Bewaffnet mit Nadel, Garn und Schere werkelt das tapfere Schneiderlein an Deck. In wenigen Tagen wollen wir nach Korsika und bis dahin keinen Hafen mehr ansteuern. Zu schön sind die Buchten zwischen den zerklüfteten Felsen – und obendrein gut geschützt. Für jede Windrichtung, so scheint es, gibt es den perfekten Ankerplatz.
Doch so tief wir auch in unserer Kiste mit Gastflaggen kramen, die französische Fahne ist einfach nicht auffindbar. Also mustert Arzum unsere Stoffreste und schneidert daraus eine kleine Trikolore. Ist doch immer gut, eine diplomierte Textilingenieurin an Bord zu haben.

So ersparen wir uns einen Stopp in einem teuren Hafen, um einen Bootsausrüster zu finden – und können direkt Kurs auf die Inselwelt des traumhaften Maddalena-Archipels legen. Das Naturschutzgebiet ist ein Muss für jeden Sardiniensegler. Türkisfarbenes Wasser, weiße Sandstrände und ein sattes Grün an Land. Eine Explosion für die Sinne. Zudem sind die vielen Buchten nicht mehr allzu überlaufen. Der Nebensaison sei Dank.

Es wird immer schöner – und voller
An der Ostküste hatten wir oft riesige Buchten für uns ganz alleine. Dem ist im Nordosten Sardiniens aber nicht mehr so. Je näher wir Olbia kommen, um so größer wird die Yachtendichte. Auf den gerade mal 40 Seemeilen zwischen dem sardischen Olbia und dem korsischen Bonifacio gibt es mehr als ein Dutzend Marinas. Olbia mit seinem Flug- und Fährhafen ist zudem das touristische Zentrum Sardiniens. Und so hat hier auch die Charterflotte ihren Sitz.
Die Costa Smeralda, ein Synonym für Jetset und Champagner, lassen wir links liegen. In Porto Cervo flanieren ohnehin eher die Reichen und Schönen mit ihren Megayachten und feiern im legendären Billionaires Club. Nicht ganz die Welt für Billigheimer wie uns, deren Bordkasse Leck geschlagen scheint wie ein alter Seelenverkäufer, gestrandet auf einer Sandbank.
Elegante Segler beim Maxi-Cup
Der einzige Grund für einen Stopp in Porto Cervo wäre der gerade stattfindende Rolex Maxi Cup. Ein sagenhaftes Spektakel eleganter Yachten, das das Herz eines jeden Segelbegeisterten höher schlagen lässt. Aber wir haben Glück. Das Regattafeld kommt zu uns hinaus und plötzlich sind wir mittendrin statt nur dabei. Oder besser gesagt: hinten dran! Die Maxis fliegen an uns vorbei. Wir kommen uns vor wie ein Trecker auf dem Nürburgring.

Ankern auf dem Schiffsfriedhof
Wir laufen Porto Vecchio an und werfen Anker in einer riesigen, gut geschützten Bucht. Leider ist das Wasser extrem trüb und modrig. Immerhin der Anker scheint gut zu halten. Oder etwa doch nicht?