An Tulln nahe Wien fließt die Donau gemächlich an den Messehallen vorbei. Gemächlich geht es hier auch bei Shows wie „Du & das Tier Tulln“ oder „Austro Agrar“, der Fachmese für Stalltechnik und Saatgut zu. Wenn aber die Boot Tulln stattfindet, so wie in dieser Woche (1. bis 4. März), verwandelt sich die Blumenstadt in Niederösterreich für vier Tage zum unangefochten größten Treffpunkt für Electric Boating in Europa.
Österreich ist traditionell erfinderisch
Österreichs einzige Bootsmesse von Rang ist nicht sehr groß. Doch nirgendwo ist die Dichte an Motorbooten, die elektrisch oder hybrid angetrieben werden, so groß wie hier. Wie in einem Brennglas zeigt die Boot Tulln die Entwicklung elektrischer Bootsantriebssysteme. Kein Wunder: Da auf zahlreichen Gewässern der Alpenrepublik Boote mit Verbrenner-Motor nicht zugelassen sind, ist man hier traditionell erfinderisch, um dennoch motorisiert aufs Wasser zu kommen.
Besonders stark vertreten bei Produkten für das elektrische Bootsfahren sind daher Werften und Motorenhersteller aus Österreich. Mit Frauscher, Lex, Marian, Schmalzl, Ortner, Stickl und Pehn stellen alle wesentlichen Bootshersteller ihre Neuheiten aus.

Die Frauscher Bootswerft zeigt die mit Torqeedo Deep Blue Systemen angetriebenen Boote 650 Alassio und 610 San Remo. Außerdem zu sehen ist die 747 Mirage.
Ortner Boote zeigt das leistungsstärkste Elektroboot der Messe: das Super Air Nautique GS20 Electric. Nicht das Boot selbst, sondern die Konzeption stammt aus Österreich. Das Crossover-Boot für aktiven Wassersport kommt mit 180 kWh Leistung. Versprochen wird dabei ein Drehmoment von mehr als 800 Newtonmetern. Zwölf Stunden Laufzeit auf dem Wasser sollen möglich sein. Auf diesen Test bin ich sehr gespannt.
Drei Weltpremieren aus Niederbayerm
Kaiser Boote aus Niederbayern kommt drei Weltpremieren ein Stück stromabwärts: Der Bootsbauer aus Straubing an der Donau zeigt mit der Kaiser K-500 RS einen eleganten Retro-Runabout. Das K-4.0 ist ein ultraleichtes Boot für Verbrenner- und E-Außenbordmotoren. Geeignet für den Autodach-Transport, kommt es ins Gleiten und kann bis 40 PS motorisiert werden.
Dass Bootsbaumeister Jürgen Kaiser auch große Verbrenner-Motoren schätzt, zeigt das Wasserskiboot K-550 mit Wellenantrieb und dem hauseigenen, 525 PS starken V8-Motor. Die Basis ist ein Corvette-Aluminiummotor mit 6,2 Litern Hubraum, der von der Kaiser Bootsmanufaktur marinisiert und veredelt wird.

Die Kärntener Bootswerft Lex ist mit einer Special Edition ihrer bekannten Lex 610 vertreten. Die Hersteller vom Wörthersee stellen gemeinsam mit dem deutschen Künstler Tomasi Sulu’ape ihr Tattoo-Boot eLex 610 für Elektro- oder Benzinantrieb vor. Das Motto: Samoanische Tätowierkunst trifft auf Designboot. Das Kunstobjekt kann wahlweise mit zwei bis 60 kW leistenden Elektromotoren oder mit maximal 60 PS starken Benzin-Außenbordern angetrieben werden.

Boote Marian setzt komplett auf elektrische Antriebe. Mit der Laguna 760 ist ein Finalist des Best of Boats Award 2017 in der Kategorie ausgestellt. Das Boot überzeugte die Juroren beim Test auf dem Starnberger See durch seine Durchzugskraft als Wassersportboot. Außerdem zeigt Marian in Tulln die Modelle Magic 640, Eclipse 580, Delta 600 und Capriole 700. Ein weiterer BOB-Finalist in Tullln ist das Elektroboot Pehn eVario 660 von Bootsbau Pehn, der schon 2016 in der Kategorie der Familienboote nominiert wurde.

Freie Wahl der Marken
Stickl Boote kommt mit einer Österreich-Premiere. Das E-Xcellence 820 hat dank Vakuum-Infusions-Technologie ein reduziertes Eigengewicht, was den Halbgleiter neben der optimierten Masseverteilung und dem modernen Antriebsstrang zu toller Fahrdynamik verhelfen soll. Außerdem zeigt der Weidener Hersteller die Modelle Stickl 600 und 660. Maletschek Nautics, die Firma hinter der Marke Stickel, zeigt auch die bekannten dänischen Rand-Boote, die wir in der float-Redaktion bereits getestet haben. Gezeigt werden die offenen Ausflugs-Bötchen Rand 18, Rand 24 und Rand 28.
Das Angebot ist schier unbegrenzt. Die Marine Power Brand zeigt die Gozzo Ligure 530. Boote Urban bringt Aquastar-Elektroboote mit. Die ungarische Marke Alfastreet wird von Boote Mittendorfer präsentiert: Gezeigt werden die bekannten Modelle Energy 18 sowie die neue Energy 23. Als Weltpremiere ausgestellt ist Nostalgia Mare der gleichnamigen deutschen Bootsmanufaktur.
Boote Roschek stattet Crescent-Motorboote mit E-Motoren aus. Fox-Boote unternimmt Ähnliches mit der Coaster 600 DC und der Corsiva 475 New Age. E.Mission-Yacht schließlich ist mit der Elegance 7.0 vor Ort. Zusätzlich zu den reinen E-Booten sind verschiedene Modelle von Jeanneau, Beneteau, Saver und Galia mit E-Motoren ausgestattet.
Alte Bekannte von der Elektrofraktion sind seit Jahren in Tulln zu sehen: Dazu gehört der Marinekart 338, ein sehr kompakter Flitzer, der mit dem Torqeedo Cruise 4.0 ungeahnte und mitunter brachiale Durchzugskraft entwickelt. Oder die rein elektrisch Julika 660 von Boote Schmalzl, die wir bereits 2011 gefahren sind. Wie war noch der erste Eindruck des schubstarken Hybridboots? „Es dauert in etwa fünf Sekunden, dann bin ich Julika verfallen, so schön ist die Optik des auf Bug und Süll mit Mahagoni versehenen Boots.“

Seit dem Launch der Julika kamen einige Generationen von Elektromotorensystemen in die Welt. Wesentlich getrieben wurde diese Entwicklung von Torqeedo, dem bayerischen Marktführer bei elektrischen Bootsmotorensystemen. In Tulln präsentiert Torqeedo unter anderem seine Neuheiten 2018, darunter die neue Hochkapazitäts-Batterie BMW i8. Austro-E-Motoren und die entsprechende Systemtechnik wird von Aquamot, Kräutler und Piktronik präsentiert, um nur einige zu nennen. Elektropolis? Das liegt in Österreich.
Boot Tulln
1. bis 4. März 2018, täglich von 10 bis 18 Uhr
Messegelände, A-3430 Tulln (Österreich)
Karten zum ermäßigten Eintritt von 11 statt 13 Euro gibt es hier.