In vielen Binnenrevieren im Osten Deutschlands wird das Wasser knapp. Das gesamte Netz der Binnenwasserstraßen von Sachsen über Brandenburg bis hinauf zur Müritz in Mecklenburg-Vorpommern verliert seit Monaten spürbar an Substanz. Boote mit mehr als einem Meter Tiefgang sind vielfach nur noch eingeschränkt nutzbar.
Besonders drastisch zeigt sich diese Auswirkung des Klimawandels am Flussufer der Schwarzen Elster. Wer hier steht, sieht den Fluss vor lauter Ufer nicht. An mehreren Abschnitten ist der brandenburgische Flusslauf komplett ausgetrocknet. Und nicht nur dieser: Auch die Weiße Elster und die Spree führen seit Monaten zu wenig Wasser.
Von der Dürre sind das gesamte Flussystem und angeschlossene Seen betroffen. Im März wurde mit nur sieben Prozent des langjährigen Niederschlages zwischen 1981 und 2010 der niedrigste Wert seit Beginn der Wetteraufzeichnungen 1888 gemessen.
Niedrigwasserampel steht auf Rot
Ein Blick auf die neue „Niedrigwasserampel“ des brandenburgischen Ministeriums für Umwelt und Klimaschutz zeigt, dass es sich um ein überregionales Problem handelt. In der Online-Karte sind exemplarisch die Pegel von 26 wichtigen Messpunkten des Bundeslandes aufgeführt. Bis auf drei zeigen alle die Warnstufe „rot“. Nur ein Pegel ist grün. Dabei handelt es sich um die Alte Oder, die durch zwei Schleusen von der Oder abgetrennt und lediglich eine Wasserstraße dritter Ordnung ist.
„Noch haben wir eine volle Badewanne“, erklärt Thomas Frey, Pressesprecher des brandenburgischen Landesamtes für Umwelt, das Reglement für die Wasserversorgung in der Region. Die Schleusen verteilen es zwischen Flüssen, Seen und künstlichen Speicherseen. Hunderte von Messstellen kontrollieren die Pegel, melden innerhalb von zwei bis drei Stunden die Wasserstände weiter. Permanent wird reguliert, werden Zu- und Abläufe geöffnet oder geschlossen. Ein komplexes System, das die Behörden in Brandenburg im Griff haben.
In der Badewanne wird das Wasser knapp
Daher sei das Problem in Berlin noch nicht zu merken. Wer an der Museumsinsel aufs Wasser blickt, wo sich die Fahrgastschiffe drängen, wird keinen Unterschied zu den Vorjahren wahrnehmen. Doch die Hauptstadt wird durch das Wassermanagement der umliegenden Flächenländer bisher großzügig versorgt. „Außerdem gehen die Kolleginnen und Kollegen dort sehr achtsam mit den Schleusen um“, so Frey gegenüber float.

„Doch was uns Sorge macht: Wenn nichts mehr nachkommt, wird auch in einer Badewanne das Wasser irgendwann knapp …“ Schon seit mehreren Jahren regnet es zu wenig, in den vergangenen Monaten hat sich das Problem zugespitzt. Trockenheit und Hitze führen zu vermehrter Verdunstung, insbesondere auf den Seen.
Einen Zentimeter Pegelverlust pro Tag
„In einem 1.000 Hektar großen Tagebausee kann der Wasserverlust an einem heißen Sommertag bis zu ein Zentimeter betragen“, sagt Uwe Steinhuber, Sprecher der Lausitzer und Mitteldeutsche Bergbau-Verwaltungsgesellschaft, die in der Lausitz die mehr als 200 Quadratkilometer große Bergbau-Landschaft saniert.

Bevor der Braunkohlentagebau begann, sagt er, sei die Lausitz ein wasserreiches Gebiet voller Seen und Sümpfe gewesen. In den vergangenen 100 Jahren wurde das meiste weggebaggert. Heute herrscht Wassermangel, Gewässer trocknen aus – so wie zum Beispiel der Elsensee südlich Berlins, dessen Zulauf im Sommer gänzlich versiegt.
Ohne Bergbau gibt es noch weniger Wasser
In den vergangenen Jahrzehnten wurden viele Tagebaue geschlossen, mit dem Kohleausstieg geht der Wandel noch schneller vonstatten. Das bringt nicht nur Vorteile: „Durch die notwendige Entwässerung der Tagebaue fällt sehr viel Wasser an, zu Trockenzeiten ist rund die Hälfte der Spree davon gespeist.“ Mit dem Ende des Bergbaus fällt dieses Wasser weg, weil es dann nicht mehr abgepumpt und aufbereitet wird.
Also könnte sich die Wassernot im Osten Deutschlands in dieser Hinsicht noch verstärken. Hinzu komme der Klimawandel. Schon seit Jahren sinkt das Grundwasser. In der Lausitz, der ausgeprägt ländlichen Region südöstlich Berlins, seien 84 Prozent der 250 Messstellen um durchschnittlich 39 Zentimeter unterhalb des jahreszeitlich erwarteten Niveaus, berichtete kürzlich die FAZ. In vielen kleineren Gewässern, zum Beispiel Rhin und Küstrinchener Bach, seien Paddelausflüge bereits nicht mehr möglich, sagt Frey vom Landesamt für Umwelt.

Bootsfahrern hilft die Niedrigwasserampel allerdings nicht weiter. Erst die Hinweise für die Schifffahrt des brandenburgischen Amts für Bauen und Wohnen zeigen konkret, wo Sperrungen und Einschränkungen zu beachten sind. Hier wird aktuell zum Beispiel im Oberlauf der Spree zwischen Beeskow und Schleuse Neuhaus südlich von Berlin eine Tauchtiefeneinschränkung von einem Meter gemeldet.
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