Freitagabend, kurz nach Feierabend. Zwischen altehrwürdigen Pokalen und schicker Architektur füllt sich der Raum. Mehr als 40 Seglerinnen sind in den Berliner Yacht Club gekommen, um die erfolgreiche Bundesliga-Steuerfrau Silke Basedow zu erleben. Sie gibt an diesem Wochenende ein Training – als intensiven Auftakt zur Vorbereitung auf den Helga Cup, die größte Frauenregatta der Welt.

Organisiert hat das Event Anja Kamradt vom Berliner Yacht Club. Sie holte die Konzeptwerft und die BYC Segelakademie Wannsee mit ins Boot. Sechs Teams mit jeweils vier Seglerinnen waren am Start, dazu noch rund 20 Interessierte aus Berliner Vereinen, die zu den Abendveranstaltungen kamen. Darunter auch die Sailing Paulinas vom FC St. Pauli, die gerade den Staffelstab des Spirit of the Helga Cup tragen.
Die Flotte der J/70 liegt am Wannsee
Silke Basedow ist eine der wenigen Steuerfrauen in der Segelbundesliga. Sie mischt mit ihrem HSC Women Team erfolgreich ganz vorne mit. Zudem hat sie fast schon ein Abo auf den ersten Platz beim Helga Cup. Ihr Konzept für das Wochenende: Ein Umfeld zu schaffen, in dem alle sich verbessern können. Das zog – und obwohl der Termin fast noch vor der Segelsaison lag und der Wetterbericht fast noch Winter versprach, waren am Samstagfrüh alle pünktlich am Steg, mit langen Unterhosen und warmen Pullovern und Handschuhen.

Möglich wurde ein Training dieser Größenordnung durch die Tatsache, dass die Segelbundesliga ihre Boote in diesem Jahr jeweils für mehrere Wochen an einem Ort stationiert, statt wie früher in kurzen Abständen durch die Republik zu touren. Gegenwärtig liegt die Flotte der J/70 am Wannsee. So konnten die Seglerinnen ohne eigene Boote anreisen – und nach einem kurzen Check dann auch schnell und unkompliziert aufs Wasser.
Knackige Downwindkurse
Dort allerdings war es windig. Bei Böen von gut sieben Windstärken waren die Teams schnell gefordert – zumal alle Beteiligten zum ersten Mal nach der Winterpause wieder auf dem Wasser waren. „Es waren krasse Bedingungen“, sagt Stella Schulze vom FC St. Pauli, „und trotzdem waren alle draußen und haben auch am ersten Tag schon den Gennaker gezogen. Den Mut fand ich toll.“

Silke Basedow war mit dem Motorboot stets dicht dabei und gab ein Gefühl von Sicherheit. Die Aufgabe hatte sie klar definiert: Gesegelt wurde auf Up- and Down-Kursen wie beim Helga Cup, die Boote sollten gegen den Wind aufkreuzen, eine Tonne runden, mit raumem Wind zurück rasen, die nächste Tonne runden. Dann das ganze wieder von vorn. Kurz und knackig. Sportlich.
Das ist das Format, das auch die Segelbundesliga prägt. Silke Basedow liebt das. Sie bringt es auf eine schlichte Formel: „Man segelt zwölf Minuten umeinander herum und ärgert währenddessen die anderen.“ Als vor elf Jahren die Segelbundesliga gegründet wurde, war für sie schnell klar, dass sie dabei sein wollte. „Damals gab es noch Veranstaltungen, bei denen nur Männer gemeldet waren.“

Sie machte sich im Hamburger Segel Club dafür stark, ein eigenes Team aufzustellen. Heute segelt die Betriebswirtin mit dem HSC Women Team in der ersten Bundesliga regelmäßig vorne mit. Auch bei anderen Vereinen sind inzwischen Frauen mit am Start. Das Bild hat sich in den sechs Jahren, seit es den Helga Cup gibt, sichtlich gewandelt. float berichtet seit Beginn über die Frauen-Regatta, die beim NRV in Hamburg auf der Alster ausgetragen wird.
Vision Frauen-Bundesliga
Eines Tages, so Silke Basedows Vision, soll es eine Frauen-Bundesliga geben. Denn tatsächlich unterscheiden sich beim Segeln auf der J/70 die Ausgangsvoraussetzungen für Männer und Frauen stark. „Die Jungs bringen schlicht mehr Gewicht auf die Kante“, so Basedow. Frauen-Crews, so ihre Erfahrung, wiegen zum Teil 100 Kilo weniger als die männliche Konkurrenz.
Bei wenig Wind sei das von Vorteil – ihr Sieg im Oktober 2022 beim ziemlich windarmen 6. Spieltag am Bodensee hat das gezeigt. Aber vor allem bei mittleren Winden hängen die Männer noch ganz entspannt in den Gurten, während die Frauen den Druck in den Segeln reduzieren müssen – und damit auch den Speed. Wie es gelingt, auch bei viel Wind sicher über den Kurs zu kommen, war eins der Themen am vergangenen Wochenende am Wannsee.
Sechs Teams haben das Training mitgemacht – davon kamen drei vom Berliner Yacht-Club, eins vom SV Stößensee, die Sailing Paulinas aus Hamburg und die Boddensprotten aus Stralsund und Greifswald. „Auf dem Wasser segeln wir gegeneinander, aber hier an Land ist es eine total nette Gemeinschaft“, bilanziert Mieke Klein vom FC St. Pauli. Und Karen Stein, die Steuerfrau aus Stralsund, sagt: „Das Beste ist, dass man sich in der Frauencommunity trifft. Man unterstützt sich. Und man sieht den Fortschschritt zwischen dem Anfang vom Wochenende und dem Ende – das macht einfach total viel Spaß.“
Die kommenden Trainingstermine mit J/70-Booten der Konzeptwerft im Berliner Yachtclub könnt ihr hier einsehen. Die Boote werden bis Ende Mai in Berlin liegen und für Trainings zur Verfügung stehen.