„Wenn es dreimal stattfindet, dann ist es eine Tradition“, sagt Daniel Barkowski vor der Aufnahme des float-Podcasts fast keck – und streicht sich durch den Bart, den er seit Beginn der Corona-Pandemie trägt. Als Projektleiter der Boot & Fun ist er für zwei Messen verantwortlich: Den Anfang macht die Inwater-Schau, die an diesem Freitag in Werder beginnt (und bis 6. September läuft). Im November folgt in Berlin die große Schau in den Hallen unterm Funkturm.
Die nur drei Jahre junge Boot & Fun Inwater rückt damit früher – und intensiver – als erwartet in den Mittelpunkt der europäischen Bootsmessen. Denn die Schau ist eines der wenigen Events in Europa und die einzige Messe in Deutschland, auf der dieses Jahr Boote direkt am Steg präsentiert werden.

Als Event etabliert
Das für Mai 2020 geplante Hamburg ancora Yachtfestival ging im Lockdown unter und fiel aus. Die Macher der Interboot Friedrichshafen verzichten bei ihrer Special Edition später im September darauf, den Messehafen direkt am Bodensee ins Konzept einzubeziehen. Die Messen in Cannes und La Rochelle, die Hiswa Inwater in Lelystad und die Bootsmesse in Southampton – fast alle europäischen Inwater-Shows fallen coronabedingt aus.
Was bleibt? Werder. „Für die Branche ist es vor allem in dieser wirtschaftlich schwierigen Zeit wichtig, sich wieder präsentieren zu können“, sagt Daniel Barkowski. „Gleichzeitig steht bei uns Sicherheit an erster Stelle. Daher sind wir im stetigen Austausch mit den Behörden.“
Frischluft unverzichtbar
Konkret heißt das: So wichtig wie die Mittelmeeratmosphäre an der Hafenpromenade ist auch der Aspekt, dass die komplette Veranstaltung an der frischen Luft stattfindet. Für anständigen Abstand zwischen den Besuchern sorgen unter anderem Laufwege in jeweils nur eine Richtung auf der Landseite.

Wie Messen in diesem Herbst erfolgreich stattfinden können, darüber hat Kerstin Zillmer mit Projektleiter Daniel Barkowski ausführlich im neuen Podcast float originals vor zwei Wochen gesprochen.
Ausfahrten für Bootskäufer
Ausfahrten mit dem Boot sind ein wesentlicher Teil des Erfolgs der munter wachsenden Schau. Das ist wie in den Vorjahren auf dem Großen Zernsee an allen Tagen möglich. Auch die Profis werden da sein: Internationale Bootsjournalisten sind angekündigt, die neuesten Bootsmodelle wie in den Vorjahren direkt vor dem Start der Messe ausgiebig testen.
Die Jurorinnen und Juroren des Best of Boats Awards vervollständigen bei Testfahrten die Auswahl des Finalisten für den größten europäischen Motorboot-Award. Die Preise werden Ende November im ersten Tag der Boot & Fun Berlin vergeben.
Viele der Boote, die auf anderen Bootsmessen nicht gezeigt werden konnten, sind in Werder ausgestellt. Wir haben vorab einen Blick auf die Boote geworfen, die ab Freitag an der frischen Luft der Hafenpromenade der Marina Havelauen präsentiert werden.
Große Fische
Den amtierenden König der nordischen Meere und Gewinner des Best of Boats Awards in der Familienklasse zeigt aqua marin mit der Marex 360 CC. Das von float getestete und unter dem Motto Einfach alles richtig machen vorgestellte Schiff verbindet Wohnkomfort an Bord auf hohem skandinavischen Niveau mit der Solidität einer kleinen, feinen Serienproduktion. Eins der kaum anderswo gesehenen Highlights ist das Cabrioverdeck, das den Salon wahlweise dicht macht oder von der Sonne beschienen macht.

