Die Seereise kann beginnen: Am 17. September beginnt die 61. Wassersportmesse Friedrichshafen am Bodensee, Ende der Saison 2022 und zugleich Auftakt für die kommende. Sie endet eine Woche später am 25. September.
Für Felix Klarmann, neuer Projektleiter der Schau, ist mit dem Startschuss die Arbeit noch lange nicht vorbei: Dann läuft er von Stand zu Stand, um die Branche endlich von Angesicht zu Angesicht kennenzulernen. „Vielleicht nehme ich einen Schrittzähler mit, es dürften einige Seemeilen zusammenkommen“, scherzt der Ravensburger.

Klarmann erbte die Funktion des Projektleiters von Dirk Kreidenweiß, der den Messe-Auftritt 22 Jahre lang prägte, erst im Juli dieses Jahres. „So hatten wir wenig Zeit für großartig Neues“, sagt Klarmann fast ein wenig entschuldigend.
348 Aussteller sind gemeldet
Doch schon jetzt kann sich seine erste Messe sehen lassen: 348 Aussteller sind gemeldet, gegenüber 260 im vergangenen Jahr zum 60-jährigen Jubiläum eine gewaltige Steigerung. „Man darf nicht vergessen: Wir sind immer noch in einer Pandemie, das Thema ist nicht ganz vom Tisch.“
Umso stolzer sei er, dass so viele Aussteller die Messe nutzen, um sich dem Publikum zu präsentieren. Und das auch wieder vermehrt auf dem Wasser: Im vergangenen Jahr verkümmerte der Messehafen am Bodensee, aufgrund der hohen Auflagen gab es dort nur zehn Boote. Auch in Fahrt waren sie kaum zu sehen.
In diesem Jahr werden etwa 30 Boote zu Testfahrten im Hafen bereitliegen. Während es in manchen Häfen am Bodensee aufgrund des trockenen Sommers knapp wird, gibt der Projektleiter für Friedrichshafen Entwarnung: „Wir waren im August im ständigen Austausch mit den Hafenmeistern, doch für die meisten Boote entsteht kein Problem.“
Kein Oldtimer-Steg wegen Niedrigwasser
Im Vergleich zum mittleren Wasserstand liegt der Wasserspiegel in Friedrichshafen derzeit etwa 25 Zentimeter tiefer. Das hat nur Auswirkung auf die Boots-Oldtimer: Sie können nicht anlegen, weil für Boote mit größerem Tiefgang keine Stege verfügbar sind. Die traditionelle Oldtimer-Regatta wird wie geplant stattfinden.

Die Zukunft dagegen findet statt: Die „Green Area“, auf der nachhaltige Innovationen aus Bootsbau und Wassersport vorgestellt werden, gibt es auf der kommenden Messe erneut. Wenn auch in homöopathischer Dosis: Sieben Aussteller sind dort vertreten nach Auskunft von Felix Klarmann. „Das wollen wir weiter entwickeln“, verspricht der Projektleiter.
Dazu gehört auch ein Projekt der Firma Ditoma: ein ökologisches Facelift. Dabei wurde ein Motorboot statt mit einem Verbrennungsmotor mit einem Elektromotor ausgestattet. „Ohne größeren Umbau elektrifizieren wir Segel- und Motorboote mit Wellenantrieb von rund drei bis zwölf Tonnen Verdrängung“, sagt Geschäftsführer Dirk Weißenborn, der vor kurzem am Bodensee einen Standort eröffnete.
Stehende Welle kommt wieder
Die Gründe für die stetig steigende Nachfrage seien vielschichtig: kein Lärm, kein Geruch und keine Emissionen, dafür reichlich Power, große Reichweite und echte Freiheit auf vielen Gewässern – denn bereits jetzt gibt es einige Reviere, auf denen Verbrennungsmotoren verboten sind. Weißenborn findet: „Elektrische Bootsantriebe sorgen für ein neues Lebens- und Fahrgefühl.“
Auch auf dem Messegelände wird die Interboot wieder ein Erlebnis-Ort sein, so sind die „Stehende Welle“ für Surf- und der Messe-See für Wakeboard-Erfahrungen erneut zugänglich. In den Hallen gibt es zwei Testbecken sowie ein umfangreiches Programm an Workshops und Vorträgen. Klarmann: „Das haben wir zurückgeholt.“

