Anna-Leena und Kristian Raij aus Helsinki wollten ein Boot mieten, gerne von Privat und möglichst unkompliziert, am liebsten per Website. Doch sie fanden keine entsprechende Vermietplattform. Kurz entschlossen entwickelten sie selbst eine Boatsharing-Plattform und gründeten 2017 Skipperi.
Seitdem konzentrieren sie sich ganz auf die Bootsvermietung. Ihr Anspruch: Boating einfacher, nachhaltiger und für jedermann zugänglich zu machen. Mit ihrer Peer-to-Peer-Plattform, spezialisiert auf die gemeinsame Nutzung von Booten von Privat, haben die Gründer offensichtlich den richtigen Nerv getroffen.
Seit sie 2017 mit dem Dienst gestartet sind, hat sich die Anzahl der angebotenen Boote jedes Jahr verdoppelt. Inzwischen bieten rund 700 Eigner über Skipperi Segel- und Motorboote verschiedenster Marken zur Nutzung auf Zeit an. Ingesamt 1.069 Boote wurden 2019 gebucht, erklärt Gründer Kristian Raij gegenüber float. Skipperi ist dabei nur Mittler. Die Betreiber der Website haben mit dem Handling direkt nichts zu tun und nehmen für ihren Dienst eine Gebühr.

Boote wollen benutzt werden
Für ein Boot ist es am besten, wenn es viel bewegt wird. So wie Autos einrosten oder vermoosen, wenn sie herumstehen, leidet die Qualität auch bei Booten, wenn sie nicht ausreichend gefahren werden. Mit durchschnittlich 30 Betriebsstunden im Jahr, die ein Motorboot heute hat, lohnt sich der Kauf eines Bootes eigentlich kaum. Wenn man zum Kaufpreis noch die Unterhaltungskosten, Liegeplatzgebühren und Versicherung hinzurechnet, noch weniger.
Da ist Sharing eine tolle Sache. Bootsbesitzer können durch die Vermietung ihrer Boote Kosten reduzieren und sogar ein bisschen Gewinn machen. Gut ist es, wenn der Sharing-Dienst die Versicherung und die Wartung des Boots übernimmt. Das Beste am Teilen ist natürlich, dass mehr Menschen aufs Wasser kommen – nämlich auch die, die sich selbst kein Boot leisten können.
Wenn bei der vorhandenen Bootszahl mehr Menschen ihre Freizeit auf dem Wasser genießen, so die Idee, bedeutet das nach Lesbar von Skipperi auch mehr Freude für alle. Wie läuft das praktisch?

Das Handling
Private Bootsbesitzer melden ihr Boot auf Skipperi an und tragen die Bootsinformationen, Bilder, Preise und die Zeiten der Verfügbarkeit ein. Jeder Bootsvermieter ist so klar identifiziert. Mögliche Boots-Mieter füllen zunächst einen Lebenslauf aus. Er oder sie tragen hier Informationen zur eigenen Bootserfahrung, Ausbildung und die Bewertungen anderer Bootsbesitzer ein. Möchte nun jemand ein bestimmtes Boot buchen, entscheiden die Bootseigner auf der Grundlage dieser Informationen, ob sie ihr Boot an diese bestimme Person vermieten wollen.
Alle Zahlungen erfolgen über die Plattform. Skipperi erstellt automatisiert einen individuellen digitalen Mietvertrag. Der Besitzer erhält die Miete, wenn das Boot zurück ist. Sowohl Bootsnutzer als auch Vermieter führen anschließend eine gegenseitige öffentliche Bewertung durch. Skipperi behält sich für das Handling eine Provision von 13,5 % ein.
Meistens kümmern sich die Bootsbesitzer bei der Vermietung ihres Boots selbst um das Handling. Skipperi bietet als Service aber auch an, dass ein Mitarbeiter sich um die Mietabwicklung kümmert. Alle Boote müssen für den Verleih entsprechend versichert sein. Skipperi arbeitet dafür mit Alandia, der größten Bootsversicherungsgesellschaft in Skandinavien zusammen. Wer sein Boot bei Alandia versichert hat, ist automatisch auch für den Skipperi-Verleih versichert.

