Es war 2020 wohl die ungewöhnlichste Ausgabe der Kieler Woche seit ihrem Start 1882. Die ansonsten in Millionen zählenden Gäste des größten organisierten Volksfests Nordeuropas mussten angesichts der Umstände 2020 draußen vor bleiben. Schilksee war zu einer geschlossenen Gesellschaft ohne Event-Areal geworden, das Hafengelände für die Öffentlichkeit abgesperrt.
Die Segler dagegen haben die in den September 2020 verlegte Regattaserie in positiver Erinnerung behalten. Das wollen die verantwortlichen Organisatoren nun nutzen. Entsprechend motiviert laufen die Vorbereitungen für die Kieler Woche 2021. Sie soll vom 19. bis 27. Juni stattfinden.

2020 ging es nur ums Segeln
Eine Kieler Woche ohne Volksfest und großes Landprogramm war zunächst undenkbar. Nach der im Juni zunächst coronabedingten Absage des Events besannen sich die Veranstalter sich auf das Wesentliche, wofür die Kieler Woche einmal stand. Der Plan: eine Veranstaltung nur für Segler. Das gelang mit einem überzeugenden Konzept. „Wir sind dankbar, dass wir segeln können und die Veranstaltung überhaupt stattfindet“, so äußerte sich Hauptwettfahrtleiter Fabian Bach im September float gegenüber.
Die anspruchsvollste zu lösende Aufgabe für ihn war – vor allem im zweiten, dem olympischen Teil – die Organisation sicherer Abläufe an Land und auf dem Wasser. Und das auf sechs statt den vier Regattabahnen der ersten Tage.
So stand zunächst vorrangig die gesundheitliche Sicherheit aller Beteiligten an Land an erster Stelle. Das hieß: Maskenpflicht, die „Käfige“ genannten abgezäunten Areale für die einzelnen Klassen, ja sogar regelmäßiges Temperaturmessen. All das ließen aber alle Beteiligten ohne Murren über sich ergehen. Man wollte nichts anderes und konnte wieder segeln. Erst zuletzt kam alles andere.
Aus diesen Erfahrungen haben die Verantwortlichen gelernt. Die Event-Crew um Regattachef Dirk Ramhorst will 2021 wieder auf den traditionellen Termin Ende Juni zurückkehren.
Gastronomie und Sponsorenmeile könnten wiederkommen
Das gelungene Hygienekonzept von 2020 könnte also bei Bedarf wieder zur Anwendung kommen. In Kiel hofft man allerdings, dass es spätestens im Juni für ein Landprogramm in Schilksee schon mehr Lockerungen geben wird. Denn „nur“ Segeln ist das eine. Das Zusammentreffen mit Freunden aus den eigenen Klassen und entsprechendes „Après-Sailing“ wurde sicher bei vielen schmerzlich vermisst.

Bei Point of Sailing, der Marketingagentur des Kieler Yachtclubs, ist man optimistisch, dass mehr erlaubt sein wird – also gastronomische Flächen und die Sponsorenmeile mit Pagoden von Partnern. Aber das liege, so Geschäftsführer Sven Christensen, am weiteren Verlauf der Pandemie und damit ganz in Händen der Gesundheitsämter.
Zweigeteiltes Programm bleibt
Die Höhe der Teilnehmerzahl soll nach dem Willen der Organisatoren so wie 2020 sein. Bewährt hat sich nach den Worten von Regattaleiter Ramhorst der Verzicht auf die Medal Races am Wechseltag.
Die Kieler Woche 2021 beginnt mit den internationalen Klassen 505er, Contender, 2.4mR, 420er, 29er, Laser 4.7, FD, OK-Jolle, Europe sowie Laser Radial. Im ersten Teil dazu kommt eventuell die VX-ONE-Klasse. Dieses aufregende One-Design-Spaßgerät mit Kiel ist für den internationalen Zwei- bis Drei-Personen-Rennsport konzipiert.

