Wenn man bisher vom Kap Hatteras im US-Bundesstaat North Carolina bis zur nächsten Landmasse im Atlantik fahren wollte, lagen rund 580 nautische Meilen offener See vorm Bug. Das ist seit kurzem anders, denn ein paar hundert Meter vorm Kap ist eine neue Insel entstanden. Ungewöhnlich ist das an dieser Stelle zwar nicht, denn alle zehn bis 15 Jahre entstehen dort immer wieder größere Sandbänke. Eine so große Insel wie die jetzt gemeldete gab es allerdings noch nie, wie die Anwohner berichten. Sie gaben dem Eiland, das sichelförmig vor den Outer Banks liegt, den Namen Shelly Island.
Das neue Stück Land ist ungefähr eine Meile lang und bis zu etwa 70 Metern breit, was der Breite eines Fußballfelds entspricht. Der Sand, der die Oberfläche bildet, ist übersät mit Walknochen, den Rippen alter Schiffswracks und mit wunderschönen Seemuscheln. Das Material wird stetig durch den Seegang und die Strömung aufgeschüttet.

Wer nun denkt, dort entstehe ein neues Paradies, der irrt. Denn der Spuk kann genauso schnell wieder vorbei sein, wie er gekommen ist. Ein Sturm reicht, und Shelly Island könnte Geschichte sein. Oder umgekehrt für kurze Zeit weiter wachsen. Diese Ecke des Atlantiks ist tückisch: Die Bewohner der Outer Banks leben mit der ständigen Ungewissheit, ob ihre Heimat, die vom Meer aufgebaut wurde, nicht wieder versinkt.
Seit Jahren fürchtet man hier an der US-Ostküste um die Existenz des Cape Hatteras Lighthouse: Der Leuchtturm droht immer wieder vom Meer geholt zu werden. Nachdem der Hurrikan Isabel 2003 durchgezogen war, hatte es Hatteras praktisch in zwei Hälften geteilt, die erst mit Hilfe der US-Armee wieder verbunden wurden.
Die Outer Banks sind immer in Bewegung: Nach Stürmen sind manche Bereiche plötzlich schmaler, während andere breiter werden – ein ständiges Geben und Nehmen der Natur. Und niemand weiß, wie lange Shelly Island über Wasser sein wird.
Das Outer Banks Visitors Bureau hat der neuen Insel dieses Video gewidmet.
Ein Kommentar
Beeindruckend.