Man weiß, dass dieser Moment jederzeit kommen kann, doch man rechnet nie damit. Der Moment, in dem man mit eigenen Mitteln auf dem Wasser nicht mehr voran kommt und auf die Hilfe anderer, in diesem Falle der Seenotretter angewiesen ist. Dann, wenn man entscheidet: Nun muss ich Hilfe holen. Plötzlich hatten wir ihn – diesen Moment.
Seit zweieinhalb Wochen sind wir auf der Nordsee unterwegs. Da dieser Sommer sehr kapriziös ist, treten wir die Rücktour mit der Etap 28i „Belletap“ durch die geschützten Kanäle Hollands auf der Staande-Mast-Route an (Revierbericht folgt). Von Groningen soll es dann in einem Schlag rund 140 Seemeilen nach Cuxhaven gehen. Das Wetter scheint weniger mitzuspielen, dafür aber der Wind. Und der entscheidet, nicht Sonne oder Regen.
Kurz hinter der Ausfahrt aus den niederländischen Kanälen in Delfzijl trifft uns die gegenläufige Tide. Da wir Zeitdruck haben, nehmen wir das in Kauf und setzen zum Motor Genua und Kegel. Gegen knapp drei Knoten Tidenstrom kämpfen wir uns bei 20 Knoten Wind aus etwa 70 Grad mit Segel und Diesel durch. Es läuft gut. Fahrt durchs Wasser 6,5 Knoten, Fahrt über Grund 3,5 bis 4 Knoten. Das reicht.
Ein Regenschauer nach dem anderen rauscht über uns hinweg. Teilweise ist nur wenige Meter weit etwas zu sehen, und der Regen tut in den Augen weh. Dazu Böen um 30 Knoten. Ich gehe unter Deck und rufe das Wetter für die nächsten zwölf Stunden ab. Das erste, was ich sehe, ist eine amtliche Böenwarnung (mit 8 und 9 Beaufort) für die kommende Nacht, dazu Gewitter und Schauer.
Nach einer kurzen Besprechung entscheiden wir, nach Borkum zu laufen und erst am nächsten Morgen weiter zu fahren. Im Boot steht mittlerweile etwas Wasser. Wir vermuten, dass es beim Platzregen durch den Niedergang gelaufen ist. Die Bilgenpumpe saugt es weg.
Während ich unter Deck den neuen Kurs anlege, reffen Jochen und Gregor im Cockpit die Genua, da es mittlerweile stark aufbrist. Plötzlich höre ich unter Deck deutlich, wie die Motordrehzahl nach unten geht. Bei Manövern passiert das ab und zu, wenn man mit seinem Fuß aus Versehen an den Motorhebel kommt. Als ich hinaussehe, ist dort aber kein Fuß in der Nähe – und auf einmal ist der Motor ganz aus. Die beiden anderen im Cockpit hören das wegen des Windes nicht.
Ich gebe Jochen Bescheid, der verwundert guckt und versucht, die Maschine zu starten. Vergebens. Der Volvo schweigt. Zunächst checken wir, ob wir den Kurs unter Segeln halten können und im Fahrwasser bleiben. Das funktioniert zum Glück: Gegen die Tide laufen wir immer noch 0,5 bis 1 Knoten über Grund. Es besteht also keine Gefahr. Oder doch?
3 Kommentare
Interessanter Artikel und die gesamte Situation ist sehr gut nachvollziehbar. Sehr gut finde ich den Aspekt Bremen Rescue über Handy anzurufen. Eine gute Alternative, wenn nicht gleich Leben bedroht ist und nicht gleich alle über UKW über die Situation informiert werden sollen. Hilfreich auch für (Jollen) Segler ohne UKW oder im Ausland, wo UKW Kommunikation machmal nicht einfach ist.
Hallo,
mich würde mal interessieren was da denn los war. Hatte der Wassereinbruch etwas mit dem Motorproblem zu tun??
Gruß
Jürgen
Ja, sie sind die Besten! Freiwillig und kostenlos! Respekt!