Ganz neu und mit 42 Fuß Schiffslänge eines der größten ausgestellten Modelle ist die Prestige 420 Fly. Dieses Boot wollten wir eigentlich beim Presse-Event der Werft im Frühling in Cannes kennenlernen. Dazu kam es aus den bekannten Gründen nicht. Nun testen wir von float das neue Familienschiff der Oberklasse mit Obergeschoss in Werder. Das größte ausgestellte Boot ist allerdings die Galeon 470 Sky.
Die spanische Marke Nuva ist in Werder mit drei Booten vertreten. Das größere 30-Fuß-Boot Nuva M8 ist damit erstmals in Deutschland auf dem Wasser zu sehen. Das Schiff mit markanter Silhouette empfiehlt sich als Familienboot – mit Innenlounge, die in ein Schlafzimmer umgewandelt werden kann, Außenküche, zwei Doppelbetten sowie Badezimmer mit Dusche. Durch Bimini, Sprayhood und Kuchenbude ist das Boot aus Barcelona auch für unsere Breiten gerüstet.

Wieder dabei und ebenfalls aus dem Süden sind die Motoryachten der italienischen Familienwerft Cranchi. Gezeigt wird als Neuheit die Cranchi Z35 Cruiser, ein Halbgleiter auch für längere Urlaubstörns. Für Nicht-Italiener: Ausgesprochen wird der Werftname mit „stimmlosen“ H, also Cran„k“i.
Schnelle Schiffe
Eines der aufregendsten Boote, die in Werder gezeigt werden, ist der Tender Fjord 38 Express. Das Bordleben findet bei diesem luxuriösen Daycruiser auf einem durchgängig mit Teak belegten Deck statt. Schatten spendet das T-Top, ansonsten sorgt der Fahrtwind für Abkühlung. Angetrieben wird die Fjord durch V8-Außenborder von Mercury Marine. Sie bringen das schicke Schiff gegebenenfalls auf 45 Knoten – deutlich mehr, als in Brandenburg ausgefahren werden kann.
Apropos Luft: Die Nuova Jolly Prince 38 SC ist ähnlich stark motorisiert wie der Fjord-Tender, aber eigentlich ein Schlauchboot. Das im Mailänder Werk hergestellteRIB ist mit zwei Mercury Verado 400 R ausgestattet. Zusätzlich zur umfangreichen Serienausstattung hat das vom RIB-Center konfektionierte Vorführboot teils praktische, teils extravagante Extras wie Hardtop, Generator für eigenen Bordstrom und einen Tresor zu bieten.

Lang erwartet und endlich da ist die Beneteau Gran Turismo 32. Diese luxuriöse Variante der Flyer 10 – bei Boote haben den gleichen Rumpf – war im letzten Herbst angekündigt worden, dann verzögerte sich Corona-bedingt die Auslieferung. Nun ist das schnelle Schiff in Werder – und einer der wichtigen Programmpunkte der Bootstester für den Best of Boats Award 2020.
Kompakt und komfortabel
Den internationalen Bootstestern wohlbekannt ist der Swift Trawler 30 von Beneteau. Das Reiseboot mit Oberdeck ist erstmals in Werder zu sehen. Wir haben es im letzten Herbst in Port Ginesta bei Barcelona kennengelernt, exakt dort, wo auch Nuva seinen Heimathafen hat.
Die Nuva M6 wird in Werder gleich zweimal gezeigt: als Open in Walkaround-Ausführung und mit Vorschiffskabine. Beide Varianten haben das gleiche moderne Rumpfdesign mit hohem Freibord und viel Unter-Deck-Volumen, und beide lassen sich trailern. Das nächste Flaggschiff der Katalanen, die Nuva M9, folgt im Oktober, so Werftchef Andres Cardenas gegenüber float.
Erstmals in Werder zu sehen ist die finnische Marke Aquador. Als trailerbare „Alternative zum Mainstream“ bekannter kompakter Familienboote wird das kleinste Modell, die Aquador 25 HT, gezeigt – es ist in dieser Größe sportlich, aber dennoch elegant und dennoch überaus zweckmäßig.
Auch die Cruiser-Motorenyachten von Nimbus, lange nicht in der Region präsent, haben Werder-Premiere – mit der kompakten Nimbus 305 Coupé und dem Klassiker Nimbus 365 Coupéin der vierten Generation.
Was die Interboat Intender 950 aus den Niederlanden nun eigentlich ist – eine Sloep, ein Kabinen-Cruiser oder ein Sportboot –, hängt vom Blickwinkel und den Bedürfnissen der Betrachter ab. Float-Autor Uwe Meiling findet: Dieses Boot gehört nach Brandenburg. Von der gemütlich tuckernden Kabinen-Sloep, wie sie traditionell aus Holland kommen, mit 65 PS bis zum Express-Cruiser mit mehr als 25 Knoten Speed ist alles möglich. Weitere Sloepen vor Ort kommen von Maril und Antaris, ausgestellt gleich am ersten Steg.

