Eine gute Nachricht inmitten der aktuellen unerfreulichen politischen Entwicklungen: Der Ausstieg Deutschlands aus dem Pipeline-Projekt Nord Stream 2 könnte jetzt dazu führen, dass die akute Liegeplatz-Notlage an der Ostseeküste gelöst wird.
Wie float aus gut informierten Kreisen nahe der Landesregierung von Mecklenburg-Vorpommern erfahren hat, ist das Recycling der gigantischen Zwillings-Rohrleitung bereits beschlossen. Aus den zwölf Meter langen Teilstücken soll bald eine Kette von Mooring-Häfen an der deutschen Ostseeküste entstehen.
Ministerpräsidentin Manuela Schwesig hat sich nach langem Zögern öffentlich dazu bekannt, dass Nord Stream 2 ein Fehler gewesen sei. Vom Nord Stream Race entlang der Strecke hatte der deutsche Segelsport sich bereits distanziert. Schon bald soll die 1.230 Kilometer lange Doppel-Trasse möglichst zeitnah rückgebaut und das Material anderweitig genutzt werden.

Gute Nachricht für den Wassertourismus
Ein Pilotprojekt in Lubmin könnte Vorbildcharakter für die anfallenden Massen an Rohr-Stücken haben: Aus dem noch nicht verbauten Rohmaterial soll Mecklenburg-Vorpommerns erster „Landes-Hafen für Sportboote“ werden.
Für die Wassersportler der Region, aber auch für den Wassertourismus der gesamten Ostseeküste eine gute Nachricht: Wie float kürzlich berichtete, besteht eklatanter Mangel an Liegeplätzen. Mittlerweile zögern Menschen beim Kauf eines Bootes, weil sie nicht wissen, wo sie dafür einen Hafenplatz finden.
Die Landesregierung von MV will nun die Probleme von Tausenden von Wassersportlerinnen und -sportlern lösen. Dazu ist beabsichtigt, die Röhren vor seichten Uferzonen als Dalben in regelmäßigen Abständen in den Ostseegrund zu rammen. Das ergibt preisgünstige und ideale Festmacher für Tagesgäste oder Dauerlieger.
Hunderte Teilstücke liegen an Land auf Halde
Den Auftakt macht Lubmin am Greifswalder Bodden: Hier, wo die Ostseepipeline deutschen Boden erreicht und an das Versorgungsnetz der Bundesrepublik angeschlossen werden sollte, liegen an Land noch hunderte der zwölf Meter langen Teilstücke auf Halde. Vor der so genannten Anlandestation bei Lubmin soll als Referenz der erste Landes-Hafen entstehen.

Vorgesehen ist ein Geviert von etwa hundert Röhren im Seegrund, an denen Schiffe anlegen und festmachen können. Eine öffentliche Station am Hafen bietet Taxi-Boote für die Crews an, ein Kiosk verkauft Fischbrötchen und Bier „aus der Pipeline“, für die Kinder gibt es Naturpfade im Rahmen des Klimaschutzes. Und für die Gastlieger sind Sanitäranlagen und ein Lebensmittelgeschäft in Planung.
Geldmittel für Hafenbau sind vorhanden
Nicht nur das Material, auch die Gelder für den Bau sind bereits vorhanden. Die Mittel der „Stiftung für Klima- und Umweltschutz“ sollen dafür teils umgewidmet werden. Die Stiftung wurde als eine Art Ausgleichsmaßnahme für den heftigen Umweltschaden gegründet, den der Bau von Nord Stream 2 verursachte.
20 Millionen Euro stellte Gazprom, Eigentümer der Pipeline, für Umweltprojekte zur Verfügung. Das hatte zu großem Streit geführt: Der Vorwurf von Greenwashing stand im Raum. „Mit dem Wissen von heute waren die Unterstützung von Nord Stream 2 und die Stiftung ein Fehler“, sagte Schwesig am Mittwoch in Schwerin.
Wird Nord Stream 2 rückgebaut, ist das Geld nun frei für andere Zwecke. Christin Klinger, Geschäftsführerin der Stiftung, geht davon aus, dass sie ihre Arbeit die nächsten zehn Jahre fortführen wird. Jedes Jahr sollen zwei der insgesamt zwanzig Millionen Euro vom Stiftungsfonds ausgegeben werden.
Das könnten jedes Jahr zwei neue Yachthäfen sein. Es gibt bereits eine passende Fläche: das Hafengelände „Mageb Kai Süd“ nahe Rostock. Es liegt attraktiv für den Wassersport kurz vor der Hafeneinfahrt von Warnemünde. Dieses Gelände hat die Stadt Rostock nach Aussagen der „Zeit“ an eine Firma verpachtet, die offenbar eigens gegründet wurde für Materiallieferungen im Auftrag der Stiftung. Diese Firma könnte nun auch bei der Abwicklung der Baustelle unterstützen.

Stiftungs-Schiff könnte die Röhren verlegen
Damit stehen auch Baufahrzeuge für das Vorhaben zur Verfügung: Im Eigentum der Stiftung befindet sich das „Blue Ship“, ein 93 Meter langer Frachter. Er liegt im Hafen von Mukran und läuft unter zypriotischer Flagge. Das Schiff soll von Mukran aus Steine rund um die Pipeline versenkt haben und könnte nun für die Hafenarbeiten Verwendung finden. Jetzt heißt es nur Gas geben, damit nicht am Ende alle in die Röhre gucken.