Ein gebrauchtes Boot ähnelt der oft zitierten „Black Box“: Für Käufer ohne viel Erfahrung ist es sehr schwierig, eine Einschätzung über Pflegezustand und Wert zu treffen. Hier hilft der „Yachtverstand“ von Jens Böckmann. Roland Wildberg, freier float-Redakteur mit Segel-Seebeinen aus frühester Jugend, macht die Probe aufs Exempel. Nach seinem Reportage-Interview „Wer nicht handelt, ist doof“ schilderte er Jens Böckmann seinen „Use Case“, und der Hamburger machte sich Gedanken.
Böckmann verfolgt mit seiner Kaufberatung einen ganzheitlichen Ansatz: Er hilft Bootskäufern bereits bei der Auswahl des passenden Bootstyps, inspiziert in Frage kommende Exemplare und begleitet auch die Kaufverhandlungen.
Boot kaufen mit ganzheitlichem Ansatz
Roland hat früher Kielzugvogel auf der Alster gesegelt und damit sehr viel Erfahrung. Später machte er einige Seetörns auf Küstenrevieren. Nun lebt er in Berlin, und die Kinder werden größer. O-Ton ab …
Roland Wildberg: Und da denken wir an ein Boot auf der Ostsee – mehr erleben, stärkeren Wind, längere Törns als eben nur im Binnenrevier. Was musst Du noch wissen?
Jens Böckmann: Welche Segelerfahrungen hast Du gemacht? Hast Du Scheine gemacht?
Ich habe die Sportbootscheine See und Binnen und ein paar Dutzend Seetörns gemacht, aber war ansonsten hauptsächlich Binnen unterwegs.
Wie viele Kinder hast Du, und wie alt sind die?
Das sind zwei, 14 und 16.
Also brauchst Du Platz für vier Personen, oder ist noch ein Hund dabei?
Drei bis vier. Kein Hund.
Also der Klassiker – im Sommer drei Wochen Ferientörn und ansonsten die Wochenenden. Oder hast Du etwas längere Törns vor, wie eine Ostseerunde?
Ja, das spukt mir auch durch den Kopf: ein Sabbatical für ein halbes Jahr über die Ostsee. Aber sonst primär die großen Ferien und Wochenenden. Ein fester Liegeplatz ist sicher schon wegen der Größe nötig. Ab sieben Metern ist Trailern kein Thema mehr, oder?
Richtig. Du müsstest gucken, wo Du von Berlin aus einigermaßen schnell hinkommst, da wäre Rügen oder Stralsund ganz gut. Zwischen 34 und 36 Fuß sollten es sein, wenn ihr zu viert unterwegs seid, und zwei abgeschlossene Kabinen. Und wenn ihr mal Gäste habt, kannst Du noch zwei Leute im Salon unterbringen. Das hängt natürlich vom Budget ab.
Das ist ja eine heikle Frage …
Normalerweise sind die Kunden immer relativ ehrlich damit, was sie zur Verfügung haben. Mit jedem Meter wächst der Kostenaufwand, was Liegeplatz und Unterhalt betrifft. Ich habe das mal für mein Schiff mit 31 Fuß durchgespielt. Im Vergleich zu einem 34-Fuß-Schiff waren das pro Saison fast 2.500 Euro Unterschied.
Ist es richtig, die jährlichen laufenden Kosten mit rund zehn Prozent des Anschaffungswerts zu kalkulieren?
Das hängt vom Schiff ab. Wenn es neuer und wenig dran zu machen ist, wie im Frühjahr zu polieren, dann kommt das hin. Das kann schnell mehr werden, abhängig davon, was man mit dem Schiff anfangen will und wie gut es in Schuss sein soll. Zehn Prozent sind jedenfalls eine gute Hausnummer.
Okay, ich habe ein Budget von ungefähr 20.000 Euro.
Wenn Du damit eine Schiffsgröße für drei bis vier Personen suchst, muss man ehrlicherweise sagen: Da wirst Du nichts finden, was in einem Zustand ist, dass Du sofort lossegeln kannst und sorgenfrei die Saison verbringst.
Ein Folkeboot würde es dafür doch geben?
Ja, das kannst Du machen. Aber da Du von vier Personen sprichst … Ein Folkeboot ist ein wunderbares Schiff, ich empfehle es gern als Einstiegsboot, und Du kannst es trailern.
Aber?
Aber es hat nur zwei Kojen, das Vorschiff ist sehr schmal und es ist seeeehr eng.