Zwölf Frauen auf einem Klassiker – das sieht man selten. Segeln auf klassischen Yachten ist eher eine Männerdomäne und eine Frau an Bord die Ausnahme. Am ersten Sonntag im Mai zeigte sich auf Unterhavel und Wannsee ein anderes Bild. Beim Ladies Cup 2023 des Zeuthener Segler-Vereins muss mindestens die Hälfte der Crew aus Frauen bestehen. Für reine Frauencrews gibt es Sonderpreise.
17 Schiffe nahmen an der Frauenregatta teil und stellten einen neuen Rekord auf, um den Brigit-Tobias-Preis zu gewinnen. Brigit Tobias hatte sich im Zeuthener Segelverein zeitlebens für das Frauensegeln stark gemacht.
Die Prosit IV, ein Seekreuzer 15 KR, übertrumpfte nicht nur in der Bootsklasse die restlichen Boote. In der Klasse Yardstick bildete sie mit 21,30 Meter Länge einen starken Kontrast zur Laser-Bahia-Jolle, dem kleinsten gemeldeten Teilnehmer. Dazu kam das Team: zwölf junge Seglerinnen, die das Boot sozusagen gekapert hatten, denn am Ladies Cup hat der Akademische Segler-Verein in der Vergangenheit mit anderen Schiffen teilgenommen.

Die Prosit IV, nach einem Entwurf des Schiffkonstrukteurs und Vereinsmitglieds Max Oertz, ist die Ausbildungsyacht des Akademischen Segler-Vereins. Das Stahlschiff wurde 1969 als Abbild ihrer Vorgängerin Prosit III fertiggestellt.
Zwei Masten, kein Motor
Die kuttergetakelte Yawl ist nicht leicht zu händeln. Bis zu fünf Segel können an zwei Masten gesetzt werden und es gibt keinen Motor, der die 18 Tonnen mit 2,05 Meter Tiefgang über Unterhavel und Wannsee manövrieren könnte.

Auf der Prosit IV wird die höchste vereinsinterne Prüfung absolviert. Wer sie besteht, darf sich im Verein „Schifferin” oder „Schiffer” nennen und ist berechtigt, die Prosit IV zu führen und die Schiffsführung auf Seereisen mit der Hochseeyacht des Vereins, Walross 4, zu übernehmen. Zum Bestehen der Prüfung ist Bootsgefühl vorausgesetzt. Jedes Manöver muss unter Segeln sitzen.
Wie in vielen Bereichen des Segelsports gibt es deutlich weniger Schifferinnen als Schiffer. Doch so soll es nicht bleiben. Frauen brauchen mehr Sichtbarkeit und Unterstützung, auch im Breitensport. Die meisten in der Crew sind Studentinnen, die jüngste Seglerin an der Fock ist 15 Jahre alt, die sportliche Position am Backstag übernimmt die mit 59 Jahren älteste. Die Pinne führt eine angehende Schifferin. Eine andere Seglerin ist schwanger.
Vertraut uns!
Die bunt gemischte Crew will ein Zeichen setzen: Uns muss mehr zugetraut werden und wir müssen uns selbst mehr zutrauen. Ihre Vorbilder sind Sanni Beucke, Clarisse Crémer und Rosalin Kuiper, die zeigen, dass Frauen es können.

Die Windverhältnisse am Sonntag sind mit vier Beaufort optimal für Crew und Boot. Beide Starts gelingen gut. Auf dem Am-Wind-Kurs zur Tonne eins segelt die Prosit IV mit zwei Vorsegeln: Fock und Klüver. Beim Runden der Luvtonne wird vom Klüver auf Genua gewechselt.
Der Segelwechsel auf dem Vorschiff verlangt beim Setzen und Bergen Verstand, da die Schoten richtig angeschlagen werden müssen, damit sich die Neuen und Alten nicht verknoten, und vollen Körpereinsatz.

Winschen für die Fallen gibt es auf dem Vorschiff von Prosit IV nicht. Auch die Großschot muss mit Muskelkraft dichtgeholt werden. Häufig findet sich auf diesen Positionen deshalb ein Mann. Aber zwei Frauen ziehen mehr als ein Mann.
Mit jeder Wende fitter
So früh in der Saison ist die Crew noch nicht ganz eingespielt, doch mit jeder Wende wird sie fitter. Fock, Klüver und Genua werden immer zügiger dichtgeholt und eingetrimmt. Die Größe des Schiffs ist bei gutem Wind ein Vorteil. Länge läuft und Prosit IV kommt in der Regatta auf eine Höchstgeschwindigkeit von 11,6 Knoten.

Nach guten Starts segelt die Prosit IV vorneweg mit freiem Wind. Aus einem Patzer am Ende der ersten Wettfahrt lernt die Crew sofort und beendet die zweite Wettfahrt als erstes Schiff nach verrechneter und versegelter Zeit.
Nach der Regatta steht für die Seglerinnen fest: Die Teilnahme am Ladies Cup mit der klassischen Yacht soll zu einer neuen Tradition werden.
Der Spirit des Ladies Cup ist fair, alle Teilnehmerinnen freuen sich darüber, dass so viele Frauen mitsegeln. Diese Motivation gilt es nun in die Vereine zu tragen, um beim Ladies Cup 2024 erneut den Teilnehmerinnenrekord zu knacken.