Für das „Susi-Sorglos-Paket aus Boot, Motor und Trailer“, wie es AWN-Marketingleiter Marco Tristram nennt, brauchen Eigner nur noch Auto und Anhängerkupplung. Alles andere kommt vom Hamburger Ausrüster A. W. Niemeyer. Die Boote der Eigenmarke Ocean Bay by AWN werden in der Werft von Rajo-Boote gefertigt und sind besonders für Anfänger und Angler gedacht.
Großes Sortimente am Steg
Mit großer Flotte treten gleich mehrere Aussteller an. Allein 16 verschiedene Boote der Marken Aqualine und B1 Yachts sind zu sehen, von der Aqualine 535 bis zum trailerbaren Cruiser Aqualine 750 als Black Edition. Die St.-Tropez-Reihe der Werderaner Boots-Manufaktur ist mit drei Modellen komplett vor Ort.
So sind von Jeanneau die Merry Fisher 695 Marlin, die Merry Fisher 38 Fly, die Leader 33 als Außenborder-Variante und den kleinen, von float in der Vorversion getesteten Familien-Weekender Cap Camarat 6.5 CC alle zu sehen. Auch die Jeanneau NC 14 ist da. Die Marken Delphia, Sea Ray, Bavaria und Greenline ebenso vertreten, unter anderem mit dem BOB-Finalisten Greenline 39.
Die Sonderklasse
Auch Spezialitäten sind zu sehen: Ein seltener Gast auf Durchreise ist die Candela Seven, das foilende Elektro-Schnellboot mit der größten Reichweite aller bekannten E-Boote. Gerade mit dem Best of Boats Award ausgezeichnet, kann die Candela – ohne Sog und Wellenschlag – auf dem Großen Zernsee auf Stelzen maximal 30 Knoten erreichen.
Auch das schmale Loungeboot Q-Yachts Q 30 mit Elektroantrieb aus Finnland ist erstmals in Werder. Um bei der Kraftentfaltung und Reichweite gegenüber Hochvolt-Antriebssystemen nicht ins Hintertreffen zu geraten, werden die 48-Volt-Motoren im Q 30 in Reihe geschaltet.
Bekannt für schön gestaltete Boote mit Elektroantrieb ist auch die Marke Alfastreet. Ausgestellt in Werder ist die offene Alfastreet 23. In Kürze folgt die Weltpremiere für zwei weitere Modelle des Herstellers aus Slowenien.

