Nachdem sich die Kieler Woche über die Jahre zu Nordeuropas größtem Volksfest entwickelt hatte, geht es dieses Jahr „back to the roots“ zur reinen Segelveranstaltung. Und es ist doch ganz anders als bei der ersten Kieler Woche 1882. Hauptwettfahrtleiter Fabian Bach zieht im Gespräch mit float sein Zwischenfazit nach der ersten Hälfte der Kieler Woche 2020.
„Unwirklich“, so nennt Fabian Bach das Gefühl, das bei den Wettfahrt-Offiziellen ebenso herrscht wie bei Seglerinnen, Seglern und deren Coaches. Ein Grund für das Gefühl ist sicher die Maskenpflicht: Auf dem gesamten Event-Gelände müssen Mund und Nase bedeckt werden, bis die Seglerinnen und Segler auf ihren Booten sitzen. Und umgekehrt müssen die Masken angelegt werden, sobald die Sportler an der Rampe im Hafen ihr Boot auf den Slipwagen ziehen.

Bauzäune trennen die Bootsklassen
Unwirklich sind aber auch die „Käfige“, wie Fabian Bach sie nennt. Mit Bauzäunen ist der Bootspark für die einzelnen Klassen der Kieler Woche aufgeteilt. Das war auch für den Hauptwettfahrtleiter im Vorfeld viel Planungsaufwand: „Wir haben intensiv überlegt, welche Klassen zusammen auf welche Bahnen segeln und wo sie dann zusammen an Land liegen.“ erklärt Bach.
„Wenn zum Beispiel die Laser Standard und Laser Radial zusammen auf einer Bahn segeln, sollten nicht die Standards im Nordhafen liegen und die Radials im Südhafen“, sagt er Gespräch mit float. Zwar könne gleichzeitig jeweils eine Bahn pro Hafenteil auslaufen, aber es gingen eben nicht zwei Bahnen gleichzeitig im Nordhafen. „Das würde zu Ansammlungen an den Rampen führen, die wir unbedingt vermeiden wollen.“
Alle machen geduldig mit
Die detaillierte Planung im Vorfeld, die Maskenpflicht, die „Käfige“, ja sogar regelmäßiges Temperaturmessen – all das lassen alle Beteiligten ohne Murren über sich ergehen. Sogar, dass die Coaches nur in bestimmten Bereichen ihre Schützlinge treffen dürfen. Fabian Bach: „Wir sind dankbar, dass wir segeln können und die Veranstaltung überhaupt stattfindet.“

„Super“ fand der Hauptwettfahrtleiter die seglerischen Bedingungen in der ersten Hälfte der Kieler Woche 2020. „Wir hatten durchweg Wind, für die Musto Skiffs am letzten Tag sogar zu viel. Auf ihrer Bahn war am letzten Tag so viel Wind und Welle, dass sich Klasse und Wettfahrtleiter einig waren: Das geht nicht.“
Auch das war hilfreich für den Corona-Plan in Kiel. Die Klassen sollten versetzt starten und auch versetzt auslaufen und später zurück in den Hafen kommen. Da hätte jede Startverschiebung für Fabian Bach auch schnelles Umorganisieren bedeutet.
Als Hauptwettfahrtleiter hält er die Fäden zusammen und plant von Tag zu Tag, wer wann wo segelt. Neben den Corona-Maßnahmen stellt sich für Bach dabei vor allem die Frage: „Ist die Bahn für die Klasse und die angekündigte Windstärke groß genug? Passen die Bedingungen, oder sollten wir sie auf eine andere Bahn schicken?“


Anspruchsvollere zweite Hälfte
Fabian Bach ist dankbar, dass das neue Konzept sich im ersten Teil der Kieler Woche bewähren und das Team sich warmlaufen konnte. Jetzt erwartet er doch noch andere Dimensionen: „Die zweite Hälfte wird ungleich anspruchsvoller, weil wir nicht nur mit vier Bahnen segeln, sondern mit sechs. Außerdem sind jetzt die Olympischen Klassen am Start.“
Dabei wird nicht nur das Niveau der Aktiven deutlich höher sein – es geht auch um noch mehr. Mehrere Nationen haben die Kieler Woche für ihre noch ausstehenden Olympia-Ausscheidungen gewählt. Und es sind auch mehr Motorboote auf dem Wasser: Knapp 150 Coach-Schlauchboote wurden angemeldet.
Doch es gibt noch mehr zu organisieren: „Einen Tag beginnen die Herren. Und wenn die durch sind, kommen die Damen im 49er FX raus. Am nächsten Tag ist es dann umgekehrt, da segeln die Damen zuerst. Wir müssen permanent darauf achten, dass die Zeiten passen und immer schauen, wann wir die Boote raus auf den Kurs schicken.“

Am liebsten auf dem Wasser
Neben der Race-Organisation ist Fabian Bach da, wo sich ein Wettfahrtleiter am wohlsten fühlt: Auf dem Wasser. Die Hälfte des Tages, so zumindest sein Plan, will er immer auch mit dem Schlauchboot auf den Bahnen unterwegs sein, die jeweiligen Wettfahrtleiter unterstützen und eventuelle Probleme diskutieren und mit Tipps und Erfahrung helfen.