Komplettiert wird der Auftakt durch die Fareast-28R-Weltmeisterschaft. Die Klasse holt damit ihre verschobene WM nach. Der chinesische Racer Fareast 28R der gleichnamigen Werft aus Shanghai ist seit 2015 eine ISAF-Einheitsklasse. Die deutsche Vertretung von Fareast residiert praktischerweise direkt am Ufer der Kieler Förde.
Im zweiten Teil geben sich dann möglichst alle olympischen Klassen die Ehre, die man unbedingt zur Kieler Woche dabei haben wollte. Dabei bleibt es beim Mix mit den internationalen Klassen und den seegängigen Yachten. Hinzu kommen die Klassen J/24, J/70, J/80 sowie Formula 18 und Nacra 15.
Olympiade 2024 wirft Schatten voraus
Gespannt sein darf man, ob die Gespräche seitens der Veranstalter mit der IQ-Foil-Vereinigung erfolgreich sein werden. Ansprechpartner für den Deutschen Segler-Verband ist hier zunächst die German Windsurfing Association. Sie bemüht sich in Zusammenarbeit mit DSV-Verbandsvereinen um die Durchführung nationaler und internationaler Regatten und Meisterschaften in Deutschland.
Außerdem will man auch auf die anstehenden Entscheidungen beim „Offshore Mixed Doublehand“ warten. Denn in der Disziplin mit dem sperrigen Namen „Mixed Two Person Offshore Keelboat“ wird 2024 erstmals um olympische Medaillen gesegelt. Spätestens im Januar sollen die endgültigen Ausschreibungen stehen.
Und sonst?
Was auch immer kommen wird, wie sich die Pandemie entwickelt: Zahlreiche hochkarätige Regatten sollen die Kieler Woche auch 2021 flankieren. Den Auftakt macht die – wegen Corona 2020 ausgefallene – MaiOR-Regatta für Big Boats vom 30. April bis 2. Mai. Sie findet auf dem Stollergrund der Kieler Außenförde statt.
Alle ORC-International vermessenen Yachten, ORC-Clubyachten und die Einheitsklassen J/80 und J/70 können teilnehmen. Die MaiOR als Auftaktveranstaltung der Saison ist Teil des Inshore-Cups der Regattavereinigung Seesegeln.

Auch die Nachwuchsregatta Young Europeans Sailing über die Pfingsttage wurde 2020 ersatzlos gestrichen. 2021 soll sie vom 22. bis 24. Mai in der Strander Bucht starten. Sie gilt als die Kieler Woche für den Nachwuchs in den Klassen 420er und 470er. Dazu treten diverse Laserklassen sowie 29er und Europes an. Oft genug werden sie gleichzeitig als Internationale Deutsche Meisterschaften, Juniorenmeisterschaften oder Qualifikationsregatten zur Eurosaf-Jugend-EM ausgeschrieben.
Noch mehr WM-Programm
Komplettiert werden die geplanten Regattaveranstaltungen durch zwei Starboot-Weltmeisterschaften im September. Zum einen werden zur Junioren-WM der Stare vom 31. August bis 3. September bis heute 40 Boote erwartet. Anschließend sollen – bis zum 11. September – rund doppelt so viele Boote zur „großen“ Starboot-WM kommen.

Nicht von ungefähr pflegt der Kieler Yacht-Club als ausrichtender Verein schon immer einen intensiven Kontakt zur bis 2012 olympischen Kielboot-Klasse. Der 85-jährig verstorbene KYC-Kommodore Dierk Thomsen war auch ehemaliger Starboot-Weltpräsident. 2009 hatte er die Starboot-Europameisterschaft nach Kiel geholt.
Selbstbewusster Ausblick
Die Verantwortlichen der Kieler Woche – Organisationschef Dirk Ramhorst, Vermarktungschef Sven Christensen und Wettfahrtleiter Fabian Bach – haben 2020 durch ihr verantwortliches Handeln Zeichen gesetzt. Vom Mut zur Entscheidung, das Event in den September zu verlegen, bis zur Abschluss-Pressekonferenz war die Kieler Woche 2020 bestens organisiert.
Die Macher agieren und reagierten stets flexibel und in enger Absprache mit den Behörden. Die Stadt Kiel sorgte durch finanzielle Unterstützung dafür, dass die Veranstaltung überhaupt möglich wurde.
„Diese besondere Kieler Woche wird bei den TeilnehmerInnen sicherlich unvergessen bleiben“, so ließ sich Dirk Ramhorst vernehmen. Auch wenn sie nicht so war wie sie noch am Anfang des Jahres 2020 geplant wurde. Kiels selbstbewusster Blick nach vorn hat seinen Grund in diesem Erfolg.