Fragt man Menschen, die in den 1980ern oder früher geboren wurden, würden sie zur augenblicklichen Wetterlage sagen: Solche Winter hatten wir jedes Jahr. Inzwischen sind diese Wintereinbrüche seltener, aber nicht unwahrscheinlicher geworden. Zwar geht die Klimaerwärmung unvermittelt weiter, doch sie sorgen gleichzeitig auch für trägere und damit stabilere Wettersysteme. So eine Lage sehen wir derzeit – und das ist auch für die deutschen Küsten bestimmend.

Luftdruck sorgte für Ostwindsturm
Konkret: Ein kräftiges und sich noch verstärkendes Hoch liegt über Skandinavien. Und die Tiefdruckgebiete versuchen von Süden her dagegen anzulaufen. Die kalte Luft ist nicht nur schwerer, sondern auch massiver. Warme und feuchte Luftmassen gleiten so herauf und kommen in Form einer Warmfront zum Stehen. Das haben wir am Sonntag mit den massiven Schneemassen über Niedersachsen gesehen.
Gleichzeitig hat sich der Druckgradient zwischen dem Hoch im Norden und dem Tief im Süden verstärkt. So konnte sich ein Ostwindsturm einstellen, der mehr als 48 Stunden anhielt. Dies hatte zur Folge, dass an der Nordsee Niedrigwasser vorherrschte und die Fähren ihren Betrieb einstellen mussten.
Hochwasser an der Ostseeküste
An der Ostseeküste war das Gegenteil der Fall: Hochwasser. Mit teils 1,20 m über Normal schwappt dabei vielerorts das Wasser über die Ufer. Das ist durchaus typisch für die Jahreszeit. Und es gefror sofort in der Luft. Bizarre Eisskulpturen entstanden in Wassernähe. Da der Ostwind und damit der Zustrom an kalter Luft aus dem Raum Finnland und Russland weiter anhält, frieren nicht nur die Seen zu. Auch die Eisbildung auf der Ostsee wird immer wahrscheinlicher, und sie hat zum Teil auch schon begonnen.

Die Ostsee zeigt dabei einen weiteren Nebeneffekt: den „lake effect“. Bekannt von den großen Seen in den USA und Kanada, strömt auch über die Ostsee besonders kalte Luft. Sie wird durch das vergleichsweise warme Wasser – rund 4 Grad Celsius – mit Wärme und Feuchtigkeit angereichert. Diese Feuchtigkeit wird über den kalten Landmassen direkt wieder fallengelassen.
So konnten sich Schneeschauerstraßen von Fehmarn bis Ostholstein und zwischen Rügen und dem mittleren Vorpommern bilden – teils mit 40 cm Neuschnee. Diese Regionen sind so scharf begrenzt, dass nur wenige Kilometer abseits der Schauerstraßen kaum noch Flocken zu sehen sind.
Wie geht es in den nächsten Tagen weiter?
Da die kalte Luft sehr schwer ist und die Tiefdrucklage auf dem Atlantik derzeit keine Orkantiefs sieht, wird es schwierig werden, die Luftmasse aus Mitteleuropa auszuräumen. Ein Sturm wie Orkantief „Sabine“, der vor exakt einem Jahr über Deutschland hinwegfegte, ist nicht zu erwarten. Der Winter, wie wir ihn uns oft wünschen, geht daher weiter. Aber nicht nur das: Das Skandinavienhoch drängt ebenfalls weiter Richtung Süden.
Das hat zur Folge, dass der Wind einschläft. Die Nächte in den kommenden Tagen werden klar sein. Damit sinken die Temperaturen nochmals deutlich. Gerade über Schneeflächen sind Werte von minus 20 bis 25 Grad Celsius möglich.
Die Eisbildung im Hafen schreitet in der Folge weiter und auch schneller voran. Das Leben an Bord im Winter wird damit noch etwas beschwerlicher. Dieser Winter ist gekommen, um erst einmal zu bleiben.