Das Yachtfestival Neustadt zeigt ungewöhnlich viele Bootspremieren. Ein Grund dafür liegt 500 Kilometer entfernt am Rhein. Die Absage der weltgrößten Bootsmesse boot Düsseldorf im Januar sorgt für Premierenzeit vor blühendem Raps direkt an der Ostsee.
Viele der Segelyachten und Motorboote, die wir in den letzten Monaten vorgestellt und zum Teil bereits getestet haben, sind jetzt erstmals öffentlich fürs deutsche Messepublikum zu sehen. Hier ist, vor dem Neustart für Neustadt am Freitag dieser Woche, der Boots-Überblick.
Allein bei den Segelyachten gibt es neun Weltneuheiten und sechs Deutschlandpremieren internationaler Werften. Darunter ist die Hallberg Rassy 400, die Saare 41 AC, die von uns bereits gesegelte Beneteau First 36, die neue Hanse 460, die Arcona 385, die Saffier SE 33 Life und die Jeanneau Yacht 60.
Bei den Motorbooten sieht es ähnlich aus: Mehr als ein Dutzend neuer Modelle werden erstmals auf einer Bootsmesse in Deutschland gezeigt. Sogar eine Weltpremiere gibt es: die Hellwig Milos V 630 mit elektrischem Antrieb von Aqaforce.
Die Segel-Weltpremieren
Die Schönheit der Saffier-Daysailer aus Holland zu preisen, hieße wahrlich Eulen nach Athen zu tragen. Schön, schöner, Saffier 33, hatten wir dem Boot schon attestiert, als lediglich erste Zeichnungen zu sehen waren. Die float-Crew konnte sich auf der Saffier SE 33 Life (➔ Steg V.24, alle bei Diamond Yachts) kurz vorm Yachtfestival beim Testsegeln persönlich davon überzeugen. Unser ausführlicher Bericht folgt noch diese Woche.
Die holländische Werft stellt pro Jahr rund 60 Schiffe her, allesamt zum Niederknien schön – so auch die von uns früher getestete Saffier SE 27 Leisure (➔ Steg V.25), die wir 2021 auf der Kieler Förde segelten. Deutschlandvertreter Diamond Yachts aus Laboe zeigt außerdem die Saffier SC 8m Cabin (➔ Steg V.26) und die Saffier SC 650 Cruise (➔ Steg V.27).

In Neustadt ist auch die neue First 36 als Messe-Weltpremiere zu sehen. Nicht weit entfernt von dem Ort, wo wir Werftchef Andraz Mihelin zum float-Gespräch getroffen haben. Obwohl das 36-Fuß-Boot auch bei leichtem Wind schnelles Segeln erlaubt, ist es gleichzeitig in der Lage, eine ernsthafte Regatta mit voller Crew zu segeln.
Holz-Klassiker vom Drehbuchautor
Backe baut’n Boot, und was für eins: Die vom Drehbuchautor Jan von der Bank unter reger Anteilnahme der Segler-Community gebaute Einzelanfertigung Berckemeyer 31 Classic ist endlich fertig. Jetzt sieht der 9,50 Meter lange Retro-Racer aus Sperrholz erstmals Messe-Sonnenlicht.
Mitten in der Ostsee, auf der estnischen Insel Saaremaa, liegt der Ursprung der Saare 41 AC, einer der Weltpremieren des Yachtfestivals. Im Jahr 2016 hat Yachtsport Eckernförde die Werft gekauft. Mit dem Kürzel AC bietet die Segelyacht – nomen est omen – ein achterliches Cockpit. Und sie ist äußerst vielseitig, geeignet für Einhandsegler, Familiencrews, Langfahrtsegler und Club- und Langstreckenregatten.

