Es wird nicht richtig hell in Helsinki. Dann, wenn es mitten im Winter für viele Bootsjournalisten hoch in den Norden geht, wo die nordischen Bootspremieren 2020 bei der Vene Bat zu sehen sind. Auch mittags scheint die Sonne über der finnischen Hauptstadt direkt auf die dichte Wolkendecke.
Die Februarstimmung ohne Schnee hüllt die modernen Messehallen in sanftes, matt glänzendes Grau – so wie Aluminium. Das ist der Hauptwerkstoff für viele Boote, die auf der Messe Vene Bat 2020 präsentiert werden. Finnland ist traditionell eines der stärksten Hersteller-Länder für die Produktion von robusten Aluminiumbooten.

In den beiden größten Hallen sind rund 500 Boote zu sehen – in Alu, aus GFK und aus Mischformen von beidem. Für die zum Wintermeeting anwesenden Juroren des Best of Boats Awards sind die Bootshallen der spannendste Bereich – weit überwiegend mit Motorbooten gefüllt, darunter den nordischen Premieren des Modelljahrs 2020.
Die nordische Koalition
Die große Neuheit im letztes Jahr war in Helsinki das Zusammengehen der finnischen Werft Bella mit der schwedischen Nimbus-Gruppe, die das Lebenswerk des heute 71-jährigen Werftgründers Raimo Sonninen durch Kauf übernommen hatte. Auf der diesjährigen boot Düsseldorf präsentierte sich die große nordische Werftgruppe mit ihren vielen Marken zum ersten Mal auf großer Fläche direkt nebeneinander.
Nun, im heimischen Helsinki, folgte das Resümee nach einem Jahr Zusammenarbeit. Jan-Erik Lindström, Chef von Nimbus Boats Sweden AB, gab erfreut zu Protokoll, dass die Union der beiden Bootsbau-Leuchttürme bisher sehr viel reibungsloser als erwartet abgelaufen ist. So wird das neueste Modell der neuen Nimbus-Daycruiser, die Nimbus T8, in Finnland produziert werden – und nicht wie bisher in Polen.
Im Gespräch mit float kündigte Lindström an, dass die Marken der schwedisch-finnischen Werftgruppe „buchstäblich wie an einer Perlenschnur“ aufeinander aufbauen. Für die nahe Zukunft gelte es nun, alle Marken mit jeweils eigener Identität Leben einzuhauchen. Keine leichte Aufgabe. 2012 war es noch Bella Boats gewesen, die Nimbus aus der Insolvenz kaufen wollten und dann einen Rückzieher machten.

Erfolgreiche Schweden in Helsinki
Mit Gustav Hasselskog stellte ein anderer erfolgreicher Schwede in Helsinki aus: Die foilende Candela Seven – von float vorgestellt unter dem Titel Gib mir Flügel und ich schwebe – setzte hier ihre Europatour fort. Das elektrische Motorboot hatte im November in Berlin den Best of Boats Award erhalten. Die Candela wurde mit der erstmals vergebenen Kategorie Best for Future ausgezeichnet und war auf der boot Düsseldorf ein echtes Novum.
Das Team der Rumpfentwickler von Petestep um Jonas Danielsson stattete der Schau in der finnischen Hauptstadt ebenfalls einen Besuch ab. Ein Grund dafür war sicher auch die erste Präsentation der Silver Viper. Das größere Schwestermodell der Silver Tiger, Gewinnerin des Best of Boats Awards 2019, hatte in Helsinki Weltpremiere. Mit der besonders Sprit sparenden Rumpfform hat Petestep wesentlichen Anteil am Erfolg des finnischen Tigers.
Auch ein bekannter Norweger war vor Ort, um seine Neuheit zu zeigen: Espen Thorup aus Oslo, der immer für eine Überraschung gut ist.
Besuch bei den Vätern der Premieren
Espen Thorup stellte mit der Nordkapp Gran Coupe 905 eines seiner bisher größten Bootsdesigns vor. Lang und schmal, gleicht der Schiffskörper eher einer Rakete als einem Familienboot. An Deck setzt sich die Linie fort. Bei der Begehung mit dem Schöpfer wird schnell klar, dass für ihn – bei aller Familientauglichkeit – im Zweifel die schnittige Form vor dem üppigen Platzangebot steht.

Sollte die Nordkapp GC 905 mit ähnlich guten Fahreigenschaften aufwarten wie andere Konstruktionen des norwegischen Bootsdesigners, spielt es sicher weit vorne in der Gunst der Käufer und Award-Juroren mit.
Auch in der Anglerhalle „Uusi Aalto“ gibt es Neuheiten. Rund um den Pool stehen voll ausgestattete Anglerboote von Buster Boats. Zum ersten Mal mit dabei ist die von float bereits getestete Neuheit Buster XL – unsere ausführliche Reportage folgt. Die Rezeptur der Buster-Boote fasste einmal float-Tester Uwe G. Meiling zusammen: „Man nehme die aktuell kräftigsten Außenborder, ein solide gebautes und sicher laufendes Boot mit scharf aufgekimmtem Rumpf, das dank Marinealuminium Leichtigkeit verspricht. Und schon hat man ein Powerboot par excellence.“

Der ehemalige Marketingchef Antti Kyöstila hat es einmal so beschrieben: „Buster-Boote sind für Eigner gedacht, auf deren Wunschliste Luxus nicht an erster Stelle steht. Buster baut keine Deko für die Marina, sondern ein robustes Werkzeug für die gesamte Bootssaison.“
Nachwuchs beim Award-Gewinner Silver
Silver war über Jahrzehnte bekannt für seine Boote aus Aluminium. Die neue Z-Serie von Silver, ein Zukauf mit glücklicher Hand, zeigt, dass es auch andersherum geht: Aluwerften bauen Award-würdige Boote in GFK.
Nach dem doppelten Award-Erfolg mit dem Silver Tiger zeigte der finnische Mischkonzern Brandt auf der Vene Bat das neueste Z-Modell mit Petestep-Rumpf: die Silver Viper. Mit knapp sieben Metern ist die Viper mittig eingepasst zwischen dem agilen Tiger und dem vor zwei Jahren vorgestellten schnellen Tourenboot Silver Raptor.
Das 6,72 m lange Premierenboot hat einen von Petestep komplett neu gerechneten Rumpf – so wie die anderen Modelle der Z-Reihe. Der Rumpf besitzt vier Deflektoren, die das Wasser nach unten und hinten leiten und so mehr Auftrieb für das Boot erzeugen. So fährt sich das Boot „höher“ im Wasser als bei einem V-Rumpf. Mit maximal 300 PS am Heck erreicht das Boot 54 Knoten Fahrt, „und das jederzeit sicher“, lacht Wallgren. Die float-Crew wird es beim nächsten Test verifizieren.
Eine Viper als Weekender
Bei der Messebegehung der float-Crew ordnet Verkaufsleiter Christoffer Wallgren die Viper für uns ein. Mit dem separaten Toilettenraum, gleicht die Viper eher einem Weekender als einem Tagesboot. Die geräumige Bugkabine ist mit einer elektrischen Wassertoilette und das Heck mit einem Schubladenkühlschrank ausgestattet. Die Pantry auf der Backbordseite bietet Platz für den Gasherd und ein Waschbecken. Alle Staufächer im offenen Deck sind abschließbar.
