Der südliche Ozean ist fast überwunden für die Segler der Vendée Globe. Aber zum Abschluss droht ein mächtiger Höhepunkt: das Nadelöhr zwischen Südamerika und Antarktis, das Kap Hoorn. Wellenchaos, Eisberge, Sturmböen stellen sich den Seglern hier auf engstem Gebiet entgegen. Kein Wunder, dass mehr Menschen ins All aufgebrochen als einhand erfolgreich ums Kap Hoorn gesegelt sind.
Jede und jeder, die hier unterwegs ist, kann sich darauf verlassen, zwischen Neuseeland und Kap Hoorn in ein ausgewachsenes Tief zu geraten. Auf diese eigenwillige Art sagt der südliche Ozean auf Wiedersehen. Wer diesen finalen Schlag ins Kreuz übersteht, fühlt sich als Herrscher der Welt. Man hat es geschafft!
Dieses Jahr soll die Passage um Kap Hoorn die härteste sein, die ein Vendée-Globe-Leader seit vielen Ausgaben des Solo-Non-Stop-Rennens um die Welt erlebt hat. Wellen so hoch wie ein dreistöckiges Gebäude und Wind mit Böen bis zu 55 Knoten werden in den nächsten Stunden für Yannick Bestaven und Charlie Dalin erwartet. Beide umrunden das Hoorn, das letzte der drei großen Kaps der Vendée Globe, zum ersten Mal.

Hoffnung auf Nachsicht von Rasmus
„Ein Tropfen für mich, ein Tropfen für das Boot, ein Tropfen für Neptun, in der Hoffnung, dass er Nachsicht mit uns hat“, sagte Charlie Dalin, der Zweitplatzierte, gestern und feierte so seine Ankunft im Jahr 2021. Auch Boris Herrmann hat zum neuen Jahr sich und Rasmus einen Schluck gegönnt.
Am heutigen Samstag hat der 48-jährige französische Skipper Yannick Bestaven auf der Maître CoQ IV um 13:42 Uhr UTC das Kap passiert und ist mit einem geschätzten Vorsprung von über 160 Seemeilen vor dem Zweitplatzierten Charlie Dalin (Apivia) aus dem Pazifik zurück in den Atlantik gefahren.

Als Dritter segelt Ruyant hinter dem Tief, in einer eisigen südwestlichen Windströmung, die die gesamte Gruppe gestern am Neujahrstag beschleunigt hat. Das Tempo ist wieder einmal unerbittlich, und die Abstände zwischen den Booten in dieser Gruppe sind winzig. Boris Herrmann liegt aktuell auf Postion sechs, gefolgt von Jean Le Cam.
Er wurde bei der Vendée Globe 2008/2009 hier am Kap Hoorn nach seiner Kenterung gerettet. Es war das gesunkene PRB-Boot von Kevin Escoffier, das bei jener Vendée Globe die Retterrolle spielte. Der seinerzeitige PRB-Skipper, Vincent Riou, hatte Jean Le Cam nach Kielabriss und Durchkentern aus Seenot gerettet.
Monstersturm im Nadelöhr
Ich lag bei derselben Vendée Globe 2008/2009 am Kap Hoorn hinter Brian Thompson und vor Arnaud Bossieres, als sich in unserem Rücken ein gigantisches Tief aufbaute, das uns ins Visier nahm. Es hätte uns genau auf Höhe des Kaps erwischt. Der ultimative Schicksalshammer: ein Monstersturm in einem Nadelöhr. Die Rennleitung zog die Reißleine.