Das Feld der Vendée Globe teilt sich in drei Gruppen. Die eine Gruppe startet schon zum wiederholten Male bei der Vendée Globe. Die zweite aus Boris Herrmann, Miranda Merron und Kevin Escoffier ist das erste Mal dabei, hat aber bereits die Welt umsegelt. Besonders spannend ist es für die dritte Gruppe: 15 der 33 Teilnehmenden stehen vor ihrer ersten Rutschpartie durchs Südpolarmeer.
Die führende Riege hat vor ein paar Tagen die Breiten des südlichen Ozeans erreicht – und schon begann das Drama. Wer Katastrophen vorausgeahnt hatte, wurde bestätigt. Erst die herzzerreißende Entscheidung des Franzosen Nicolas Troussel auf „Corum“ und des Briten Alex Thomson auf „Hugo Boss“, das Rennen aufzugeben. Dann die fast aussichtslose Aufholjagd von Fabrice Amadeo und Jeremie Beyou, die zwischenzeitlich nach Les Sables-d’Olonne zurückkehren mussten.
Tragischer erster Höhepunkt
Schließlich als bisheriger tragischer Höhepunkt der Krimi um Kevin Escoffier, der von Jean Le Cam nur unter Schwierigkeiten aus seiner Rettungsinsel geborgen werden konnte. Kevin musste mit ansehen, wie seine „PRB“ in Sekunden auseinanderbrach und sank. Er konnte gerade noch einen Notruf absetzen und mit AIS und EPIRB die Rettungsinsel entern. Auf Social Media wurde die Nacht über bei den Rettungsversuchen mitgefiebert. Mit weltweitem Aufatmen wurde am nächsten Morgen vernommen, dass Kevin sich in Sicherheit befand: „Yes, we Cam!“
Und nun Sébastien Simon und Sam Davies, die auch mit einem unbekannten schwimmenden Objekt, einem UFO, zusammenstießen und nach Norden abgedreht sind, um die Schäden zu inspizieren und hoffentlich schnell beheben können. Es wäre ein Jammer, wenn auch sie aufgeben müssten.
Diese Unfälle betreffen die gesamte Vendée-Globe-Flotte, denn alle Rümpfe sind baugleich und sie sind alle den gleichen Bedingungen ausgesetzt. Schon Alex Thomson hatte Probleme mit der Bugverstärkung. Alex, Kevin, Sébastien, Samantha – wer wird der Nächste sein? Das Rennen geht ungebremst weiter. Das Kap der Guten Hoffnung haben bereits viele erreicht. Aber die Segler sind alarmiert.
Inzwischen wurden Eisberge auf der kommenden Route der Segler entdeckt. Radarbildanalysten haben im Crozet- und Kerguelen-Gebiet fast zwei Dutzend kritische Eisberge entdeckt. Angesichts dieser Bedrohung hat die Rennleitung der Vendée Globe die antarktische Ausschlusszone um fünf Grad nach Norden verschoben und damit den Sicherheitskorridor um mehr als 400 km größer gemacht.
Ging schon gut los
Körperliche und geistige Höchstleistung wurde schon ab der ersten Woche dieser Vendée Globe gefordert. In rauem Wetter mussten die Segler für Schlaf, Nahrungs- und Flüssigkeitsaufnahme den richtigen Rhythmus finden und ihn mit den Anforderungen, die Boot, Navigation und Wetter stellen, in Einklang bringen. Nachdem der Tropensturm Theta durchgestanden war, konnten sie kurz auf dem Weg in die Doldrums verschnaufen, das Boot checken und Energie tanken.
Dann gerieten die Segler in die unberechenbaren Doldrums. Schwarze Wolkenbänke, um 180 Grad drehende Winde, immer wieder Blitz und Donner und plötzliche Regenböen bedeuteten für die Segler wenig Schlaf und viele Segelwechsel. Die führende Gruppe stieß mit geringen Problemen durch die Doldrums. Aber die Nachfolgenden wurden fest in ihren Klauen gehalten und verloren viel Zeit. Wer einmal die Passatwinde der Südhalbkugel erreicht hatte, zog davon.
Drag Race nach Süden
Die Route nach Süden gleicht einem Drag Race, Vollgas voraus. Die Boote starten in Luv der südamerikanischen Landmasse. Aber unterhalb von Recife beginnt der Wind zu drehen und die Boote stürmen auf Raumschot-Kurs voran. Üblicherweise versucht man zwischen Salvador und Rio ein Tief zu erwischen, um sich an dessen Rand in den südlichen Ozean katapultieren zu lassen. Dort wartet die Rennbahn der Regatta, wo die meisten Geschwindigkeitsrekorde während der Vendée Globe aufgestellt werden.

Bei dieser Vendée Globe hatte das Wetter die Karten anders gemischt. Das St.-Helena-Hoch hatte sich aufgespalten und nur einen kleinen Korridor gelassen, durch den sich gerade noch die Führungsriege hindurchschlängeln konnte. Die weiter hinten Liegenden mussten sich weiter nach Südwesten orientieren, mehr Richtung Kap Hoorn als zum Kap der Guten Hoffnung.
Letzte Meerwasserdusche, erster Albatros
Hat man dann das Südpolarmeer erreicht, wird es knifflig. Auf dieser Strecke ist es nass und warm. Bei jedem Segelwechsel steht man vor der Frage, ob man im Ölzeug das Seewasser abwettert, aber von innen in Schweiß gebadet wird.