Bavaria Yachtbau, vor gut einem Monat überraschend in die Insolvenz gegangen, ist seitdem in Eigenverwaltung auf Suche nach einem neuen Eigner. 90 Tage Zeit hat das Team Zeit, um einen Investor für Deutschlands größten Serienbootproduzenten zu finden – und das bei laufendem Betrieb mit 30 Bootsauslieferungen in 14 Tagen. Der neue Geschäftsführer Dr. Tobias Brinkmann erklärt im Gespräch mit float-Chefredakteurin Kerstin Zillmer, wie Bavaria Yachtbau fit für den Verkauf gemacht wird.
float: Herr Dr. Brinkmann, Bavaria Yachtbau hat gerade berichtet, dass 30 Schiffe vom Stapel gelaufen sind. Werden Sie auch Neubestellungen aufnehmen können?
Tobias Brinkmann: Wir wollen Neubestellungen einwerben, weil wir dem neuen Investor, den wir im Moment suchen, eine Werft übergeben wollen, die in Betrieb ist und die auch über ein gewisses Orderbuch verfügt. Auf der anderen Seite wissen wir, dass auf Seiten der Kunden in dieser Situation eine gewisse Zurückhaltung besteht. Dies ist auch verständlich bei einer insolventen Werft. Dennoch schätzen wir die Möglichkeiten, Aufträge einzuwerben, positiv ein, weil wir über ein Händlernetzwerk verfügen, das der Werft teils seit Jahrzehnten verbunden ist und einen sehr engen Kontakt zu den Endkunden hat.
Wie wird das konkret aussehen?
Wir wollen mit den Händlern Spezifikationen für die neu zu bauenden Boote vereinbaren. Diesen Booten wollen wir Produktions-Slots zuweisen, damit wir sie in die Produktion im neuen Geschäftsjahr einplanen können, das Anfang August beginnt, und wir voraussichtliche Fertigstellungsdaten errechnen können. Es ist dann natürlich Sache des Käufers der Werft, diese Aufträge scharf zu schalten und zu übernehmen. Sie betreffen dann einen Zeitraum, wenn der neue Eigentümer schon da ist.
Zum Verkaufsprozess: Die Deadline ist weiterhin Ende Juli, richtig?
Wir haben uns für den Investorenprozess den engen Zeitrahmen gesetzt, um vor der Sommerpause einen neuen Eigentümer präsentieren zu können. Zum einen, um die Kunden zuversichtlich zu stimmen. Und auch, um das Einwerben neuer Aufträge zu erleichtern. Wir wollen den Mitarbeitern ein positives Signal in die Betriebsferien mitgeben, damit sie wissen, was ihnen die Zukunft bei Bavaria bringt. Und wir wollen den Lieferanten aufzeigen, wie es weitergeht bei Bavaria.
Das bedeutet, dass wir für den Investorenprozess nicht viel Zeit haben. Aber das ist in Insolvenzverfahren auch nicht unüblich, sondern eher die Regel. In den vergangenen Wochen haben wir bereits Interessensbekundungen eingesammelt und überlegt, wer als Investor für dieses Unternehmen in Betracht kommt.
Sie haben sich bei einer auf M&A, also auf Firmenübernahmen spezialisierten Beratungsfirma Unterstützung für den Verkauf gesucht. Was gilt es jetzt zu tun?
Um eine großflächige Marktansprache zu machen, haben wir die M&A-Berater beauftragt, uns bei dem Prozess zu unterstützen, damit wir den Verkauf in der vorgegebenen Zeit schaffen. Das ist immer noch viel Arbeit für das Unternehmen: weil man einen Datenraum zusammenstellen muss, weil am Ende jeder Investor das Management treffen will, Betriebsbesichtigungen machen und vor Ort Fragen stellen will.
Wie eng arbeiten Sie im Moment mit den Händlern zusammen? Das ist ja ein sehr sensibles Gefüge, von dem viel für den weiteren Erfolg abhängt.
Wir haben eine ganze Reihe von Einzelgesprächen geführt und größere Telefonkonferenzen organisiert, um sicherzustellen, dass wir alle erreichen. Wir haben Händler in die Werft eingeladen, um sich den Bautenstand der bestellten Schiffe anzusehen und sich selbst davon zu überzeugen, dass der Betrieb hier weiterläuft. Denn man kann ja verkünden, was man will – wichtig ist, dass es auch bestätigt wird.
Insgesamt bestand in den vergangenen vier Wochen ein sehr enger Austausch mit den Händlern und wir sind froh über das positive Feedback. Der wesentliche Punkt, um die Händler zufriedenzustellen, ist: Man muss Schiffe in der vereinbarten Qualität und Zeit ausliefern. Das ist hier die Zielsetzung.
Apropos Qualität: Sie schreiben in Ihrer Pressemitteilung, dass die wichtigsten Zulieferer ihre Zusammenarbeit bis auf weiteres bestätigt haben. Gibt es Zulieferer, die Sie ersetzen mussten?
Wir haben alle wesentlichen Zulieferer im Boot. Das ist ein Erfolg, weil es bestimmte Lieferanten gibt, die man nicht so leicht ersetzen kann. Das war das Wichtigste, um die Produktion fortzuführen. Wir haben keinen Zulieferer, der uns blockiert.
Die Finanzierung ist also bis Ende Juli so gesichert, dass die Produktion vollständig erfolgen kann?
Wir haben natürlich ein bewegliches Bild im Moment. Wir gehen davon aus, dass wir die bestellten Schiffe ausliefern können und die vereinbarten Kaufpreise erhalten. Das ist die Prämisse. Auf dieser Basis läuft unsere Liquiditätsplanung.
Können Sie mir noch etwas Genaueres zum Investorenfindungsprozess sagen?
Wir haben in der vergangenen Woche eine Kurzinformation über Bavaria an einen großen Kreis möglicher Interessenten verschickt. Das war eine sehr breite Marktansprache. Mit der Einladung, eine Vertraulichkeitsvereinbarung zu unterzeichnen und dann im nächsten Zug detailliertere Informationen und einen Datenraumzugang zu bekommen, so dass man mit der detaillierten Prüfung beginnen kann.
Wen haben Sie angesprochen?
Eine ganz breite Riege an möglichen Investoren. Wie immer sind das strategische Investoren, auch aus der Branche, ebenso Finanzinvestoren und Unternehmerpersonen und -familien. Alle, die ernsthaftes und substanzielles Interesse haben, nehmen wir auf.
Wir hoffen, dass sich bald ein passender Investor findet, damit die Bavaria-Werft, die ja eine wichtige Rolle im deutschen Bootsbau spielt, bald wieder festen Boden unter den Füßen hat.
Das ist in der Tat so! Ich bin vor vier Wochen neu an Bord gekommen, und ich finde es beeindruckend zu sehen, wie die Produktion hier läuft.
Sie sind ja selbst auch Segler. Macht das Ihre Arbeit effektiver?
Ich muss mir zumindest nicht alles neu aneignen, weil ich mich mit Schiffen auskenne. Maßgeblich ist für meine Rolle natürlich, das Insolvenzverfahren zu betreuen und dafür zu sorgen, dass das professionell läuft. Ich hoffe, dass ich einen ordentlichen Beitrag leisten kann, damit wir hier zu einem guten Ergebnis kommen.
Herr Dr. Brinkmann, wir danken für das Gespräch und wünschen Ihnen und der Werft viel Erfolg in den nächsten Wochen.