Für die Studie des PIK arbeiteten Wissenschaftler aus Deutschland, Frankreich, Belgien, Dänemark, der Schweiz, den Niederlanden, Japan, Australien, Neuseeland, Großbritannien und den USA zusammen.
Mehr als ein halber Meter Anstieg
Allein durch den Beitrag der Antarktis könnte der globale Meeresspiegel in diesem Jahrhundert dreimal so stark ansteigen wie in den Jahren zwischen 1900 und 2000. So lautet das Ergebnis ihres umfassenden Vergleichs der aktuellsten Computermodelle aus aller Welt.
„Der Antarktis-Faktor erweist sich als die größte Unbekannte, aber dadurch auch als das größte Risiko für den Meeresspiegel weltweit“, sagt Leitautor Anders Levermann, der für das PIK und das Lamont-Doherty-Erdobservatorium der Columbia University New York arbeitet.
Levermann fügt hinzu: „Während wir in den vergangenen 100 Jahren einen Anstieg des Meeresspiegels um etwa 19 Zentimeter erlebt haben, könnte der Anstieg durch den Eisverlust allein der Antarktis innerhalb dieses Jahrhunderts bis zu 58 Zentimeter betragen.“ Mit dieser Risikoabschätzung liefert die Studie wichtige Informationen für den Küstenschutz.
Der Antarktis-Faktor dominiert
Bislang sind die Ausdehnung des sich erwärmenden Meerwassers und die schmelzenden Gebirgsgletscher die wichtigsten Faktoren für den Anstieg des Meeresspiegels. Der jetzt veröffentlichten Studie zufolge wird der Anteil der Antarktis jedoch wohl absehbar zum wichtigsten Faktor werden. Alle Faktoren zusammen ergeben dann das Gesamtrisiko des Meeresspiegelanstiegs, heißt es in der Studie. Sie wurde in der Zeitschrift Earth System Dynamics der Europäischen Geowissenschaftlichen Union (EGU) veröffentlicht.
Wegen der großen Ergebnisspanne hält man beim PIK in Potsdam die Schätzung für sehr verlässlich. Die Bandbreite der Schätzungen für den zu erwartenden Meeresspiegelanstieg durch den Faktor Antarktis ist recht groß. Geht man davon aus, dass der Ausstoß von Treibhausgasen sich wie bislang fortsetzt, liegt die von den Wissenschaftlern als „sehr wahrscheinlich“ bezeichnete Spanne des Meeresspiegelanstiegs für dieses Jahrhundert zwischen 6 und 58 Zentimetern.
16 Eisschildmodelle aus 27 Instituten
Geht man dagegen von einer schnellen Emissionsreduktion aus, liegt der Anstieg „nur“ zwischen 4 und 37 Zentimetern. Wichtig dabei: Der Unterschied zwischen einem Szenario mit unverändertem Treibhausgasausstoß und einem Szenario mit Emissionsreduktionen wird weiter in der Zukunft wesentlich größer.
Die Forscher berücksichtigten in ihren Berechnungen eine ganze Reihe physikalischer Einflussfaktoren. Sie reichen von der Klimasensitivität auf die Treibhausgasemissionen über den Wärmetransport im südlichen Ozean bis hin zur Meeresströmung unter den antarktischen Eisschelfen. Für ihre Studie haben die Forscher 16 Eisschildmodelle aus 27 Instituten genutzt, während frühere Studien zum selben Thema nur fünf verwendeten.
Risiko für Küstenmetropolen
Der Vergleich von Modellergebnissen sei ein wirkungsvolles Instrument, um die notwendigen Informationen für Entscheidungen zu liefern. Auf langen Zeitskalen – also in Jahrhunderten bis Jahrtausenden – habe der antarktische Eisschild das Potenzial, den Meeresspiegel um mehrere zehn Meter anzuheben, so der Forscher. „Was wir mit Sicherheit wissen, ist, dass das Verbrennen von Kohle, Öl und Gas die Risiken für die Küstenmetropolen von New York bis nach Mumbai, Hamburg oder Shanghai weiter in die Höhe treibt“, sagt Levermann.