Die Bergung der gesunkenen Schiffe ist in den am stärksten betroffenen Häfen Maasholm, Schilksee und Damp Ende der Woche so gut wie abgeschlossen. Mindestens 50 Boote sind von den Experten vom Marine Claims Service in den letzten Tagen geborgen worden. Es werden wahrscheinlich bis zu hundert werden, vermutet Holger Flindt, Leiter der Schadensabteilung von Pantaenius, bei dem inzwischen 350 Schadensmeldungen eingegangen sind.
„Mit der Schadenreserve, die wir auf Grund von eigenen Erkenntnissen oder Fotos haben, liegt die Gesamtschadensumme derzeit bei circa 6,4 Mio Euro. Ich gehe davon aus, dass es am Ende eher 7,5 werden.“ Auf den Markt hochgerechnet dürfte der Sachschaden bei gut 25 bis 30 Millionen Euro nur für den Bootsbereich liegen. Die Schäden an den Häfen und Steganlagen dürften deutlich höher sein.
Aufarbeiten oder abwracken?
Unter Hochdruck haben die Mitarbeiter vom MCS unter Flindts Leitung mit Schwimmkränen die gesunkenen Yachten aus den Häfen gehoben, Schäden begutachtet und gerettet, was zu retten war. Nun stehen die Boote an Land in den Häfen und warten auf ihr künftiges Schicksal. Doch wohin mit ihnen? Die Winterlager der umliegenden Werften sind voll, die Kapazitäten ausgereizt.

Pantaenius hat eine Lösung gefunden: „Wir laden die Schiffe auf LKWs und bringen sie auf das Gelände der ehemaligen Werft Lindenau in Kiel, wo wir eine Fläche angemietet haben. Hier werden die Schiffe von Bootsbauern fachgerecht zerlegt.“ Heißt, die Boote werden in die verschiedenen Materialien wie Holz, Metall, Kunststoff getrennt und entsorgt. Bootsabwracker wie in Frankreich gibt es an der deutschen Küste noch nicht. Einzig einen in Hamburg. So übernimmt die Rathje-Werft, die sich auch auf dem Gelände befindet, den Auftrag.
Doch nicht alle Boote, die gesunken sind oder als Totalschaden eingestuft wurden, sind gänzlich Schrott. „Als Serviceleistung wollen wir unseren Kunden die Abwicklung abnehmen“, sagt Flindt.


„Wenn das Schiff noch reparabel ist, besorgen wir Reparaturangebote. Wenn es sich um einen Totalverlust handelt, versuchen wir ein Restwertangebot einzuholen um damit den Schaden für uns als Versicherer etwas minimieren zu können.“
Viele Eigner sind überfordert
Rechtlich ist der Eigner selbst für die Abwicklung zuständig. Doch viele Eigner sind mit der Entsorgung überfordert. „Wenn wir kein Kaufangebot bekommen, kümmern wir uns um die Entsorgung und übernehmen auch die Kosten von der Bergung bis zur Abwrackung. Wir haben als Agentur mehr Expertise, haben die besseren Kontakte und können auch höhere Preise erzielen, wenn wir es selbst machen. Es ist unsere Serviceleistung gegenüber den Kunden, die ja schon gebeutelt genug sind.“
Beide, Versicherer und Eigner, profitieren davon durch eine schnellere Schadensabwicklung. Außerdem können sie mit einem Verkauf die Gesamtkosten ein wenig reduzieren. Denn letztlich heißt es: Jeder ist verpflichtet, den Schaden zu minimieren.

Ein Beispiel: Das Boot ist mit 50.000 Euro versichert, Pantaenius kann es noch zu 3.000 Euro an einen Abnehmer weiterverkaufen. Der Eigner bekommt die 50.000 Euro aus der Kasko-Versicherung ausgezahlt und der Versicherer kann die Kosten auf 47.000 Euro reduzieren. Und die Versicherung kann das Geld schneller ausbezahlen, wenn der Schaden zügig abgewickelt wird.
Wirtschaftlicher Totalschaden
Die Mitarbeiter der Schadensabteilung prüfen jedes einzelne gesunkene oder beschädigte Boot und rechnen den Schadenswert mit der Versicherungssumme gegen. Ein Schiff ist dann ein Totalverlust für den Versicherer, wenn die Summe der Wiederaufbereitung durch eine professionelle Werft die Versicherungssumme übersteigt. Doch nicht jedes Boote ist so kaputt, dass es nicht mehr reparabel wäre.
„Ein recht neues Boot mit wenigen mechanischen Schäden und einem hochwertigen Innenausbau kann noch rentabel sein, wenn man es schnell genug birgt. Selbst Hölzer quellen dort nicht so schnell. Wir konservieren sofort die Maschinen, wenn wir die Boote hochholen, sodass die Motoren nicht korrodieren.“

Aber wer will ein auf Tiefe gegangenes Boot denn überhaupt haben? „Es gibt Leute, die reparieren die Boote in Eigenarbeit und sparen so die Lohnkosten“, so Flindt. „Trotz des wirtschaftlichen Totalschadens kann das Schiff noch etwas Wert haben.“
„Auch polnische Werften haben schon Interesse an den Schiffen gezeigt, denn dort liegen die Lohnkosten deutlich unter denen in Deutschland.“ Aktuell prüft der Spezialist für Yacht- und Bootsversicherungen die unterschiedlichen Möglichkeiten des Verkaufs.