In Neustadt ist Saare auch mit der kleineren Saare 38.2 auf der Messe. Weitere Segel-Weltpremieren in Neustadt sind die Comfortina 43, die Oyster 495 und die erstmals mit elektrischem Antrieb lieferbare Winner 9 electric.
Die Segel-Deutschlandpremieren
Ein Heimspiel hat der schwedische Bootsbauer Hallberg-Rassy mit seiner in Neustadt ansässigen deutschen Vertretung. Neben der Deutschlandpremiere Hallberg-Rassy 400 werden daher gleich vier weitere Yachten, die HR 50, 44, 40C und 340. Die Neue zeichnet sich durch moderne Linien mit senkrechten Schiffsenden aus.
Wie bei der HR 40C gibt es ein Achtercockpit anstelle des traditionellen mittigen Cockpits. Beide 13-Meter-Boote kommen aus derselben Rumpfform. Ebenfalls neu ist die Hallberg-Rassy 50.
Ein wahres Schmuckstück ist die Jeanneau Yachts 60, wobei italienisches Design mit Superyacht-Features kombiniert wird. Die 60-Fuß-Segelyacht ist das großzügigste Schiff der neuen Serie – und wandelbar: Allein bei der Inneneinrichtung sind 19 Grundrisse möglich. Barrierefreie Mobilität an Deck gibt es auch.
Viele, viele Skandinavier
Rosättra Båtvarv ist die älteste Bootswerft Schwedens. Ihr Stolz und Markenzeichen ist das Segelboot Linjett 30 aus den frühen 1970er-Jahren. Nun kommt als Weltpremiere die Linjett 39, die sich deutlich an die Linien des größten Modells, die Linjett 43, anlehnt – ein zeitloses und luxuriöses Familienboot. Bei der Linjett 39 ist das Schott durch zwei verleimte Balken verbunden und verstärkt, wodurch ein geräumigerer Salon geschaffen werden konnte.

Als Deutschlandpremiere kommt die Faurby 370 aus Dänemark. Segelyachten von Faurby sind ungewöhnlich elegant und lassen sich auf Wunsch vollständig individuell gestalten. „Die nordisch-klassische und gefällige Linienführung erfreut das Auge mit schlankem Rumpf, niedrigem Freibord und flachem Aufbau.“ Das attestierten wir vor fünf Jahren nach dem float-Segeltest der heute nicht mehr gebauten Faurby 363. Daran hat sich auch beim Nachfolger nichts grundsätzlich geändert.
Die schwedischen Yachten von Arcona gelten in der Szene als hochwertige Performance-Cruiser. Sie sehen zeitlos schön aus mit ihren gelungenen Proportionen in Länge und Breite. Einen „spaßigen kleinen Cruiser-Racer“ nennt die Werft die Arcona 385 (➔ Steg V.19, bei AP Yachting – ☎️ anrufen).
Was macht das Spaßige bei dem schönen Update aus Schweden aus? Klar erkennbar ist die Ambition der Werft, ein Schiff zu erschaffen, das Freude beim Handling macht. Und zwar noch ein bisschen mehr als beim Vorgängermodell.

Eine weitere Deutschlandpremiere in Neustadt ist die 2021 vorgestellte Solaris 40, die für viele als Werft für die schönsten Serienyachten der Welt gilt. Was bringen die Serienwerften mit?
Die Großen und die Ungewöhnlichen
Bavaria Yachts ist mit großem Aufgebot dabei. Neben der Bavaria C50 (➔ Steg V.15, alle bei AP Yachting – ☎️ anrufen) zeigen die Giebelstädter auch die kleinere Bavaria Cruiser 37 (➔ Steg V.17) und die Bavaria C38 (➔ Steg V.18). Die kleinste Segelyacht der C-Klasse ist eine konsequente Ableitung der größeren 42er, die ebenfalls zu sehen sein wird (➔ Steg V.16). Stichwort: Liebling, ich habe die C42 geschrumpft!


Mit dabei als D-Premiere ist auch die Moody 41 DS. Nach dem float-Segeltest im Frühjahr 2020 können wir dem edlen Cruiser sehr gute Segeleigenschaften auch mit kleiner Crew bescheinigen. Natürlich zeigt auch Hanse selbst mit der Hanse 388, der Hanse 348 und Hanse 508 eine Reihe ihrer Angebote.
Die Marke Dehler ist unter anderem mit dem ersten Modell dabei, das nicht im Sauerland entstand: der Dehler 38 SQ, als Tüpfelchen zum neuen Namen und dem „i“ mit den zwei Buchstaben S und Q. Das steht für „Speed“ und „Quality“. So griff Hanse Yachts eine alte Werft-Tradition wieder auf. Ausgestellt werden außerdem die Dehler 42, 34 und das One-Design-Schiff Dehler 30 OD.
Boot mit Streifen
Eine X ist auf dem Wasser immer schon von Weitem zu erkennen. Was bei Sportschuhen das Erkennungszeichen ist, gilt auch bei den dänischen X-Yachten: drei Streifen – und zwar in Dunkelblau knapp über der Wasserlinie. Nach fünf Jahren haben die Bootsbauer aus Haderslev ihre erfolgreiche X-Yachts X4.3 aus der Pure-Serie überarbeitet. Und sie zeigen es mit dem Kürzel Mark II als Deutschlandpremiere. 23 Boote wurden von der neuen X4.3 verkauft, bevor überhaupt das erste offizielle Foto entstand.