Der Projektleiter, der zuvor einige Zeit als Clubmanager für den Frankfurter Golf Club tätig war, ist auf dem Wasser noch in der Orientierungsphase. Insbesondere privat: „Ich habe Sport studiert und bin sehr wassersportaffin, habe mich aber noch nicht entschieden, welche Art Wassersport etwas für mich ist.“
Verliebt in die Messe
Persönlich interessant findet der Ravensburger zwei Premieren in Friedrichhafen: Den aufblasbaren Motorkatamaran Portless Catamaran aus Ungarn, der ohne Hafen auskommt. Es wiegt nur 120 Kilogramm und wird nachhaltig mit einem kleinen Elektromotor angetrieben. Ist die Luft aus dem vier Meter langen Kleinfahrzeug entwichen, passt es in jeden Kofferraum.
Auch die Interboot-Weltpremiere Virtue V10, ein sportliches Tagesboot aus Polen, findet Klarmann besonders interessant, weil sie „optisch was hermacht“. Die V10 wird vom Schweizer Händler Swissnautik aus Kreuzlingen präsentiert. Wie er nutzen viele Hersteller vom eidgenössischen Bodensee-Ufer schon seit Jahren die Messe als internationales Schaufenster, auch dieses Jahr.
Auf diese Kontinuität ist Felix Klarmann stolz. Seit er im Juli offiziell mit der Organisationsleitung beauftragt wurde, habe er sich „ein bisschen verliebt in die Messe“. Jetzt beobachtet er mit Vorfreude, wie sich die Hallen füllen und immer mehr Menschen, die er bisher nur vom Telefon kannte, vor Ort einfinden. Das mache eben eine Messe aus: „Mein Team und ich bieten ein Life-Erlebnis.“ Gerade in dieser Branche sei das so wichtig: „Hier geht es darum, Produkte anzufassen, zu fühlen, zu riechen.“
Weltpremieren auf der Interboot
Besonders interessant sind für viele natürlich die Produkte, die es bisher nirgendwo zu sehen, anzufassen und zu riechen gab. Sprich: die Weltpremieren. Davon hat die Interboot einige zu bieten.
Auf die Schweizer ist Verlass: W.A.R. aus Adlingenswil bringt die brandneue Candela C-8 mit auf die deutsche Seite des Bodensees. Das Tragflächenboot gleitet mit dem selbst entwickelten neuartigen C-Pod-Elektroantrieb so leise übers Wasser, dass die sechs Bordlautsprecher mit Subwoofer unterwegs Konzertakustik erzeugen, so der Hersteller.
Von Europe Marine kommt Viper 225 Toxxic als Weltpremiere von Mainz in die Friedrichshafener Messehallen. Toxxic ist die besonders flotte Variante der Viper-Motorbootserie mit hoher Motorleistung. Die 6,80 m lange Neuheit verbindet die klassische Bowrider-Aufteilung (mit Sitzen nach vorne) mit einem Innenbordmotor. Da der Mercruiser oder Volvo Penta bis zu 350 PS unter Deck liegt, gibt es viel Platz fürs Sonnenbaden auf der achterlichen Liegewiese.
Ein Tagesboot, das genug Platz für Familien bietet, ist die schnittige Finnmaster T9 aus Finnland. Lange unterhalb des Radars der deutschen Bootskäufer, ist das schnelle und superelegant gestaltete Boot eine Wonne in jeder Hinsicht. In der Schweiz sind Finnmaster und die von derselben Werft stammenden Grandezza-Boote dagegen eine feste Größe. Unser float-Test folgt.
Wenn’s schnell sein soll
Ein „Adventure-Boot mit Fokus auf Qualität und Nachhaltigkeit“ ist die schon erwähnte schweizerische Virtue V10. Das Sportboot im 10-Meter-Bereich mit zentralem Steuerstand und festem Sonnendach mit Solarzellen kommt als Weltpremiere – und sieht einer Ryck, Axopar oder Wally sehr ähnlich.
Die Facelift-Premiere kommt von Ganz am Zürichsee. Die von float vor längerem getestete Ovation 7.6 Open erhielt optische und funktionale Aufwertungen, wie edles Chrom fürs Auge und eine optimierte Rumpfform. So ist das Boot jetzt für zehn statt bisher für acht Personen zugelassen.
Moomba Craz – ist dieser Bootsname Programm? Das neu gestaltete Modell von Moomba hat es rechtzeitig zur Interboot nach Europa geschafft. Präsentiert wird das Wakesurfboot – es wird schon zur Gewohnheit – von der schweizerischen Moomba Supra AG.
Für Segler
Die brandneue Pointer 30 aus den Niederlanden ist extra für Binnengewässer konzipiert. Wiederum sind es Schweizer, die das trotz 9,20 m Länge sportliche Boot von der Yachtwerft Heeg an den Dreiländersee bringen. Heeg ist in vielen Revieren zu Hause, so bauen die Holländer auch die günstige Randmeer-Jolle für Einsteiger.

Ein teleskopierbarer Fender aus Österreich könnte für mehr Platz an Bord sorgen. Der in vielen RAL-Farben erhältliche Pop-Fender wird zum Verstauen einfach zusammengeschoben. Die einzelnen Segmente sind bei Bedarf austauschbar. Nach Neustadt und Werder erstmals in Friedrichshafen zu sehen sind die Segelboot-Solarmodule von Flin Solar, die in den Mast gehängt werden können.