Es fängt dann leichter an zu rollen, was große Ruderauschläge erforderlich macht, um auf Kurs zu bleiben. Ein hart gelegtes Ruder vergrößert die Krängung, und Kontrollverlust und Querschlagen rücken immer näher. Ein leichtes Boot mit freistehendem Ruderblatt lässt sich bei hoher Geschwindigkeit besser kontrollieren.“


Hohes Tempo mildert Brecher
Die Auffassung davon, was seetüchtig sei, so Bröker, habe sich im Lauf der Zeit geändert. „Vor fünfzig Jahren galten Langkieler mit kleinen Cockpits als besonders seetüchtig, und man hat Kurzkieler mit offenen Hecks für ungeeignet gehalten. Heute wissen wir, dass sie durchaus seetüchtig sind. Vor allem ist die Aufprallgeschwindigkeit einer Welle viel geringer, wenn eine Yacht mit hoher Fahrt vor ihr wegläuft, und man kann einem brechenden Kamm unter Umständen zur Seite ausweichen.“
Erdmann nutzte nie Treibanker
Wilfried Erdmann ist in den hohen Südbreiten erfahren wie wenige Deutsche. Er hat 1984 seine „Kathena Nui“ speziell für das Segeln dort konzipiert – ein Kurzkieler, „weil ich meine, der reagiert besser und schneller aufs Ruder, vor allem bei schwerem Wetter mit extrem stürmischer See.“ Erdmann zu float: „Ich fuhr auch nie im Sturm einen Treibanker oder Taue achteraus. Das war Absicht. Das Resultat spricht für sich.“ Er segelte mit demselben Boot zwei Mal den Nonstop-Törn um die Erde, beim zweiten Mal in Ost-West-Richtung, also gegen die vorherrschenden Windrichtungen.

Der Segler, Konstrukteur und Hochschullehrer C. A. Marchaj (1918 – 2015) hat mit rund sechzig Büchern und Aufsätzen übers Segeln eine ganze Generation geprägt. In seinem bekannten Werk „Seetüchtigkeit – der vergessene Faktor“ schneiden Langkieler hinsichtlich ihrer Seetüchtigkeit ziemlich gut ab. Damals moderne IOR-Yachten kommen eher schlecht weg. Das Golden Globe 2018, das ein Desaster für Langkieler war, hat Marchaj nicht mehr miterlebt. Wohl aber das katastrophale Fastnet-Race von 1979, bei dem 19 Todesopfer zu beklagen waren.
Er fordert als Lehre aus dem Unglück, „unwiderlegbare Beweise vorzulegen, wenn nötig unterstützt durch das Experiment, warum und unter welchen Bedingungen ein bestimmter Bootstyp bessere Überlebenschancen hat als ein anderer.“ Sollte die Wiederauflage des Golden Globe Race dieses Experiment sein?

Will man das Schicksal herausfordern?
Das wäre verantwortungslos, denn spätestens seit dem letzten Rennen steht fest: Man fährt mit Schiffen in eine Gegend, für die sie so geeignet sind wie für Wildwassertouren. Es wird, wenn das Rennen in dieser Form weiter besteht, zu weiteren Kenterungen, Riggverlusten und Schlimmerem kommen. Deshalb haben Langkieler im Southern Ocean nichts verloren.
Der Veranstalter Don McIntyre sollte sich nicht vorwerfen lassen, er hätte das Schicksal herausgefordert und Unfälle provoziert. Also sollte er den Skippern die Möglichkeit geben, mit geeigneten Booten zu segeln.

5 Kommentare
[…] Langkieler gehören nicht in den Southern Ocean (floatmagazin.de) […]
[…] Langkieler gehören nicht in den Southern Ocean (floatmagazin.de) […]
[…] oder: Gedanken zum Bericht von Hans-Harald Schack im Float Magazin! (https://floatmagazin.de/orte/langkieler-gehoeren-nicht-in-den-southern-ocean/) […]
Nur wird sich der alterssture McIntyre nicht von seiner Meinung abbringen lassen. Es geht ihm um sein persönliches Ego und nicht primär um die Segler.
Aber zum gesamten Inhalt des Artikels ist auch zu erwähnen, dass auch W. Erdmann quergeschlagen ist. In diesem Falle ist es aber für jeder Art Hochsee-Yacht brandgefährlich, ob Lang-, gemässigter Kurz- oder einer Kurzkieler. Allerdings ist mir ein kräftiges Rigg, eher kürzer als berechnet, eine schwere, sehr solide Verstagung wichtiger. Eine Ketch hat dann auch seine Vorteile, genau deswegen.
Allerwichtigst aber scheint mir das Ruder und seine Aufhängung. Wenn ich an das Prinzip der Hebelkräfte denke, dann wird mir schwindelig beim Betrachten eines freistehenden Ruders – dessen geführter und gelagerter Schaft mal kaum 20 % der Rudergesamtlänge ausmacht.
Schöne Zusammenfassung für ein sehr komplexes und immer wieder kontroverses Thema.