Die Pläne für einen Nationalpark Ostsee erhitzen die Gemüter in Schleswig-Holstein. Seit Landesumweltminister Tobias Goldschmidt (Grüne) seine Idee für einen Schutzraum in der Ostsee entlang der Küste von Flensburg bis nach Fehmarn öffentlich gemacht hat, laufen Wassersportler, Vertreter der Tourismusbranche, der Fischerei und Wirtschaft Sturm gegen die Pläne.
Sie befürchten erhebliche Einschränkungen bis hin zum Verlust der Existenzgrundlage. Den Schutz der Ostsee wollen alle Interessengruppen vorantreiben. Das Einrichten eines Nationalparks sehen viele von ihnen aber nicht als zielführendes Mittel.
Das Bekenntnis der schleswig-holsteinischen Landesregierung zur Verbesserung des Umweltzustandes der Ostsee ist 2022 grundsätzlich im Koalitionsvertrag zwischen CDU und Bündnis 90/Die Grünen festgeschrieben worden. Konkrete Maßnahmen sind aber nicht festgelegt. Der möglichen Einrichtung eines Nationalparks wurde lediglich ein Prüfauftrag erteilt.
Große Befürchtungen
Mit der Vorstellung der Nationalparkgrenzen, der sogenannten Potenzialkulisse, hat Umweltminister Goldschmidt große Befürchtungen ausgelöst. Ob es allerdings zur Eingabe eines Gesetzes zur Einrichtung eines Nationalparks komme, sei noch offen und hänge von den Konsultationen mit den Interessenverbänden ab, so Goldschmidt.

„Ich rufe dem Wassersport zu: Informiert euch! Denn ich nehme wahr, dass einige der Sorgen, die aktuell in der Wassersportszene kursieren, in der Sache völlig unbegründet sind und sich dennoch weiterverbreiten“, so der Landesumweltminister gegenüber float.
„Zum Beispiel kursiert das Gerücht, man wolle den Wassersport weitgehend aus der Ostsee verdrängen. Das ist falsch. Es geht um einen Ausgleich der Interessen des Wassersports und des Naturschutzes.“ Und dafür gebe es viele Möglichkeiten, so Goldschmidt.
Ministerpräsident stellt sich hinter Umweltminister
„Genauso heißt es häufig, eine Nationalparkgründung würde mit einem Kontrollverlust gegenüber der EU einhergehen. Auch das ist nicht richtig“, erklärt der Minister. „Ein Nationalpark ist ein Landesgesetz. Deswegen diskutieren wir die Einrichtung ja auch hier im Land und nicht in Brüssel. Das Landesparlament bleibt im Fahrersitz.“

Nachdem es lange schien, als sei das Nationalpark-Projekt vor allem ein Anliegen von Bündnis 90/Grünen in der schwarz-grünen Landesregierung, hat sich nun auch Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) hinter die Pläne seines Umweltministers gestellt: „Das Ziel steht fest: ein besserer Schutz für unsere Ostsee. Ein Nationalpark könnte durchaus Vorteile haben“, sagt Günther in einem Interview mit dem Schleswig-Holsteinischen Zeitungsverlag.
Über die Eingabe eines Gesetzentwurfs zur Einrichtung eines Nationalparks will die Landeskoalition im Herbst entscheiden. Im Sommer haben nun die Podiumsdiskussionen und Konsultationen begonnen. Am 11. Juli trafen die Vertreter des Umwelt- und Innenministeriums mit Vertretern des Wassersports zusammen.
„Der Sund wird bunt“ mit 300 Booten
Schon vorher hatten Surfer, Kiter, Taucher und Segler ihrem Ärger deutlich Luft gemacht. So war Ex-Surfweltmeister Vincent Langer rund um Fehmarn gesurft. „Ich wollte zeigen, dass durch einen Nationalpark für den Sport viele Einschränkungen zu befürchten sind. Ich bin nicht gegen Naturschutz – ganz im Gegenteil! Aber der Nationalpark ist nicht der richtige Weg, um die Ziele zu erreichen“, so Langer.

Am 30. Juni versammelte sich vor Fehmarn ein breites Aktionsbündnis aus Seglern, Motorbootfahrern, Berufs- und Freizeitfischern, Board-Sportlern und Kanuten zu einer Sternfahrt – unter dem Slogan: „Der Sund wird bunt“. Es war eine seltene Einigkeit zwischen Seglern, Motorbootfahren und Tourismusschifffahrt mit circa 400 beteiligten Wasserfahrzeugen.
Jochen Czwalina von der Initiative Freie Ostsee Schleswig-Holstein erklärt im float-Interview die Aktion: „Der gesamte Prozess benötigt Aufklärung. Der Schutz der Ostsee ist nicht ausschließlich mit dem juristischen Mittel eines Nationalparks zu lösen.“ Seine Befürchtung: „Die Verhältnismäßigkeit der Einschränkungen durch eine Nullnutzungszone, die nach internationalem Maß zu mindestens 75% erfüllt sein müsste, steht nicht nur dem Erholungsbedürfnis der Deutschen konträr entgegen. Ein ganzes Lebensgefühl und ganze Existenzen stehen langfristig auf dem Spiel!“
Dem widerspricht Goldschmidt im float-Interview: „Wassersport ist in einem Nationalpark möglich. Segeln wäre grundsätzlich möglich, auch in der Kernzone. Die Zufahrten zu den Segelhäfen bleiben offen. Auch das Surfen und Kiten wird in einem Nationalpark Ostsee möglich sein.“
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