Im Gegensatz zur verbreiteten Annahme, dass Meeressäuger langsame Segelyachten orten und so rechtzeitig ausweichen können, haben wissenschaftliche Untersuchungen das Gegenteil bewiesen. Wale hören nur nach vorne: Sie sind nach hinten hin „taub“ und erkennen keinen Unterschied zwischen Seegang und Schiffsbewegungen.
Immer häufiger hört man, dass Wale durch den von Menschenhand verursachten Geräuschpegel unter Wasser vermehrt orientierungslos sind. Manche Walarten können nicht schneller als drei Knoten schwimmen, Pottwale schlafen bei den Auftauchphasen ein, und die Hälfte des Gehirns wird inaktiv – lauter Faktoren also, die Meeressäuger aus Sicht von Bootsfahrern zu UFOs werden lassen.

Je schneller die Yachten werden, desto häufiger kommt es dann zu Zusammenstößen. Das jedenfalls ist das Ergebnis einer Studie des Wal- und Delfinschutzvereins Meer e. V., für die der Meeresbiologe Fabian Ritter 123 Berichte über Kollisionen oder Beinahezusammenstöße zwischen Booten und Walen ausgewertet hat. In 26 Prozent der Fälle segelten die Yachten zwischen 10 bis 25 Knoten schnell. Das hohe Tempo der Boote erklärt die erhebliche Zunahme von Kollisionen (siehe Grafik) zwischen immer schnelleren Segelyachten und Walen in den letzten Jahren. Die Angaben des Versicherers Pantaenius geben jedoch eher keinen Grund zur Sorge: Dort wird pro Jahr im Schnitt eine Kollision mit einem Wal gemeldet.

Vom Baumstamm bis zum Fischernetz
Der beste Beleg dafür, dass es sich bei UFO-Kollisionen nicht um Einzelfälle handelt, ist wohl Vincent Riou. Bei der aktuellen Vendée Globe zwang den Sieger von 2004 ein Crash mit einem unbekannten Objekt zum Aufgeben. Vor vier zuvor, im Jahr 2012, kollidierte er bei der gleichen Regatta mitten auf offener See mit einer losgerissenen Fahrwassertonne und musste anschließend schon einmal das Rennen beenden.
Alles, was schwimmt, kann ein Boot unterwegs treffen: Fischerboote verlieren in schwerer See Netze, Behälter und anderes Gut. Baumstämme treiben oft wochenlang umher. Auch die in letzter Zeit bekannt gewordenen Müllstrudel auf den Ozeanen können bei leichten und fragilen Rennyachten Schäden hinterlassen. Auch Wrackteile von Schiffen treiben oft lange Zeit auf See und können so zur Gefahr werden.
Stückgutfrachter verlieren bei schwerem Wetter alles Mögliche vom Kanister bis zur Euro-Palette. 2003 sank bei der Daimler Chrysler North Atlantic Challenge die Yacht „Monsun“. Sie war nach einer Kollision leckgeschlagen, vermutlich mit einer Palette. Die Crew konnte aus der Rettungsinsel geborgen werden.
Zurückgelassene Segelyachten
Auch herrenlose Boote, die auf hoher See nach einer Havarie zurückgelassen wurden, können unerwartet wieder auftauchen. So wurde am Silvestertag des Jahrs 2018 ein kieloben treibendes Segelboot vor der Küste von Kangaroo Island nordwestlich von Adelaide in Australien gefunden. Die noch immer in markantem Orange strahlende Yacht wurde als die „Wild Eyes“ identifiziert. Das GFK-Boot trieb für acht Jahre im Indischen Ozean. Skipperin war die seinerzeit 16-jährige Abby Sunderland, die nach einem Sturm von ihrem entmasteten Boot abgeborgen wurde.
Zuletzt waren die Boote der Golden-Globe-Race Segler Abhilash Tomi und Susie Goodall im Southern Ocean manövrierunfähig zurückgelassen worden. Keiner weiß, ob, wann und von wem die Boote abgeborgen werden.

Effektiver Schutz unmöglich?
Hochseesegler können alle möglichen Situationen trainieren und sich damit auf Szenerien wie Mastbruch, Leckagen oder Mensch-Über-Bord-Situationen vorbereiten. Kollision mit UFOs auf See lassen sich jedoch nicht üben, schon wegen der unterschiedlichen Folgen, die danach auftreten können. Ausgefuchste technische Überwachungssysteme wie Radar und AIS erfassen nur alles oberhalb der Wasserfläche. Sich gegen Treibgut und andere UFOS zu schützen, ist also schlicht unmöglich.
Dennoch gibt es für Hochseesegler keinen Anlass zur Sorge: Die Wahrscheinlichkeit, auf See mit einem unbekannten Objekt zu kollidieren, ist statistisch gesehen sehr gering. Tausende Schiffe segeln jedes Jahr über die Weltmeere, und nur sehr selten kommt es auf See zu Kollisionen – vor allem nicht in den Geschwindigkeitsbereichen von Fahrtenseglern.