„YO-44“ ist ein recht unspektakulärer Schiffsname. Die 75 Jahre Historie dieses ehemaligen US-Navy-Tankschiffs ist jedoch genauso bewegt wie ungewöhnlich. Nun endet sie als Kunst- und Umweltprojekt: Das heute „Kodiak Queen“ genannte Schiff wird zur Riesenkrake.
Pearl Harbour überlebt
Als die Japaner am 7. Dezember 1941 den verheerenden Angriff auf Pearl Harbour flogen, lag auch die „YO-44“ mit zwölf Mann Besatzung und etwa 380.000 Litern hochentzündlichem Flugbenzin im Hafen, direkt neben einem U-Boot. Wie durch ein Wunder gehörte das Schiff zu den fünf, die den Bombenangriff heil überstanden. Während der Attacke verholte die Crew ihr Schiff auf Anordnung des U-Boot-Kapitäns im Bombenhagel in eine nahe gelegene Bucht. Später flüchtete die „YO-44“ über das offene Mehr auf die Westseite der Insel Oahu. Das Tankschiff erlangte dadurch in den USA eine gewisse Berühmtheit.

Nachdem das Schiff nach Ende des Weltkriegs ausgemustert wurde, trat es in den 1960er-Jahren seine neue Aufgabe als Fischkutter an. Über die Jahre bekam das ehemalige Tankschiff immer wieder neue Namen, ehe es 2010 schließlich in „Kodiak Queen“ umbenannt wurde. Danach verrottete es auf den British Virgin Islands still vor sich hin.
Normale Schiffe werden irgendwann abgewrackt. Die „Kodiak Queen“ ist jedoch kein normales Schiff, sondern scheint, wie Katzen, so etwas wie sieben Leben zu haben.
Mit dem Laden des Videos akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von YouTube.
Mehr erfahren
Vom Schiff zum Riff
Milliardär und Virgin-Gründer Richard Branson steckt sein Geld gern in ungewöhnliche Projekte. Im Alter von 22 Jahren gründetet er Virgin Records, und das Label erlangte dank des Albums Tubular Bells von Mike Oldfield recht schnell Weltruhm – oder umgekehrt. Weltruhm in der damaligen Plattenindustrie bedeutete: Geld. Viel Geld.
Mit 29 Jahren kaufte Branson sich eine 30 Hektar große Privatinsel auf den British Virgin Islands, die ihm bis heute gehört. Vor einem Jahr erlangte das Eiland öffentliche Aufmerksamkeit, als Branson den gerade aus dem Amt geschiedenen US-Präsident Barack Obama zum Kitesurfen einlud.
Durch einen Freund wurde Branson vor drei Jahren auf das geschichtsträchtige Schiff aufmerksam. Branson ist Taucher, er engagiert sich seit Jahren auch für Umweltprojekte. Mit der „Kodiak Queen“ verband er beide Interessen. Sie sollte ihr Ende auf dem Meeresgrund finden, dort ein künstliches Riff bilden und Ziel für Taucher werden. Künstliche Riffs dienen dem Küstenschutz und sollen für mehr Artenvielfalt sorgen. Die Initiatoren erhoffen nach der Versenkung des alten Schiffs die Ansiedlung des Zackenbarschs.
Mit dem Laden des Videos akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von YouTube.
Mehr erfahren
Branson kaufte also das Schiff, ließ es komplett entkernen und von umweltschädlichen Altlasten befreien. Die „Kodiak Queen“ – oder das, was von ihr übrig geblieben war – ist daraufhin mit einem 25 Meter langen kunstvollen Aufbau versehen worden. Seine Gestalt: ein Riesenkrake aus Rundstahl. Schließlich soll neben dem Umweltgedanken auch noch ein touristischer Wert stehen.
Im Frühjahr 2017 hat man das altehrwürdige Schiff versenkt. Damit teilt es das Schicksal eines anderen US-Kampfschiffs, der „Tamaora“, die etwa zur gleichen Zeit kontrolliert versenkt wurde. Bis sich um Bransons Boot ein echtes Riff bildet, wird noch eine Weile vergehen. Und ob dem Zackenbarsch die Riesenkrake gefällt, ist noch nicht sicher. Taucher zieht die Tauchbasis Kodiak Queen aber schon in Scharen an.
Mit dem Laden des Videos akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von YouTube.
Mehr erfahren