Beim Golden Globe Race 2018/19, der Neuauflage des Rennens von 1968/69, verloren fünf Boote bei Kenterungen ihre Masten. Sir Robin Knox-Johnston, der vor 50 Jahren als Erster einhand und nonstop um die Welt gesegelt war, untersuchte die Vorfälle und kam zu dem Ergebnis: Die Kenterungen waren fast unvermeidlich.
Bereits eine sechs Meter hohe brechende Welle ist in der Lage, eine 36-Fuß-Yacht um ihr Längsachse zu rollen, wenn sie das Schiff im richtigen Winkel erwischt.

Der Franzose Bernard Moitessier war 1968 zwei Monate nach Knox-Johnston gestartet. Moitessier schrieb ein Buch darüber („Der verschenkte Sieg“), noch interessanter aber ist sein Bericht von der ersten Reise mit „Joshua“, die er mit seiner Frau Francoise unternahm („Kap Hoorn – der logische Weg“). Darin beschreibt er eine Serie von Orkanen im Southern Ocean, die weitaus heftiger waren als drei Jahre später die Stürme im Golden Globe Race.
Schwerer Sturm Kurs Kap Hoorn
Am 14. Dezember 1965 segelt Moitessier mit seiner Frau Francoise in einem schweren Sturm auf 45 Grad Süd, Kurs Kap Hoorn. Sie schleppen fünf Trossen mit Gewichten durchs Wasser, weil Moitessier befürchtet, sich „mit dem Vorschiff in die See zu rammen“, wenn das Schiff zu schnell wird.
„Es wird immer schwerer, Joshua vor der See zu halten, denn die bremsenden Trossen bewirken, dass sie schwerer zu steuern ist, je mehr die See zunimmt. Immer häufiger läuft sie aus dem Kurs, trotz hartem Ruderlegen.“ Sie kentern, die Masten zeigen schräg nach unten, aber „Joshua“ richtet sich ohne größere Schäden wieder auf.

In dieser Situation muss Moitessier an den Einhandsegler Vito Dumas denken. Zwanzig Jahre zuvor hatte der Argentinier geschrieben, dass er auf seiner viel kleineren 31-Fuß-Ketsch Legh II. bei jedem Wetter das Tuch stehen ließ. Moitessier hat den Bericht an Bord, er lässt sich von seiner Frau im Lärm des Sturms die Passage vorlesen, während er am Innensteuerstand Ruder geht.
Das Schiff fängt an zu rennen
„Wenn der Wind stärker wird und man behält alles Tuch oben, kommt sie in eine Art Gleitzustand und läuft für Augenblicke über 15 Knoten… Wenn man so schnell läuft wie die See, ist sie nicht mehr gefährlich.“
Bei Moitessier fällt der Groschen. Er klettert an Deck und schneidet die fünf Trossen ab. Das Schiff fängt an zu rennen, es lässt sich wieder vernünftig steuern: „Joshua ist nicht wiederzuerkennen, sie ist überhaupt nicht mehr zu vergleichen mit dem armen Schiff der vergangenen Nacht.“

Drei Jahre später startet der Franzose im Golden Globe Race. „Joshua“, für Generationen von Seglern der Inbegriff von Seetüchtigkeit, kentert während des Golden Globe siebenmal. Dass sie dabei ihre Masten behalten hat, ist nicht Moitessiers Können, sondern seinem Glück zu verdanken. Denn wenn ein Schiff erstmal auf der Backe liegt, kann die Crew nur hoffen, dass es nicht durchkentert. Auch Knox-Johnston kentert mit seiner „Suhaili“, sein Rigg bleibt ebenfalls oben (bricht aber bei einer Kenterung nach dem Rennen).
Kenterungen so gut wie sicher
Dass es auch in Zukunft zu Kenterungen kommen wird, wenn die Golden-Globe-Teilnehmer in die schweren Stürme des Southern Ocean geraten, ist so gut wie sicher. Es liegt am Bootstyp. Im Golden Globe dürfen nur Langkieler starten, bei denen das Ruder am Lateralplan angehängt ist.
Hat eine Verdrängeryacht ihre „Rumpfgeschwindigkeit“ erreicht, kann sie – eigentlich – nicht schneller werden. Ihre Segelkraft reicht nicht, um sie über das von ihr selbst erzeugte Wellensystem aus Bugwelle, Wellental und Heckwelle zu heben. Yachten mit einem Gleiterrumpf und Mehrrumpfboote mit schlanken Wasserlinien haben dieses Problem nicht, starke Motorboote auch nicht.


Für Verdränger gilt: Je länger die Wasserlinie eines Schiffes, desto länger und damit schneller ist das Wellensystem aus Bug- und Heckwelle, und desto höher ist folglich die Rumpfgeschwindigkeit. Länge läuft, sagt man.
Steile Wellen sind wie Skihänge
Was aber passiert, wenn eine Verdrängeryacht schneller wird, als ihr Wellensystem dies eigentlich zulässt? Mit genügend Power ist das nämlich möglich. Jeder Fahrtensegler, der sich schon mal von einem Motorschiff schleppen ließ, kennt das Problem.
5 Kommentare
[…] Langkieler gehören nicht in den Southern Ocean (floatmagazin.de) […]
[…] Langkieler gehören nicht in den Southern Ocean (floatmagazin.de) […]
[…] oder: Gedanken zum Bericht von Hans-Harald Schack im Float Magazin! (https://floatmagazin.de/orte/langkieler-gehoeren-nicht-in-den-southern-ocean/) […]
Nur wird sich der alterssture McIntyre nicht von seiner Meinung abbringen lassen. Es geht ihm um sein persönliches Ego und nicht primär um die Segler.
Aber zum gesamten Inhalt des Artikels ist auch zu erwähnen, dass auch W. Erdmann quergeschlagen ist. In diesem Falle ist es aber für jeder Art Hochsee-Yacht brandgefährlich, ob Lang-, gemässigter Kurz- oder einer Kurzkieler. Allerdings ist mir ein kräftiges Rigg, eher kürzer als berechnet, eine schwere, sehr solide Verstagung wichtiger. Eine Ketch hat dann auch seine Vorteile, genau deswegen.
Allerwichtigst aber scheint mir das Ruder und seine Aufhängung. Wenn ich an das Prinzip der Hebelkräfte denke, dann wird mir schwindelig beim Betrachten eines freistehenden Ruders – dessen geführter und gelagerter Schaft mal kaum 20 % der Rudergesamtlänge ausmacht.
Schöne Zusammenfassung für ein sehr komplexes und immer wieder kontroverses Thema.