Das Stadtboot im Abo
Seit 2018 bietet Skipperi auch einen City-Boot-Service im Abonnement an. Für eine feste Gebühr können registrierte Nutzer Boote in verschiedenen Häfen in Helsinki ausleihen – und so viel Boot fahren, wie sie wollen. Anders als beim Boot-Sharing zwischen Privateignern zahlen die Nutzer hier für Skipperi-eigene Boote monatlich, gestaffelt nach Bootstyp.
Ein Ruderboot kostet 49 Euro im Monat. Der Basistarif für ein Motorboot liegt bei 129 Euro ohne Wochenende, der „Plustarif“ bei 249 Euro inklusive den Wochenenden. 15 Boote liefen in der letzten Saison in der Stadtbootflotte. 1.823 Fahrten wurden gebucht. In der nächsten Saison sollen es rund 120 Boote und 18.000 Fahrten werden, erklärt Skipperi-CEO Kristian Raij.
Aufbauend auf dem Erfolg in Finnland soll der Dienst in ganz Skandinavien eingeführt werden. Im Jahr 2020 geht es in der Hauptstadt Stockholm los. Skipperi kümmert sich dabei um die Wartung, den Service, die Versicherung und die Verfügbarkeit der Stadtboote.

Kooperation mit finnischem Bootsbauer
In der kommenden Saison soll es das Boot-Sharing auch an neuen Standorten in Finnland und im norwegischen Oslo geben. Drei weitere Skipperi-Stationen sind bereits für Stockholm geplant, dazu neue Standorte in Helsinki. Skipperi hat dafür mit Yamaha Motor Europe und dem Bootshersteller Inha Works einen Kooperationsvertrag abgeschlossen.
„Die Popularität des städtischen Boots-Sharing-Diensts deutet auf eine Transformation im Bootsgeschäft hin und auf eine Veränderung der Verbraucherbedürfnisse.“ sagt Juha Lehtola, CEO von Inha Works. Sein Unternehmen stellt Motorboote der Marken Yamarin und Cross her. Yamarin liefert für die Vermietung rund 120 neue Motorboote für die Saison 2020.


Die Boote werden von Yamarin angemietet und von Skipperi verwaltet. „In Skandinavien nutzen wir neue Yamarin-Cross- und Yamarin-Boote, hauptsächlich Yamarin Cross 54, 57 und 62. Auch einige der neuen Yamarin DC 63 werden wir in der Flotte haben.“ Die Flotte soll jedes Jahr um neue Boote erweitert werden. Die Boote sind, dem Einsatzzweck entsprechend, meist robust aus Aluminium gefertigt.
„Die Kooperation mit Yamaha und Yamarin macht es uns möglich, im nächsten Sommer den Service weiter zu verbessern und zu vereinfachen. Auch die beteiligten Städte haben sich sehr positiv geäußert, da sie die Stadtboote als wichtige Besucher-Attraktion sehen.“ sagt Kristian Raij.
Sehr gute Erfahrungen macht die Stadt Kopenhagen bereits seit fünf Jahren mit einem etwas anderen Mietmodell für Boote. Dort vermietet Rand Boats in seiner Vermietstation GoBoats Picknick-Boote, mit denen man sich Kopenhagen vom Wasser aus anschauen kann. In Berlin fährt man am schönsten mit Sloepen durch die Stadt wenn im Mai die Kastalien blühen.

Boot-Sharing interessant für Investoren
Dass Boot-Sharing auch wirtschaftlich interessant ist, zeigt die Investorenliste von Skipperi. Hauptbeteiligte sind die finnische Investmentfirma Matu Capital, die Firmengruppe Otto Brandt Ab (bekannt durch die Bootsmarken Silver und Terhi, Hans Ahlström und Stephanie Brandt.
Aufbauend auf dem Erfolg in Finnland soll der Dienst in ganz Skandinavien eingeführt werden. Der Wachstumsplan sieht vor, pro Jahr das Stadtboot-Konzept in einem weiteren Land einzuführen und das Sharing-Modell in zwei Ländern zu starten, so Kristian Raij auf Anfrage von float. Das angestrebte Ziel für die nächste, gerade laufende Finanzierungsrunde sind 800.000 bis eine Million Euro.
Dem jungen Finnen ist die Firmengründung nicht ganz zufällig zugeflogen: Der Marketingmann und Vater von drei Jungen hatte zuvor den ersten finnischen Online-Essensbringdienst mit aufgebaut.