Auf Hiddensee, der idyllischen Insel vor Rügen, ist ein heftiger Streit um einen Hafenausbau entstanden. Kommunalpolitiker sehen darin einen wichtigen Entwicklungsschritt im Einklang mit dem Naturschutz. Teile der Bevölkerung dagegen sind alarmiert; sie befürchten ungebremsten Tourismus.
Ein Sommertag im Hafen von Vitte: Die Fähre von Rügen legt an, Familien mit Koffern werden ausgeladen und steigen um auf Pferdekutschen. Das sind hier auf der autofreien Ferieninsel die Taxis. Daneben hieven Fischer ihren Fang vom Kutter, ein Frachtkahn lädt Baumaterial ab, ein paar Segelyachten machen fest. Geschäftiges Treiben, das die Touristen begeistert beobachten und mit ihren Handys festhalten.
Geht es nach dem Willen der Inselverwaltung, muss dieser bunte, aber auch etwas chaotische Zustand möglichst bald beendet werden. Im Süden des alten Gewerbeareals soll eine neue Mole die Hafenfläche mehr als verdoppeln. Dahinter wird laut Planung eine großflächige Photovoltaikanlage aufgebaut – sowie 135 Liegeplätze für Yachten, ein Beitrag zur Liegeplatz-Not in der Ostsee. Der Hafen von Vitte wäre damit auf einen Schlag die größte Marina der Insel.
Auch eine Meerwasserentsalzungsanlage soll entstehen, die Hiddensee mit Süßwasser versorgt. Vor allem in den Sommermonaten, zur Hochsaison, wird Wasser knapp auf der Insel. Eine Mehrzweckhalle und eine Freilichtbühne sieht das Hafen-Konzept ebenso vor wie Liegeplätze für bis zu zeitgleich fünf Binnen-Kreuzfahrtschiffe. Eine Karte im Anhang, auf der die Mole und Infrastruktur an Land skizziert sind, verdeutliche die umfangreichen Maßnahmen. Anders als die drei Yachthäfen hat der Stadthafen Vitte bisher keine umfassende Mole.
Bürgerinitiative fordert Petition
Was da von einem Hafenentwickler aus Kiel als erster Entwurf vorliegt, sorgt auf der Insel inzwischen für heftige Kontroversen. Eine Bürgerinitative will das Projekt verhindern. Für eine Petition unter dem kämpferischen Slogan „Naturnahe Hafensanierung statt Monsterprojekt!“ haben die Menschen dahinter aktuell 6.220 Unterstützerinnen und Unterstützer gewonnen, davon 263 Insulaner. Auf Hiddensee leben knapp eintausend Menschen. Es gibt aber etwa 3.500 Gästebetten. Diese Zahlen verdeutlichen, wie klein die Strukturen dort sind – und wie leicht Wachstum in Richtung Überfüllung kippen kann.

Hiddensee ist bisher ein Beispiel für sanften Tourismus. Hierher kommen Familien, die Ruhe suchen. Partys und Festivals gibt es nicht. Nach Einschätzung der Initiative wird die neue Marina das Gesicht der Insel nachhaltig verändern – zum schlechteren. Die neuen Liegeplätze könnten Dauerlieger besetzen, die ihre Boote an Feriengäste vermieten, befürchten manche – unerwünschte Konkurrenz und zusätzliche Belastung für die Insel, die in den Sommermonaten von Tourismus stark ausgelastet ist. In der Mehrzweckhalle und Freilichtbühne befürchten viele eine Lärmbelästigung.
Auch die Meerwasserentsalzung halten einige für einen Trick: Wenn ausreichend Wasser vorhanden ist, könnte die bisher restriktive Baupolitik sich ändern. „Dann gibt es kein Argument mehr gegen Neubauten“, sagt ein Insulaner, der namentlich nicht genannt werden möchte, gegenüber float. Und: „Es gibt bereits drei Yachthäfen, das wäre dann der vierte, aber den braucht keiner. Der verändert alles. Ich sehe meine Insel davonschwimmen.“