Die Charterbranche spielt Klabautermann. Große und kleine Hausboot- und Yachtvermieter haben gemeinsam einen „Brandbrief“ an die Bundesregierung und drei Länderregierungen geschrieben. Sie fordern, die Charterreviere in Deutschland noch im Mai für den Tourismus zu öffnen – wegen „der angespannten Situation unseres Gewerbes“. Darüberhinaus soll ein möglichst lautstarker Bootskorso auf der Werderaner Havel am Samstag für zusätzliche Aufmerksamkeit sorgen.
Bis Mitte Mai ist Chartertourismus in Deutschland aufgrund der Covid-19-Pandemie untersagt – auch am Freitag nach Himmelfahrt, der wegen des Brückentags traditionell einer der Termine ist, an denen das Vermietgeschäft auf dem Wasser auf Hochtouren läuft. Auf diese Einkünfte möchten die Charterfirmen nicht verzichten.
„Diverse familiengeführte Boots- und Yachtunternehmen werden sonst die Krise nicht überstehen“, heißt es in dem Aufruf. Die teilnehmenden Unternehmen, darunter internationale Firmen wie Locaboat und LeBoat, grenzen sich ausdrücklich von Hotel- und Ferienhausbetreibern ab: „Charterunternehmen sind nicht mit der Hotellerie auf eine Stufe zu setzen!“ Man definiert sich als Fahrzeugverleiher und beklagt, im Gegensatz zu Autovermietern keine Kompensationen für den Verdienstausfall zu erhalten.
Um eine sofortige Öffnung zu rechtfertigen, verweist die Branche auf Regelungen in europäischen Nachbarländern. Deutsche Kunden dürften in den Niederlanden schon jetzt Boot fahren und seit dem 3. Mai auch wieder in Frankreich unterwegs sein. „Trotz einer sehr angespannten Pandemiesituation in beiden Ländern“, teilt die Initiative mit. Sie fordert alle Repräsentanten der Branche auf, sich ihr anzuschließen.
Initiative: Hygienekonzepte ausreichend
Die Unternehmen halten die Maßnahmen, die in der vergangenen Saison Bootsmiete möglich machten, für ausreichend. Es bestehen zahlreiche funktionierende Hygienekonzepte für die sichere Übergabe von Booten oder Yachten, argumentieren sie. Um während der gesamten Fahrt für die Gesundheit und Sicherheit der Gäste zu sorgen, würden alle Boote vor jeder neuen Abfahrt vollständig desinfiziert.
Die Organisation bei An- und Abreise an der Basis erfolge überdies unter strikter Einhaltung der Hygiene- und Abstandsregelungen. Selbst die Einweisung finde kontaktlos und mit Sicherheitsabstand statt. „Zusätzliche verpflichtende (PCR-)Tests bei der Anreise“ könnte es geben, so der Vorschlag der Charteranbieter.
Die Initiatoren des im Netz veröffentlichten Brandbriefs kritisieren insbesondere die derzeit herrschende Perspektivlosigkeit. „Es ist kein Zeitplan ersichtlich, an dem wir uns orientieren könnten“, heißt es. Als besonders problematisch empfinden die Initiatoren den Umstand, dass Charterreviere sich über Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg erstrecken.
Denn in den beiden Bundesländern entwickelten sich die Inzidenzwerte derzeit sehr unterschiedlich, und es mangele an einheitlichen Regelungen. „Es ist eine Gemengelage, die unterschiedlich ist in jedem Bundesland“, moniert auch Daniel Barkowski vom regionalen Wirtschaftsverband Werder Maritim in float.
Die Erstunterzeichner, die insgesamt rund 600 Boote in Deutschland betreiben, beklagen erhebliche Umsatzverluste, die sie in den Herbstferien 2020 sowie den Osterferien 2021 hatten. „Einen weiteren, weitaus erheblichen Ausfall durch ein Nichtzustandekommen des Pfingstgeschäftes nehmen wir nicht hin.“
Bootskorso zur Glienicker Brücke
Ein Bootsvermieter im brandenburgischen Werder will den Worten Taten folgen lassen: Yachtcharter Werder, die auch an der Brandbrief-Initiative teilnehmen, hat zum lautstarken Protest aufgerufen. Am Samstag, 8. Mai, ab 12 Uhr will der Vermieter einen Bootskorso von Werder bis zur Glienicker Brücke in Potsdam und zurück veranstalten.
„Macht die Musik wieder lauter“, schreibt Yachtcharter Werder in einem Aufruf und illustriert die Ankündigung mit einer großen Lautsprecherbox. Wer weiß, wie weit Schallwellen auf dem Wasser tragen, wird sich denken können, wie die Initiatoren der Aktion am Samstag auf der Havel ihrem Unmut Ausdruck verleihen wollen.