Die Versicherung zahlt Wochen später ohne Umstände. Das ist nicht selbstverständlich: Grobe Fahrlässigkeit kann zu einer Kürzung der Entschädigungsleistung führen. Doch was ist „fahrlässig“?
Einen Boots-TÜV gibt es nicht: Das Rigg kann Jahre und Jahrzehnte stehen, ohne dass dem Eigentümer nachgesagt werden könnte, seine Sorgfaltspflicht zu verletzen. Mit einem Schaden kann sich das schnell umkehren: Versagt ein Bauteil an Bord und es gibt Folgeschäden, wird das mindestens zu einer kritischen Rundschau führen.
Das Rigg kann Jahre und Jahrzehnte stehen, ohne dass der Eigentümer seine Sorgfaltspflicht verletzt.
Wie sieht das Boot insgesamt aus? Ist eine Yacht insgesamt in eher beklagenswertem Zustand, dürfte der Gutachter – der bei Mastbruch regelmäßig mit einer Expertise beauftragt wird – das auch registrieren. Auch die Auskünfte der Stegnachbarn werden abgefragt. Wehe, es tun sich nun Widersprüche auf: Dann kann man die Regulierung vergessen.
In der Regel ist für den Schaden die Yacht-Kaskoversicherung zuständig. Handelt es sich um einen Materialfehler, ist der Schaden am unmittelbar betroffenen Teil ausgeschlossen, der Folgeschaden jedoch versichert. Im Klartext: Bricht ein Wantenspanner zum Beispiel aufgrund einer falschen Legierung oder eines Fertigungsfehlers, ist der Wantenspanner selbst nicht versichert. Der Folgeschaden, also der daraus resultierende Mastbruch, wird aber übernommen.
Was müssen Eigner tun?
In unserem Fall war die Lage unproblematisch: Der unbeschädigte Rumpf des Zugvogels war in erkennbar gutem Zustand. Und wann genau das Kardeel gebrochen war, ließ sich nicht mehr zweifelsfrei feststellen.

Letztendlich liegt die Verantwortung beim Eigner: Spätestens mit Beginn einer neuen Saison sollten Mast und Rigg gründlich auf Brüche, Haarrisse und Korrosion geprüft werden. Eigentlich ist das eine Selbstverständlichkeit.
Tatsächlich aber definiert jede Yachtversicherung die Sorgfaltspflicht anders. Und auch die Ansprüche ans Rigg sind in der Realität der Regulierungsprüfer nicht überall gleich: In Mittel- und Nordeuropa erlebt das Rigg, das im Winter – oft mitsamt der Yacht – meist dunkel und kühl gelagert wird, eine andere Abnutzung als zum Beispiel am Mittelmeer. Hier ist die Saison erheblich länger: Temperatur und UV-Licht machen den oft ganzjährig aufgeriggt im Hafen liegenden Booten mehr zu schaffen. Und auch heftige Stürme können am Boot zerren.

Mastbruch nach Überlastung
Auch die Art der Nutzung spielt eine Rolle: Wer nur am Wochenende auf Familientörn geht, wird sein Rigg ganz anders beanspruchen als ehrgeizige Regattasegler. Noch stärker ist die Beanspruchung einer Charteryacht durch die oft unerfahrene Besatzung.
Schließlich hat auch der Schiffstyp Einfluss auf die Lebensdauer des stehenden Guts: Langkieler setzen weicher in die See ein als Kurzkieler, was zu deutlich geringerer Riggbelastung führt. Hier ist ein Mastbruch deutlich unwahrscheinlicher.
Was hilft? Auch zwischendurch einen Blick werfen auf Wanten und Stagen.
Die regelmäßige Erneuerung und Zustandsdokumentation ist zwar nicht vorgeschrieben. Doch Skipper haben im Schadenfall die besseren Karten, wenn sie nachweisen können, dass ihr Material vor dem Mastbruch einwandfrei war.
Rigg regelmäßig prüfen
„Niemand will einen Mastbruch riskieren“, sagt Volker Reichelt von der Hamburger Yachtversicherung Schomacker. Sein Tipp: Immer so verhalten, also ob man nicht versichert wäre. Also „auch zwischendurch einen Blick werfen auf Wanten und Stagen, die Rüsteisen und auch auf die Befestigungen derselbigen unter Deck“.

Die Erfahrung eines Fachmanns ersetze das zwar nicht – aber zumindest könne schnell reagiert werden, falls bei einer oberflächlichen Inspektion tatsächlich Beeinträchtigungen festgestellt werden. Falls ja, fällt schlimmstenfalls der Dämmertörn aus. Der Schaden durch einen Mastbruch könnte größer sein.
Einen Mastbruch mitten in der Ägäis erlebte float-Autor Valerian Dahmen auf einem Multihull. Die letzten Sekunden vorm Mastbruch im Video hat seine Action-Cam festgehalten – eine Aktion, auf die er als Segler beim Überführungstörn ins Winterlager gerne verzichtet hätte.