188.000 Seen und 1.250 Kilometer Küstenlinie hat Finnland. Da erscheinen mehrere hundert neue Boote auf der Wintermesse Vene Båt in Helsinki fast ein bisschen wenig. Finnland ist eine Bootbauernation. Für die Finnen ist das Boot wie das Auto für die Deutschen: Viele fahren damit zur Arbeit, oder zum Sommerhaus. Es ist in der Regel zwischen fünf und acht Metern lang und häufig aus robustem Aluminium gebaut.
In Helsinki pfeift im Februar der Polarwind. Nicht die beste Jahreszeit für einen Stadtrundgang, wohl aber um sich Boote anzuschauen auf der Vene Båt. So machen es auch die Jurymitglieder des Best of Boats Awards, die sich in Helsinki zum Strategie-Meeting in der finnischen Hauptstadt treffen. Auf der Messe gewinnen die BOB-Bootstester einen ersten Eindruck von den Premierenbooten, die sie im Juni bei der Finnboat Floating Show testen werden.
Auch wenn es Veranstaltungen, Aktivitäten und Sonderflächen gibt wie jene, auf der wir vor fünf Jahren den Atlantik-Veteranen Seppo Muraja entdeckten – er hatte Anfang der 1970er mit einem Freund auf dem 4,50 Meter langen Motorboot Psycopaatilla unter Segeln den Ozean überquert –, ist die Basis der Wassersportmesse auch nach der Pandemie dieselbe: viele, viele Boote.
300 bis 400 Boote erwartet
Rund 300 bis 400 Boote, so schätzen es vorab unsere BOB-Kollegen von TotalVene, werden auf der Vene Båt gezeigt. Die Zahl der ausgestellten Boote dürfte damit etwas geringer sein als früher, und auch die Ausstellungsfläche wird auf die Hallen im unteren Stockwerk des Messezentrums Messukeskus verdichtet. So wirkt die Schau auf den ersten Blick auch: gut belegt, aber deutlich kleiner.
Für das Modelljahr 2023 sind mehr als 30 Premieren angekündigt. Außerdem gibt es in der Hallenschau ein Dutzend weiterer Modelle, die bereits auf der Inwater Show im Spätsommer 2022 ihr Debüt hatten. Die finnische Bootsindustrie ist auf der Messe gut vertreten: Weit mehr als die Hälfte der Motorboote sind finnisch.
Kaum ein Land hat eine größere Vielfalt bei den Herstellern zu bieten als Finnland. Hier ist jetzt schon zu sehen, was später bei den deutschsprachigen Händlern steht. Das macht die Schau für „Südländer“ in Deutschland, Österreich und der Schweiz interessant. Rund 11.000 Boote werden pro Jahr in finnischen Werften gebaut.
Aussteller wie Finnmaster nutzen die Gelegenheit, sich wirklich groß zu präsentieren. Ein Beispiel: Das T9-Flaggschiff von Finnmaster ist eines der Bootsmodelle, das nicht auf einer Messe, sondern praktisch mitten in der Corona-Phase vorgestellt wurde. Letzten Sommer kam eine neue ST-Version hinzu. Durch die riesige, elektrische bedienbare Verdeckluke fühlt sich der offene Raum noch größer an als beim offenen Modell, obwohl die Räume identisch sind.

Uns interessierten vor allem die Boote, die es nicht schon in Düsseldorf als Premieren zu sehen gab, oder die am Rhein nicht im Mittelpunkt standen. Die Vene 23 Båt, am Freitag gestartet, läuft noch bis 19. Februar in den Messukeskus-Hallen mitten in Helsinki.
Neue Einsteigergröße
Die neue Einsteigergröße bei Falcon bringt frischen Wind in die bei Finnen beliebte Kategorie der Fünf-Meter-Aluminiumboote. Die Falcon BRs 4 sieht vorn aus wie ein klassischer Bowrider, mit viel nutzbarem Platz vor der Windschutzscheibe. Der Fahrersitz ist sehr weit hinten platziert. Das kleine Achterdeck ist vor allem zum Ansitzen beim Fischen geeignet. Alternativen zur Falcon in derselben Größe sind die Faster 495 XC und der Bowrider AMT 165 BR.
Faster ist die einzige finnische Exportmarke, die nennenswerte Zahlen von Booten mit Mittelkonsole verkauft. Bei der Faster 495 XC wurde die Konsole und die Windschutzscheibe durch aufklappbare Seitentüren erweitert. So weht weniger Wind ins Heck. Das Boot liegt dank des steifen Rumpfs angenehm auf dem Ruder, so unsere finnischen Kollegen, das Fahren ist entsprechend komfortabel.
Bei AMT Boats ist das neueste Modell auch das größte: Die AMT 240 DC – schon in Düsseldorf gezeigt, von uns aber noch nicht gefahren – ist praktisch im Handling, grundsolide in der Struktur und auf Wunsch sehr schnell. Mit Platz in der Bugkabine für zwei Erwachsene empfiehlt sich die auch in Deutschland erhältliche neue AMT für Tagesausflüge und längere Touren.
Der 580 S von der norwegischen Firma Sting ist einer der jüngsten Neuzugänge auf der Messe. Das knapp sechs Meter lange Boot wird von einem 115-PS-Außenbordmotor angetrieben. Das Interieur wurde für Tagesausflüge konzipiert. Kleiner geht immer: Terhi hat in etwas mehr als 40 Jahren mehr als 40.000 Terhi-385-Modelle produziert, was es zu einem der meistverkauften Bootsmodelle aller Zeiten in Finnland macht. Die auf der Bootsmesse vorgestellte Terhi 390 ist der lang erwartete Nachfolger.
Kommende Commuter
Als Weltpremiere kommt die G-Force 8 Cabin aus Vollaluminium in vier Versionen. Die Variante mit Außenborder eignet sich besonders als komfortables Commuterboot. Das geräumige Kajüthaus hat eine große Dachluke und eine vollständig zu öffnende Rückwand.
Die Alukin C 650 ist ein relativ großes Commuterboot für die Schären, dessen Hauptkonkurrenten Ockelbo B21 CAB und Arronet 20’5 ebenfalls auf der Messe zu sehen sind.
Das Ockelbo B25 CAB ist ein starker Kandidat für alle, die ein großes, robustes Commuterboot in Vollaluminiumbauweise suchen. Das Steuerhaus ist geräumig und komfortabel ausgestaltet, und unsere finnischen Kollegen berichten nur Gutes über das Fahrverhalten. Unterschiede zwischen Booten gleicher Größe und Art lassen sich gut erkennen, wenn man die panzerartige Ockelbo auf der Messe mit der schnittigeren Nordkapp RS 800 C vergleicht.
Die Surprise-Modelle von Arronet wiederum gelten als Goldstandard in der Kategorie der Kabinen-Commuterboote. Die schwedische Vollaluminium-Bootsmarke hat aber auch klassische Open-Modelle. Bei der Arronet 23’5 mit Mittelkonsole ist man trotz des robusten T-Tops Wind und Wetter direkt ausgesetzt.