Der neue Inselhafen, der vor Prerow an der mecklenburgischen Ostseeküste entstehen soll, verzögert sich. Obwohl im Frühjahr mit dem Bau begonnen werden sollte, hat noch kein Bagger losgelegt. Der Baubeginn kann bisher nicht einmal grob geschätzt werden, hat float aus dem Wirtschaftsministerium von Mecklenburg-Vorpommern erfahren.
Auch die Kosten sind bereits erheblich höher als ursprünglich geplant. Wie ein Sprecher des Wirtschaftministeriums von Mecklenburg-Vorpommern auf Anfrage von float bestätigte, kostet der Ersatz für den Nothafen Darßer Ort voraussichtlich 46 Millionen Euro – statt wie ursprünglich geplant 37 Millionen.
Das Plus von rund 20 Prozent sei auf allgemeine Preissteigerungen sowie Einwirkungen durch den Krieg in der Ukraine zurückzuführen, heißt es aus dem Ministerium. Schwerer wiegt, dass auch der Bau sich verzögert. Eigentlich sollten die Baggerarbeiten längst begonnen haben.
Der neue Hafen wird wie ein Atoll aussehen: eine ringförmige Bucht, die in ihrem Innern Booten Schutz bietet. Das Land Mecklenburg-Vorpommern baut die Mini-Insel als nautische Notaufnahme und Stützpunkt für den Rettungskreuzer „Nis Randers“. Über eine Seebrücke steht der Hafen mit dem Ort Prerow auf dem Darß in Verbindung. Das künstliche Eiland soll ab dem kommenden Jahr den Seenotrettern als Stützpunkt dienen. Die können dafür dann einen alten zumachen.
Inselhafen ersetzt Darßer Ort
Denn geht die neue DGzRS-Station in Betrieb, kann der Nothafen Darßer Ort, rund zwei Seemeilen weiter im Westen, zugemacht werden. Damit geht ein gut 30 Jahre währendes Provisorium zu Ende. Der Nothafen Darßer Ort liegt mitten in der Kernzone vom Nationalpark Vorpommersche Boddenlandschaft – also dort, wo menschliche Eingriffe möglichst unterbleiben sollen. Stattdessen herrscht hier Schiffsbetrieb. Noch dazu unter Motor, denn die Einfahrt ist zum Segeln zu schmal. Regelmäßig muss sie ausgebaggert werden – ein kontinuierlicher Eingriff, noch dazu ein teurer: Allein 2009 bis 2015 kostete die Freihaltung der Fahrrinne rund 2,4 Millionen Euro.
Andererseits ist die Station der Seenotretter mit dem Kreuzer „Nis Randers“ unverzichtbar. Denn die Landspitze Mecklenburg-Vorpommerns dient als optimale Ausgangsbasis zur Kadetrinne. Die wichtigste Ost-West-Schifffahrtsstraße zwischen Deutschland und Dänemark ist von keinem Punkt der Ostseeküste schneller erreichbar. Sehr häufig müssen die Männer und Frauen der DGzRS hier bei Notfällen schnelle Hilfe leisten. Außerdem gibt es auf einer Etappe von rund 60 Seemeilen zwischen Warnemünde und Stralsund keinen anderen Schutzhafen für Yachten.

Frist für EU-Subventionen endet
Das Land Mecklenburg-Vorpommern hat Grund zur Eile, weil die Bauarbeiten Ende 2023 abgeschlossen sein müssen. Dann nämlich schließt sich das Förderfenster für EU-Subventionen. Hat die Landesregierung das Projekt bis dahin nicht beendet und abgerechnet, kann sie die Förderungen in den Wind schreiben.
Der Hafen wird rund 720 Meter vom Strand entfernt in etwa fünf Meter Wassertiefe liegen. Dieser Bereich ist weitgehend frei von Versandung, ergaben Untersuchungen. Baggerarbeiten für die Zufahrt werden also bis auf Weiteres nicht notwendig sein. Die Bauwerke des Inselhafens und die Seebrücke sind aus technischer Sicht für eine Lebensdauer von etwa 50 Jahren ausgelegt.
Die Position des Inselhafens liegt auf Höhe der Prerower Seebrücke. Diese wird komplett neu entstehen, damit die Zufahrt eine einheitliche Breite von 4,20 Metern hat. Seenotretter können so Material mit dem Auto bis zum Hafen transportieren. Eine öffentliche Straße soll allerdings nicht daraus werden.
Moderne Hafeninfrastruktur
Der Inselhafen dagegen erhält auf kleinem Raum zeitgemäße Infrastruktur. Eine hufeisenförmige Mole umgibt den Schutzraum mit 33 Anlegeplätzen für Sportboote, die sämtlich mit Landstrom ausgestattet sind. Auch wird es sanitäre Anlagen geben, jedoch keine Duschen. Ein Hafenmeister wird ebenfalls in der Ausschreibung genannt. Dennoch soll auch die Hufeisen-Bucht von Prerow ausschließlich als Nothafen dienen.
„Da aufgrund der naturräumlichen Verhältnisse nur eine vergleichsweise geringe Anzahl an Liegeplätzen zur Verfügung steht und die Etappenfunktion von möglichst vielen Crews genutzt werden soll, ist ein längerer Aufenthalt von Gästen auch im neuen Inselhafen nicht vorgesehen“, so ein Ministeriumssprecher gegenüber float.
Das bedeutet, dass dort Yachten nur maximal 24 Stunden bleiben dürfen. In Darßer Ort waren die Kriterien strenger. Nur bei definierten Notlagen wie zum Beispiel Schlechtwetter, Kopfschmerzen, Spritmangel oder übermüdeter Crew durften Boote dort für 24 Stunden Schutz suchen.
Liegegebühren noch offen
Zum Bauaufwand gehören nicht nur die Aufschüttung der Mole, sondern auch die komplett neue, rund 720 Meter lange Seebrücke nebst Abriss der alten Anlage. Auch einen Anleger für Fahrgastschiffe und acht Innen-Liegeplätze für Fischer soll es geben. Die DLRG bekommt ebenfalls eine Parkposition, für Havaristen wird daneben ein 16 Meter langer Liegeplatz dauerhaft frei gehalten. Gastlieger müssen allerdings für den Aufenthalt zahlen.
Kostendeckend wird die Liegeplatz-Vermietung im neuen Hafen jedoch nicht sein, verlautbart das Ministerium. Daher bleibt der Inselhafen, dessen Betrieb jährlich 260.000 Euro kosten soll, langfristig ein Zuschuss-Projekt.

Bereits im Nothafen Darßer Ort war das Übernachten – Notlage hin oder her – nicht gratis: Aktuell kostet die Übernachtung für ein 8 Meter langes Boot 9 Euro, für eine 15 Meter lange Yacht sind es 21 Euro. (Für ein 8-Meter-Boot werden in privatwirtschaftlichen Ostsee-Marinas ca. 16 Euro berechnet, dann aber mit Dusche.) Das Verweilen im neuen Inselhafen wird teurer als bisher. „Die Gebühren für Gastliegeplätze werden sich an den Gebühren umliegender Häfen orientieren“, teilt das Ministerium auf float-Nachfrage mit.