Haben Inseln einen Geburtstag? Bei der neuen künstlichen Insel vor der Ostseeküste wird man sich den 16. Oktober 2024 dafür als Datum merken können. Denn der Inselhafen Prerow, gebaut im Meer, wird jetzt seiner Bestimmung übergeben. Und das wird heute offiziell gefeiert – mit einer feierlichen Zeremonie mit Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig.
Das Ostseebad Prerow hat damit ein neues Wahrzeichen. An die neue, 720 Meter lange Seebrücke schließt sich tropfenförmig der neue Inselhafen im Meer an. Im Hafen gibt es 33 Liegeplätze für Schutz suchende Sportboote sowie für einen 28 Meter langen Seenotrettungskreuzer der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger, dessen Tochterboot – und für potenzielle Havaristen. Das Nationalparkamt Vorpommern leitet den Hafenbetrieb und fungiert als Hafenbehörde.
Seit August 2022 war an dem Ersatzbau für den Nothafen Darßer Ort gearbeitet worden. Zuletzt hatte die unstete Witterung – wieder einmal – für Verzögerungen gesorgt. Davor hatten Lieferschwierigkeiten den Termin für die Fertigstellung immer weiter nach hinten verschoben. Das Aufsicht führende Umweltministerium von Mecklenburg-Vorpommern mochte noch im Frühsommer, als float nachfragte, keinen exakten Termin nennen.
float ist frei
… und offen lesbar für alle. Unterstütze uns jetzt als 💙 float friend, damit das so bleibt. Dein Beitrag macht float stark. Ich bin dabei!
Prerows langjähriger früherer Bürgermeister René Roloff erwartet sich von dem Ensemble Seebrücke, Inselhafen und Seebrückenvorplatz einen deutlichen Schub für das Ostseebad. Es gewinne dadurch an Flair und zusätzlichen Besuchern. „Die Seebrücke ist die längste im Ostseeraum, und über die Promenade kann man gut flanieren.“
Wind verzögerte die Bauarbeiten
Die wesentlichen Verzögerungen hatten zuvor heftige Winterstürme verursacht. Mehrfach mussten die Bauarbeiten an dem kreisförmigen Schutzhafen deswegen unterbrochen werden. Nicht verwunderlich angesichts der exponierten Lage der künstlichen Insel, ließ der Umweltminister von Mecklenburg-Vorpommern Till Backhaus seinerzeit in einer Pressemitteilung ausrichten.
Allein im Januar 2024 blies an 15 von 26 Arbeitstagen so starker Wind, dass die Arbeiten an dem Inselhafen ruhen mussten. Backhaus: „Das sind ungewöhnliche Wetterbedingungen gewesen.“ Sogar an Land verzögerten sich Bauvorhaben in der Region, weil Kräne nicht betrieben werden konnten.
Somit habe der Inselhafen, der insbesondere die neue Station des Seenotkreuzers „Nis Randers“ aufnehmen wird, bereits seine Bewährungsprobe bestanden. Die Sturmflut im Oktober 2023 hat der Wellenbrecher vor dem Hafen gut überstanden und seine Funktion als Barriere voll erfüllt.
Kosten vorläufig unverändert
Erfreulich auch, dass die letzte Kostenschätzung vom vergangenen Jahr – nach einer erheblichen Steigerung um 20 Prozent aufgrund allgemeiner Teuerung – unverändert blieb. Für das aus Mitteln des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung finanzierte Projekt stiegen die Kosten auf 46 Millionen Euro. Das ist deutlich weniger als beispielsweise für die Sanierung des Schulschiffs „Gorch Fock“ ausgegeben wurde.
Die Struktur des neuen Hafens ist schon seit Monaten von See wie auch vom Ufer aus gut erkennbar. Er ähnelt einem Mini-Atoll, also einer ringförmigen „hohlen“ Insel, die in ihrem Innern als Bucht Booten Schutz bietet. Das Land Mecklenburg-Vorpommern ist Bauherr für die künstliche Insel als nautische Notaufnahme und Stützpunkt für die Seenotretter.
Die neue Seebrücke, die den Hafen mit dem Ort Prerow auf dem Darß verbindet, hat einen praktischen Zweck. Für dringende Notfälle können sie auch Einsatzfahrzeuge, insbesondere das Feuerwehrauto der Gemeinde Prerow, befahren.
Darßer Ort seit Oktober 2023 geschlossen
Der alte Stützpunkt der Seenotretter ist bereits Geschichte. Im Oktober 2023 wurde der Nothafen Darßer Ort, rund zwei Seemeilen weiter im Westen, endgültig geschlossen. Damit endete ein gut 30 Jahre währendes Provisorium. Der Nothafen Darßer Ort lag mitten in der Kernzone vom Nationalpark Vorpommersche Boddenlandschaft – also dort, wo menschliche Eingriffe möglichst unterbleiben sollen. Stattdessen herrschte hier seit Jahrzehnten permanent Schiffsbetrieb. Nicht nur von Seenotrettern, sondern auch von Wassersportlern, die Darßer Ort als – echten oder vorgegebenen – „Nothafen“ ansteuern konnten. Doch damit ist es nun vorbei.
Die Station der Seenotretter mit dem Seenotkreuzer „Nis Randers“ hat man unterdessen nach Barhöft am Eingang zum Strelasund verlegt. Doch dieser Hafen liegt mehr als 22 Seemeilen weiter im Osten – die Anfahrt verlängert sich um rund eine Stunde. Die Landspitze Mecklenburg-Vorpommerns dagegen gilt als optimale Ausgangsbasis zur Kadetrinne. Diese wichtigste Ost-West-Schifffahrtsstraße zwischen Deutschland und Dänemark ist von keinem Punkt der Ostseeküste schneller erreichbar.

Sehr häufig mussten die Männer und Frauen der DGzRS hier bei Notfällen schnelle Hilfe leisten. Außerdem gibt es auf einer Etappe von rund 60 Seemeilen zwischen Warnemünde und Stralsund außer Barhöft keinen anderen Schutzhafen für Yachten. Höchste Zeit also, dass der Ersatzbau in Dienst gestellt wird.
Frist für EU-Subventionen endet
Zusätzlicher Zeitdruck ergab sich aus den Förderrichtlinien der EU. Damit die millionenschwere Unterstützung durch den Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) nicht zurückgefordert würde, mussten die Bauarbeiten Ende 2023 abgeschlossen sein. „Nach einigen Gesprächen mit dem Landeswirtschaftministerium haben wir erreichen können, dass das Vorhaben Inselhafen Prerow bis Mitte des Jahres weitergeführt werden kann“, so ein Sprecher des Umweltministeriums gegenüber float.
Der Hafen befindet sich rund 720 Meter vom Strand entfernt in etwa fünf Meter Wassertiefe. Dieser Bereich ist weitgehend frei von Versandung, ergaben Untersuchungen. Baggerarbeiten für die Zufahrt sind also bis auf Weiteres nicht notwendig. Die Bauwerke des Inselhafens und die Seebrücke sind aus technischer Sicht für eine Lebensdauer von etwa 50 Jahren ausgelegt.
Wenn Dir der Beitrag gefallen hat: Spendier’ uns einen Kaffee. ☕️