„Mit dem Boot würde ich auch gerne mal fahren“, sagt ein Bootshändler und blickt vom Pilotensitz hoch oben auf der Flybridge auf das Speedboot Candela Seven, das ohne Sog und Wellenschlag auf dem Großen Zernsee fast geräuschlos seine Kreise zwischen den Vorführbooten der Boot & Fun Inwater 2020 zieht.
Das elektrisch auf Foils übers Wasser schwebende Motorboot aus Schweden kann bis auf knapp 50 km/h beschleunigen. Es ist, nach Auftritten im Fernsehen, als Award-Gewinner und der Erwähnung am Wochenende in der New York Times, eine der großen und überraschenden Attraktionen der ersten Bootsmesse in diesem Herbst.

Frisches Konzept an der frischen Luft
Überraschungen erleben wollte niemand bei der ersten Wassersportschau der neuen Saison, die gleichzeitig die erste größere Bootspräsentation in Deutschland mit dem neuen Gesundheits-Reglement war. Überraschungen gab es dann doch. Die erste und wesentliche war die Erkenntnis: Boote anschauen und Probe fahren geht! Wie Events wie diese gelingen können, hatte Messechef Daniel Barkowski im Podcast mit float geschildert.

Die mehr als 100 ausgestellten Boote – nach Aussage der Messe entspricht das einem Zuwachs von über 20 Prozent gegenüber dem Corona-freien Vorjahr – waren nicht nur an den Stegen der Marina Havelauen zu sehen. Häufig waren die Neuheiten draußen zu Fahrten auf dem See unterwegs.
Die zweite Überraschung war, wie klar die Schau mit überregionalen Ausstellern und Neuheiten internationaler Bootsmarken wächst. Und wie gut die erst im dritten Jahre laufende Messe von Besuchern, den regionalen Institutionen und der Branche angenommen wird. Auch wenn noch einiges an Wachstum vor der Boot und Fun Inwater liegt: Die Schau in Werder wirkt so, als habe es sie schon immer gegeben.
Erfolgreicher Probelauf für November
Dass durch das teils wechselhafte Wetter nicht der ganz große Run auf die Stege und die weitläufige Promenade zu verzeichnen war, kam allen zupass. Dem Veranstalter, weil das Sicherheitskonzept mit Wegeleitung, Abstandshinweisen und Besucherlimit auf den Booten recht einfach aufging, den Ausstellern und Gäste, weil viel Zeit fürs Kennenlernen der Boote da war. Mehr Stege und die erweiterte Landfläche sorgten für mehr Platz.

Eine weitere Erkenntnis: Das Prinzip „Abstand mit Anstand“ lässt sich umsetzen. Der Probelauf an der frischen Luft zeigt, wie es im November in den ohnehin großzügig bemessenen Ausstellungsflächen in den Berliner Messehallen gut gehen kann.
BOB-Bootstests in Werder statt Cannes
Für den Best of Boats Award 2020 war es perfekt, in Werder Bootsneuheiten internationaler Werften zu fahren zu können, die wegen abgesagter Events und Messen im Süden Europas nicht zur Verfügung standen. Die auf der Boot und Fun Inwater gezeigten Premieren, unter anderem von Prestige Yachts (Frankreich) und Nuva (Spanien), waren für die angereisten Juroren aus fünf Ländern ein wichtiger Teil des diesjährigen Testprogramms für Europas größten Motorboot-Award.

„Es war auch für mich beeindruckend, was es hier zu sehen, vor allem aber zu fahren gibt“, sagte BOB-Juror Alfred Boer, der mit dem Wagen aus Amsterdam angereist war. Bekanntgegeben werden die Gewinner des Best of Boats Awards 2020 am 19. November, dem ersten Tag der unverändert geplanten Boot und Fun Berlin. Die feierliche Preisverleihung soll erstmals auch als Live-Stream übertragen werden.
Deutsche Messe-Landschaft sortiert sich neu
Eine Ausstellerstimme sprach Bände – darüber, wie gut die Schau in der deutschen Bootsbranche ankam. „Wir ziehen den Hut vor dem Mut und dem Umsetzungswillen der Messeleitung“, lobte der Hannoveraner Bootshändler Meik Lessig den Bootsmesse-Erstling. „Wo noch kann man die Abstandsregeln schöner sowie entspannter genießen und einhalten als auf dem eigenen Boot?“

Einige Aussteller aus dem Norden Deutschlands präsentierten sich zum ersten Mal im Brandenburgischen. Ihnen war das Hamburg ancora Yachtfestival weggebrochen, das im Mai wegen des Lockdowns abgesagt wurde. Auch die Wassersportschau auf dem Hamburger Messegelände gibt es nicht mehr: Die letzte große Publikumsveranstaltung in der Hansestadt war die Hamburg Boat Show des Ausrüster A. W. Niemeyer im März 2020.
Die Lücke, den die Hanseboot und ihr Nachfolger im Oktober im Messekalender hinterlassen hat, will ab 2021 die Magdeboot in Sachsen-Anhalt mit einem neuen Termin schließen. So könnte die künftige Abfolge der Events im Messeherbst im Jahr 1 nach dem Corona-Ausbruch lauten: Start mit der Boot und Fun Inwater, dann die Interboot am Bodensee, die diesmal noch als Special Edition stattfindet, Magdeboot und schließlich die Boot und Fun Berlin im November, vor der boot Düsseldorf im Januar. Es bleibt also spannend.