Wenn der Atlantik einmal erreicht ist, die Passage über den Ozean immer näher rückt, stehen plötzlich ganz neue Herausforderungen im Vordergrund. Wie verpflegen wir uns mitten auf dem Atlantik? Was müssen wir an Vorräten dabei haben? Und sind wir gefeit vor Seekrankheit? Nach dem Schwerpunkt Sicherheit im dritten Teil der Serie geht es diesmal um Kochen und Proviantieren, Psyche und Seekrankheit, Reparaturen und Ersatzteile, das erste Einklarieren und darum, wie es ist, mit Tieren an Bord zu segeln.
Prost Mahlzeit
Wer über den Atlantik segelt, der muss sich unweigerlich mit einer intensiven Küchenplanung auseinandersetzen. Und das kann, je nach Crewstärke, zu einer logistischen Herausforderung werden. Bei der Vorbereitung gilt, wie später in der Pantry selbst: Zu viele Köche verderben den Brei. In unserem Fall wurde Arzum zur Proviantmeisterin erkoren. Und auch zur Chefin am Herd. Nicht aus einer tradierten Rollenverteilung heraus, sondern auf ihren eigenen Wunsch. Im Gegenzug wurde sie von den Nachtwachen freigestellt.
Der Job am Herd ist einer der härtesten während einer Überfahrt. Wer bei einer vier bis fünf Meter hohen Welle mal versucht hat, unter Deck zu kochen, der wird das bestätigen. Die eigentliche Herausforderung beginnt aber lange vor Abfahrt: beim Proviantieren und Verstauen. In unserem Fall wollten vier hungrige Mäuler gestopft werden. Für mindestens zwei, vielleicht aber auch mehr als drei Wochen.

Für die ersten Tage auf See hatte Arzum vorgekocht und das Essen eingefroren, für Tage mit ruhigerer See frische Zubereitungen eingeplant und an Tagen mit viel Wind und Welle einen großen Vorrat an Konserven gebunkert.
Küche als No-go-Area
Apropos bunkern. Für den besseren Überblick sollte wirklich nur ein Crewmitglied diese Aufgabe übernehmen. So ist sichergestellt, dass zumindest eine Person an Bord weiß, wo was zu finden ist. Auch sollte der Kühlschrank im Idealfall eine No-go-Area für alle außer dem Koch sein, zumindest sollte er nicht wahllos geplündert werden.
Wir haben für die kleine Mahlzeit zwischendurch eine spezielle Box mit Wurst, Käse, etc. zusammengestellt, an der sich jeder jederzeit bedienen durfte. Der Rest aber war tabu. Da wir jede Nacht frisches Brot gebacken haben, musste also niemand zwischen den Hauptmahlzeiten Hunger leiden – oder schlimmer noch: den Smutje wecken.

Obst und Gemüse haben wir in Netzen unter Deck oder an Deck unterhalb der Solarpaneele auf dem Geräteträger aufbewahrt. Somit bleibt es sehr lange frisch, da es ausdünsten kann. Beim Einkauf sollte darauf geachtet werden, dass Obst und Gemüse weder gekühlt und schon gar nicht eingefroren waren. Das minimiert die Haltbarkeit ungemein. Also am besten auf dem Markt einkaufen.
Das gleiche gilt für Eier. Sie sollten zudem aus den Pappkartons genommen werden, da sich in den Kartons Insekten, Larven oder Eier festgesetzt haben können, die man mitten auf dem Ozean nicht als blinde Passagiere begrüßen möchte. Wir haben daher die Eier in speziellen Plastikschalen verstaut und den Pappmüll entsorgt. Ähnliches gilt für die Konserven. Wir haben alle Papieretiketten entfernt und die Dosen mit einem wasserfesten Stift beschriftet. Das hat auch den Vorteil, dass kulinarische Überraschungen ausbleiben, wenn sich aufgrund von Feuchtigkeit die Etiketten lösen und man statt der Erbsen wieder mal den eingelegten Pfirsich erwischt.
Lorbeerblätter gegen Insekten
Als ein unverzichtbares Haushaltsgerät hat sich bei uns der Vakuumierer erwiesen. Alles an Hülsenfrüchten, Reis, Zucker und Mehl haben wir vakuumiert. Das heißt, einige Kilogramm Mehl für das Brotbacken haben wir in leere 5-Liter-Wasserflaschen umgefüllt. So war das Mehl einfacher zu verwenden. Als Schutz gegen Insekten haben wir Lorbeerblätter in die Mehlflaschen gesteckt. Ob es wirklich schützt, weiß ich nicht. Jedenfalls hatten wir keinerlei Probleme mit Insekten.

Auf einigen Booten herrscht während einer Transatlantik-Passage striktes Alkoholverbot. Wir haben auf das Verbot verzichtet, aber trotzdem kaum Alkohol genossen. Wer eine verantwortungsvolle Crew hat, braucht solche Verbote meines Erachtens nicht. Denn jeder, der bei einer solchen Tour dabei ist, sollte sich der Risiken bewusst sein und einen klaren Kopf bewahren wollen. Wer aber nach einer langen Schicht sich ein kleines, kühles Bier holt, der sollte es auch genießen dürfen. Unsere Vierer-Crew hat auf der gesamten Atlantiküberquerung insgesamt neun kleine Bier genossen. Weit entfernt von einem Rausch.
Lektion 11
Es ist sicherlich richtig und wichtig, sich über die Verpflegung ausreichend Gedanken zu machen. Aber auch wir haben uns ein wenig anstecken lassen, von den vielen Vorbereitungstipps in den sozialen Medien. Wer einen Grundstock an Nudeln, Reis und Hülsenfrüchten an Bord hat, dazu einige Konserven und frisches Obst, der dürfte ohne Hunger zu leiden auf der anderen Seite des Atlantiks ankommen. Im Idealfall beißen ja auch noch ein paar Fische an. Und noch ein letzter Tipp: Auf Geschirr kann bei einer Atlantikpassage getrost verzichtet werden. An den allermeisten Tagen wird nichts, aber auch gar nichts wegen der Welle auf dem Teller bleiben. Wir haben aus Plastikschalen gegessen.
Psyche und Seekrankheit
Wer über den Atlantik segelt, der braucht nicht der beste Segler zu sein. Aber er muss eine gesunde Psyche haben. Und einen starken Magen. Während die Weite des Ozeans, das ewige Wechselspiel aus Wetter, Wolken und Welle und die Einsamkeit faszinierend für die einen sind, ist es eine Tortur für die anderen. Und fast jeder, der die Strapazen der mehrere Wochen andauernden Reise auf sich nimmt, wird sich mal auf der einen, mal auf der anderen Seite wiederfinden.

Zum Glück wurden wir auf dem langen Schlag von den Kapverden in die Karibik trotz unangenehmer Wellen aus bisweilen drei Richtungen von Seekrankheit verschont. Freunde auf anderen Booten berichteten später von einzelnen Ausfällen bis zu zehn Tagen. Das ist nicht nur eine extreme Belastung für den Erkrankten, sondern auch für den Rest der Crew. Und je kleiner die Crew, desto größer die Herausforderung.