Der Leader Charlie Dalin auf „Apivia“ musste gestern Abend die Führung bei der Vendée Globe wegen eines Schadens an seinem Backbord-Foil abgeben. Seit dem 23. November führte der Franzose das Feld an, zuletzt schmolz der Vorsprung vor Thomas Ruyant auf „Linked Out“ auf etwa 65 Meilen zusammen, der jetzt die Führung übernommen hat, eng gefolgt von Yannick Bestaven.
Etwa 900 Meilen südwestlich von Tasmanien hörte Dalin gegen 18 Uhr ein lautes Geräusch und verlangsamte das Boot sofort, um die Situation zu beurteilen. Bei der ersten Inspektion stellte der Skipper der Apivia fest, dass sein Backbord-Foil beschädigt ist. Er meldete aber keinen Wassereinbruch. Nun prüft er, wo groß der Schaden ist. Das Wetter kommt ihm dabei zu Gute.

Vor fünf Tagen hatte Charlies Dalin 24 Stunden lang mit einem heftigen Tief zu kämpfen. Dabei konnte er die Geschwindigkeit des Bootes kaum drosseln. „Ich wusste nicht, was ich tun sollte, um das Boot zu verlangsamen“, berichtet er. „Ich hatte die Foils richtig drin, ich hatte das Boot so gut wie möglich konfiguriert. Aber als es dann aus voller Höhe der Wellen knallte, war es sehr schwierig.“ Möglicherweise hat das Boot dabei doch Schaden genommen.
UPDATE: Dalin segelt weiter – ganz vorsichtig
Repariert er noch, oder segelt er schon Richtung Australien? Das fragten viele, die im Laufe des Montagmorgens auf den Race-Tracker schauen und sahen, dass die Apivia einen neuen Kurs Richtung Norden genommen hatte. Denn zum Foil-Fixing segelte Charlie Dalin auf ruhigerem Kurs. Vorausgegangen war ein nächtlicher Arbeitseinsatz, von dem die Welt erst am Nachmittag erfuhr. „Wir haben die ganze Nacht und den Morgen mit Charlie gearbeitet, um eine praktikable Lösung zu finden“, sagte Apivia-Technikchef Antoine Carraz.
Nun ist Charlie Dalin wieder unterwegs und im Rennen, wie Antoine Carraz am Montag gegen 16 Uhr meldete. „Das Boot konnte seinen Kurs gegen 13 Uhr (französische Zeit) wieder aufnehmen und Charlie konnte sich ausruhen.“ Das Ziel sei nun, die Reparatur in den kommenden Stunden zu validieren. „Wir bleiben also vorsichtig und aufmerksam in diesen nächsten Stunden, die entscheidend für die Fortsetzung von Charlies Rennen sind.“ sagte Carraz.
Das Wetter kommt Dalin zu Gute
Sebastian Wache hat gestern Abend das Wetter für die nächsten Tage analysiert. Freud und Leid des Südsommers liegen gerade nah beieinander. Freude darüber, dass die Bedingungen noch vergleichsweise moderat ist und damit im Southern Ocean meist gut zu segeln ist. Leid zugleich, weil sich immer wieder subtropische Hochs ihren Weg nach Süden bahnen.
Es geht also mitunter flauer zu als es den Seglern lieb sein dürfte.
So war der Abstand zwischen Dalin und seinen Verfolgern kontinuierlich zusammengeschmolzen. Das gesamte Führungsfeld der Vendée Globe liegt sehr nahe beieinander.

Der einzige Weg kann nur sein, mit den Tiefs nach Süden zu gehen und damit gleichzeitig den Hochs, die von Norden kommen, zu entgehen. Aber es gibt eine klar gezogene, künstliche Sperre als Grenze: das Eislimit.
Die Segler können nach Süden ausweichen
Die Veranstalter der Weltumseglung haben nach Rücksprache mit verschiedenen Instituten eine leicht gewellte Linie um die Antarktis gespannt, wo nicht gesegelt werden darf. Diese No-Sail-Zone soll verhindern, dass die Segler durch mögliche driftende Eisberge gefährdet werden.
Und dieses Eislimit könnte in den kommenden Tagen entscheidend werden für die Spitzengruppe, zu der auch Boris Herrmann gehört. Denn exakt auf der Höhe von Albany in Australien macht die Eislimitgrenze einen starken Knick nach Süden.

Die Segler können also weiter nach Süden ausweichen. Und diesen Platz brauchen sie auch dringend. Denn eine breite Hochdruckzone schiebt sich vom Indik, dem Indischen Ozean, in das Seegebiet südlich von Australien – und weiter in die Tasmansee. Die Boote werden deshalb einen Südbogen fahren und froh sein, dass sie hier Luft nach Süden haben.
Es folgt guter achterlicher Wind
Das Hoch wird recht rasch nach Osten abwandern, so dass sich zunächst ein guter achterlicher Wind einstellt. Jedoch: Am Horizont deutet sich für das Wochenende ein sehr kräftiges Tief von Westen her an. Es wird das Feld nach den nun tagelangen ruhigeren Phasen wieder ordentlich durchrütteln.

Dann zeigt er wieder seine Zähne, der Southern Ocean, der wegen des milderen Südsommers nur kurzzeitig sein eigentliches Potential aufblitzen lässt. Den Seglern der Vendée Globe dürfte das ganz recht sein.