Einmal im Jahr vervielfacht sich die Bevölkerung Helgolands. In der Woche vor Pfingsten versammeln sich traditionell Tausende Seglerinnen und Segler auf der Insel, um an den verschiedenen Regatten der Nordseewoche teilzunehmen. Höhepunkt der Rennwoche ist das Pantaenius Rund Skagen Race, ein äußerst anspruchsvolles Wettrennen. Von Helgoland geht es durch die Nordsee rund um Jütland und das Kap Skagen in die Ostsee bis zum Kieler Leuchtturm.
Nach zwei Jahren Corona-Zwangspause passt es doppelt, dass nun endlich wieder gesegelt werden darf. Denn die Nordseewoche feiert sein 100-Jahre-Jubiläum. Erste Pläne zu einer Regatta in tidenabhängigen Gewässern gab es schon zur Kaiserzeit. 1922 dann veranstaltete der Weser Yacht Club in Bremen-Lemwerder gemeinsam mit dem Norddeutschen Regattaverein in Hamburg eine dreitägige Wettfahrt. Es ging von Bremerhaven bis nach Brunsbüttel am westlichen Ausgang des Nord-Ostsee-Kanals. 35 Yachten nahmen teil.
Erst drei Jahre später, zur 4. Nordseewoche, heißt das Ziel Helgoland. Damals eine anspruchsvolle Navigation: Ohne GPS, Yachtfunk, Echolot oder Motor geht es von Cuxhaven nordwärts. Die Insel muss per Kompass und Karte angesteuert werden. Als Extra-Preis haben Helgoländer Fischer zwei Körbe voll Hummer gestiftet.
Zwei Körbe voll Hummer als Preis
Erst 1930 wird aus dem rein deutschen Rennen eine internationale Regatta, als holländische und lettische Crews teilnehmen. Seitdem ist die Nordseewoche – abgesehen von einer kriegsbedingten Zwangspause zwischen 1939 und 1953 – stetig gewachsen.
Bereits in den 1960er-Jahren sind mehr als hundert Yachten am Start, die Teilnehmerzahl steigt auf mehr als 15.000 Personen. Auf engstem Raum bevölkern sie in dieser Zeit die Hochseeinsel, auf der kaum 1.800 Menschen leben. Das macht auch den Reiz dieser Rennserie aus: Cracks und Amateure sind auf Tuchfühlung miteinander. Man kann sich auf den wenigen hundert Metern zwischen Nordost- und Südhafen praktisch nicht aus dem Weg gehen.
Rund Skagen war erstmals 1933
Von internationalem Renommee ist insbesondere der Rund-Skagen-Cup. 1933 hatte die rund 510 Seemeilen lange Etappe ihre Premiere. Damals siegte die „Regina II“ in 108,96 Stunden. Das sind gut viereinhalb Tage nonstop. 1950, beim ersten Rund Skagen nach Kriegsende, schafft es die Segelyacht „Athena“ bereits in 89 Stunden.
„Was Anspruch und Erlebnis angeht, kann sich die Regatta in jeder Hinsicht mit Veranstaltungen wie dem Fastnet Race oder Sydney-Hobart messen und ist ein echter Klassiker“, sagt sein Sohn Daniel Baum. Er ist selbst aktiver Segler und langjähriger Teilnehmer bei Rund Skagen. Um bei diesem strapaziösen Törn Seenotfälle möglichst auszuschließen, gelten strikte Sicherheitsbestimmungen in der Ausschreibung, die den World Sailing Special Offshore Regulations entsprechen.
„Rum Skagen“ für kalte Stunden
Los geht es am Pfingstmontag nach der letzten Nordseewoche-Regatta, der Helgoländer Acht. Etwa 80 Yachten werden beim Start erwartet. Natürlich sind sie wie immer ausgestattet mit Sturmsegeln, geprüfter Sicherheitsausrüstung und einer Flasche „Rum Skagen“ für die kältesten Stunden an Bord. Die Meldeliste ist seit kurzem geöffnet.
Erstmals ist die Internationale Deutsche Meisterschaft im Doublehand Segeln Teil der Nordseewoche: Der Wettfahrtleiter der Nordseewoche Albert Schweizer sagt: „Mit der Ausrichtung haben wir eine echte Bereicherung im Programm, die das Profil der Nordseewoche weiter festigt. Wir rechnen damit, dass nach zwei Jahren Hochsee-Abstinenz also nicht nur bekannte Gesichter den Weg nach Helgoland finden werden.“
Virtuelle Wettfahrt für zu Hause
Zur Feier des 100-jährigen Jubiläums wird zum Start der echten Langstrecke auf der eSailing-Plattform Virtual Regatta eine digitale Rund-Skagen-Regatta ausgetragen. Albert Schweizer gefällt das: „Was 2020 als eine der Pandemie geschuldete Sonderlösung geplant war, stellte sich mit mehr als 20.000 Teilnehmenden als echter Erfolg heraus.“
Wer ein Tablet, einen PC oder Laptop hat, kann am Screen mitsegeln. Preise und Sonderwertungen werden im Lauf der nächsten Wochen bekannt gegeben. Die Startlinie für das virtuelle Rennen ist sowohl über die Pantaenius-Website als auch über die App oder Website von Virtual Regatta erreichbar.