungen segelt. Es scheint ausgeschlossen für Uku, jetzt zu wenden. Sinnvoller erscheint es, dass der Istvan Kopar, der 780 Meilen westlich ist, seinen Vorwindkurs fortsetzt und versucht, Goodalls „DHL Starlight“ abzufangen. Kopar rechnet damit, dass er ihre Position in sechs Tagen erreichen wird.
Susie Goodall lag zum Zeitpunkt des Unglücks auf dem vierten Platz. Unangefochten führend ist der älteste Segler, der 73-jährige Franzose Jean Luc Van den Heede. Er selbst ist nach einer Havarie mit angeknackstem Mast unterwegs. Sei erst einmal der Atlantische Ozean erreicht, sagte der nur „VDH“ genannte Segler vor zwei Wochen, werde alles einfacher. Notfalls werde er sein Notrigg nutzen, falls der Mast seinen Dienst versagt. Inzwischen segelt der Favorit mit 6,7 Knoten Speed im weniger stürmischen Südatlantik.
3 Kommentare
thumbs up 🙂
Das ist korrekt. Der Mast ist angeknackst, aber Jean Luc Van den Heede segelt mit der Normalausstattung. Auf float schrieben wir dazu: „Sei erst einmal der Atlantische Ozean erreicht, sagte der Segler, werde alles einfacher. Notfalls werde er sein Notrigg nutzen, falls der Mast seinen Dienst versagt.“ Das ist bisher zum Glück nicht der Fall.
Moin,
VDH ist nicht mit einem Notsegel unterwegs. Sein Rigg hat Schaden genommen und (afaik) er kann nur eingeschränkt am Wind fahren.
Tschüß