Nach der Jahrhundert-Flut durch den Ost-Orkan an der schleswig-holsteinischen Ostseeküste haben die Aufräumarbeiten in den Häfen begonnen. Das Ausmaß der Schäden wird sichtbar, und auch die Frage wird laut, ob ein Teil der Schäden nicht hätte verhindert werden können. Während einige Vorwürfe wohl zurecht unbedarfte Eigner treffen, fallen bei dem Ereignis allerdings auch unglückliche Konstellationen zusammen, die das Ausmaß der Zerstörung befeuerten.
Der Spezialist von Yachtversicherungen, das Unternehmen Pantaenius, ist seit dem gewaltigen Sturm an der Küste unterwegs, um die Schäden zu sichten. Etwa 130 Schadensmeldungen sind inzwischen eingegangen, aber es werden in den kommenden Tagen noch deutlich mehr werden. Manche Eigner haben noch nicht gemeldet.
Holger Flindt von Pantaenius rechnet für sein Unternehmen aktuell mit circa 200 beschädigten Booten. Er schätzt, dass im gesamten Ostsee-Küstenabschnitt bis zu 2.000 Schiffe zu Schaden gekommen sind, wovon 10 bis 15 Prozent Totalverluste sind, weil gesunken oder so schwer beschädigt, dass sie nicht mehr zu retten sind.
Damit hatte die Saison 2023 einen langen Verlauf. Und auch Eigner, die nicht innerhalb des Clubs kranen, haben die Saison wegen des langanhaltenden Spätsommer-Wetters verlängert. Ein spontanes Umorganisieren des Kranens nach den ersten Sturmwarnungen zu Beginn der Woche war aufgrund der begrenzten Kapazitäten der Kräne nicht so ohne weiteres möglich. Ein Aufslippen ist eben nicht vergleichbar mit dem Umparken des Autos.
Späte Ferien sorgten für volle Häfen
Das Ende der Saison grundsätzlich früher zu legen, sieht Andreas Medicus, geschäftsführender Gesellschafter der Hamburger Yachtversicherung Schomacker, nicht als zielführend: Auch wenn die Krantermine früher lägen, sei man vor solchen Schadensereignissen nicht gefeit, meint Medicus.
Alle, die jetzt schimpfen, dass die Boote schon aus dem Wasser hätten sein sollen, müsse man fragen: Was passiert, wenn es demnächst einen Orkan im September gibt? Der Orkan in Wentorf von 1989, der vielen Seglern noch in Erinnerung ist, traf den Hafen beispielsweise im August. Das Ausmaß jetzt sei allerdings weitaus größer. So ein Schadensereignis gab es seit 100 Jahren nicht, so Medicus.
Um die Schadensfälle aufzunehmen und zu untersuchen, hat Pantaenius seit Samstagmorgen ein Pop-Up-Büro in Schilksee aufgebaut und ist aktuell mit neun Sachverständigen unterwegs, die Schäden aufnehmen und die Schadensabwicklung organisieren. Der erste Schwimmkran ist in Schilksee vor Ort, um die Boote zu bergen, Taucher sind gebucht, die die Position der Boote bestimmen sollen. Jonas Ball, Marketing-Leiter von Pantaenius, rechnet damit, dass nach dem Start der Arbeiten in Schilksee ab Dienstag auch Bergungen im Damp stattfinden werden.
Der Leiter der Schadensstelle war schon einmal im Podcast float Originals zu Gast. Auch die Verteilung der beschädigten Boote auf die Werften ist nicht einfach, denn die Werftkapazitäten sind aktuell knapp, die Mitarbeiter nehmen zur Zeit die Schiffe aus dem Wasser und stellen sie ins Winterlager.
Weit mehr als ein materieller Verlust
Für viele Eigner ist der Verlust ihres Bootes ein schwerer Schock. Mit ihm untergegangen sind schöne Erlebnisse und gute Momente auf dem Wasser, oft handelt es sich um Familienboote. Die Versicherung kann dabei nur den materiellen Wert ersetzen. Den ideellen Wert bekommt man nicht wieder.