Das leichteste Motorboot der Messe wird von der Potsdamer Werft AST Yachts & Composites gebaut und präsentiert: der ASTender 340 mit 39 kg. Der Grund fürs Federgewicht ist das Baumaterial Kohlenstoff. Führerscheinfrei lässt es sich so mit 40 km/h mit einem kleinen Außenborder über das Wasser gleiten. Auch ein elektrischer Antrieb passt hier ans Boot. In Werder ist es ein Torqeedo Travel 1103 am Heck.
Das von den Produzenten des Foiling Dinghys stammende Bötchen ist eigentlich als Beiboot für größere Yachten gedacht. Es ist aber auch bestens geeignet für Anfänger mit Sinn für Ästhetik.
Wer auf dem Wasser sein will, aber ortstreu ist, ist ein typischer Aspirant für ein Hausboot. Econ Marine bringt dafür zwei Modelle der Reihe Riverloft mit, die sich sowohl als Ferienhaus als auch als zum Fahren eignen. Das gilt auch für die anderen Hausbooten-Aussteller in Werder, unter anderem Nautilus, My Hausboot und Rollyboot.
Erstmals sind auch Angelboote zu sehen. Gezeigt werden unter anderem die aus Aluminium gefertigten Boote der norwegischen Fishing-Marke Finval, von denen gleich drei Modelle am Steg liegen.
Unter Segeln
Die Berliner Gewässer sind ein klassisches Segelrevier. Hier und nicht an der Küste fanden vor gut 150 Jahre die ersten organisierten Regatten statt. Dennoch hat die Boot & Fun Inwater mit ihrem bei der Premiere 2018 zunächst gewählten Schwerpunkt auf Binnen- und Wanderboote den Fokus eher auf dem motorisierten Wassersport. Doch langsam holen die Segler auf.
Mit der Präsentation der Beneteau Oceanis 30.1 ist eines der bestverkauften kompakten Kajütboote erstmals in Werder ausgestellt. Das von float im Test gesegelteEinsteigermodell bietet viel Schiff für weniger Geld im Vergleich zu den Mitbewerbern. Die Oceanis 30.1 lässt sich feinfühlig an der Windkante steuern. Sie liegt angenehm auf den Doppelrudern, bei etwas stärkerer Brise mit entsprechend mehr Rückmeldung.
Für den Familienurlaub und den Regattaeinsatz gemacht ist die Sunbeam 22.1 aus Österreich – fast schon ein Evergreen. Mit ihrer Doppelkoje bietet die 22er für diese Bootsgröße gute Platzverhältnisse unter Deck. Bei Bedarf kann sogar auf vier Schlafplätze erweitert werden. In Zusammenarbeit mit J&J Design wurde das aufholbare und vorbalancierte Ruder entwickelt. Durchgehende Chines am Rumpf sorgen für viel Stabilität bei Lage.
Beifang auf der Landseite


Auf der Promenade sind Bootszubehör, maritime Ausrüstung und Funktionskleidung zu sehen. Neben textilen Klassikern wie den Troyern von Rymhart – die nicht aus Seemannsgarn gefertigt werden, sondern alle wie ein Zuhause sind – gibt es auf der Landseite auch Hightech: Das B1 Bootscenter präsentiert den neuen Front-Elektromotor von Garmin. Damit wird Angeln mit dem Boot sozusagen hybrid. Erst vor kurzem war der Elektronikhersteller in die Entwicklung von Trolling-Motoren eingestiegen. Ein hochklassiger Streetfood-Markt soll die Currywurst-Cuisine der frühen Jahre ablösen.
Regionalität wird zum Vorteil
Das Setting in Werder passt. Veranstaltet wird die Boot & Fun Inwater von der Messe Berlin in Zusammenarbeit mit dem Verein Werder Maritim e. V. Hier haben sich Bootsfachbetriebe, Händler bekannter Bootsmarken, Bootsbauer und Dienstleister aus der Blütenstadt zusammengeschlossen. Ihr Ziel ist es, die prosperierende Region gemeinsam bekannter zu machen. Das Konzept geht auf: Regionalität ist in Zeiten von Corona ein großes Plus und keine Piefigkeit.

Das sind mehr als nur Blütenträume. Wie starke Unternehmen, an einem Ort ansässig sind, eine Messe tragen, zeigen seit Jahren erfolgreiche Events wie die Motorboot Sneek und die offenen Tage der Segelyachtwerften beim Oppet Varv auf der schwedischen Insel Orust. Werder hat sich in den letzten beiden Jahren einen guten Namen gemacht. Am Freitag ist der Start zur Runde 3.
Informationen für Besucher
Die Boot & Fun Inwater läuft von Freitag, 4. September, bis Sonntag (6. September) von 10 bis 18 Uhr in der Marina in den Havelauen Werder, Zum Großen Zernsee 6, 14542 Werder an der Havel.
Die Marina ist leicht und schnell von Berlin sowie Potsdam aus erreichbar. Mit dem Regionalexpress der Linie 1 erreichen Besucher zum Beispiel vom Bahnhof Zoologischer Garten aus in rund 30 Minuten den Bahnhof Werder. Von dort aus ist es ein Katzensprung zur Hafenpromenade.