Es ist ein Bild, das jedem Bootseigner unter die Haut geht. Eine Bavaria 50 liegt mit Schlagseite in der Brandung an der italienischen Südküste, nur wenige hundert Meter entfernt von Santa Maria di Leuca. Wellen schlagen über das Boot, werfen die Yacht gegen die schroffen Felsen.
Die Küstenwache konnte die „Ananke“ nicht mehr retten. Mittlerweile wurde die Bavaria geborgen. Ein Sachverständiger ermittelt die Schadensumme.
Der Alptraum begann für Jens Jacobsen am ersten Advent. Der Pensionär aus Oslo lebt auf seiner „Ananke“. Hunderte Stunden Arbeit hat er in das Boot investiert, es autark gemacht für ein sorgenfreies Leben an Bord. Seine neue Heimat ist Lefkada, eine griechische Insel im Ionischen Meer. Die Nacht zum ersten Advent verbringt er an Land.

Als er am nächsten Morgen zurück auf seine Yacht im beschaulichen Fischerort Nydri an der Ostseite der Insel will, ist seine Yacht verschwunden. Sein Sohn, der 1992 für Norwegen bei den Olympischen Spielen segelte, bittet die Segelcommunity in der Region auf Facebook, die Augen nach der auffälligen Bavaria mit der stattlichen Solaranlage auf den stabilen Davits aufzuhalten. Doch die Hoffnung, das Boot unbeschadet wiederzufinden, währt nur 24 Stunden.
Schon am nächsten Mittag wird die Yacht 120 Seemeilen entfernt vor der italienischen Küste aufgebracht. An Bord: 56 Flüchtlinge, darunter einige Kinder. Die Schlepper haben die Kurden, Syrer und Iraker samt Boot sich selbst überlassen, kurz bevor die „Ananke“ die italienischen Gewässer erreichte. Darüber berichtete Spiegel-Online zuerst.


Anstieg der Diebstähle
Eine gängige Praxis, wie ein Fahnder des Marine Claims Service (MCS) berichtet. Das Hamburger Unternehmen betreibt unter anderem die Webseite stolenboats.info, fahndet im Auftrag von Versicherungen weltweit nach gestohlenen Booten, stellt Gutachter und Bergungsexperten. Auch im Fall der „Ananke“ wurde MCS von der Versicherung mit der Abwicklung beauftragt.
Offizielle Zahlen, wie viele Flüchtlinge mit Yachten nach Italien gebracht werden, gibt es allerdings nicht. Die Statistik erfasst lediglich „Flüchtlinge und Migranten, die über den Seeweg“ nach Italien gekommen sind. Laut Statista waren es in den vergangenen zwölf Monaten 10.000, knapp die Hälfte davon allein im September und Oktober. Plus Dunkelziffer.

Der MCS-Fahnder, der ungenannt bleiben möchte, weil er eng mit den Behörden zusammenarbeitet, bestätigt, dass der Diebstahl von Yachten in den vergangenen Jahren, besonders im östlichen Mittelmeer, stark zugenommen hat.