„Nicht mutig, sondern sehr mutig“ war Andreas Schöchl, junger Werftchef aus Österreich, mit seinem radikalen Designbruch bei der Sunbeam 32.1. Gemeint ist das Äußere der Neuen, das die Segelwelt in Erstaunen versetzte und polarisierte. An Bord wird man – und frau – buchstäblich ins neue Segeln gebeamt, wie float dem Boot nach dem Test auf dem Bodensee attestierte. Wer sich selbst überzeugen möchte, braucht dazu keine lange Reise in den Süden auf sich zu nehmen.
Als besonderer Leckerbissen wird in Neustadt die Shogun 50 gezeigt. Hier betritt die Rosättra Båtvarv, die auch die Linjett 39 baut, mit einem Carbon-Renner Neuland. Das Boot ist trotz Teakdeck, komplettem Interieur und Hubkiel eine halbe Tonne leichter als eine Club Swan 50. Die Kielflosse ist aus Carbon gebaut, und erstaunliche 45 Prozent des Gesamtgewichts befinden sich im Kielwulst. Für eine Fahrtenyacht fast unerhört.
Und wie sieht es bei den Motorbooten aus?
Die Motorboot-Premieren
Den Anfang macht die in Cannes erstmals gezeigte Absolute 48 Coupé, ein sportlicher Coupé-Cruiser im Maxiformat aus der Mitte Italiens. Beim Best of Boats Award hatte Absolute Yachts mit zwei großen Reisebooten 2021 und 2020 die Nase vorn.

Nicht zurückkehren an den Ort ihres weltersten Tests für den Best of Boats Award 2022 wird die Bavaria SR 36. In Neustadt waren float und Kollegen das neue, sehr geräumige Familienboot des deutschen Serienbootbauers vor wenigen Wochen gefahren. Stattdessen stellen die Franken den Steady-Seller Bavaria S45 aus und die Bavaria SR41, der ersten echten Motoryachtpremiere nach dem Neustart der Werft.
Erstmals auf dem Wasser zu erleben sind die in Zypern gebauten Boote Karnic SL 652, ein Open-Deck-Boot mit großer Wohnkajüte, und die etwas größere Karnic SL 701 mit Kajüte. Das Duo folgt auf die Weltpremiere des Familien-Wochenendboots Karnic CS 700 HT im letzten Sommer.


Die neue Rand Spirit 25 aus Kopenhagen polarisiert: Sie ist dynamisch, zugleich soll sie nur halb so viel wie andere Boote verbrauchen. Eben einfach außer Rand und Band, wie wir es bei unserem Premierenreport nannten. Und das funktioniert sowohl mit Elektro- als auch Benzinantrieb. Sogar einen Diesel gibt es. In Neustadt ist das Boot beim Yachtfestival erstmals auf „unserer“ Seite der Ostsee zu erleben.
Mit der Ryck 280 in der Rückhand bringt Hanse-CEO Hanjo Runde die Multimarkenwerft bei schnellen Daycruisern in Stellung. Wie er den Hattrick mit Ryck selbst einschätzt, erzählt Runde beim float-Originals-Podcast Gekommen, um zu bleiben.
Neueinsteiger und Neuentdeckungen
Weit weniger einem größeren Publikum bekannt sind die Produzenten, die hinter diesen Premieren stehen: Cormate T28 aus Norwegen und die Alesta SeaMax 620, ein Walkaround-Boot mit Kabine aus dem türkischen Antalya. Bekannt ist Alesta vor allem für seine Parasailing-Zugboote und SAR-Schiffe.

Schon im Wettbewerb des Best of Boats Awards war das erste Motorboot von X-Yachts. Endlich ist die X-Power 33 C auch in Deutschland zu sehen. Weit ist der Weg zum Yachtfestival für das schicke und komfortable Boot aus Haderslev nicht. Dort hatten wir den Weekender im letzten Herbst bei strömendem Regen getestet und fühlten uns pudelwohl dabei.
Das Aludock (➔ Steg W.22-25, landseitig B23-29, Aludock) repräsentiert die größte Gruppenausstellung von Aluminiumbooten in Deutschland, mit Wurzeln in Hamburg und einigen Jahren Erfahrung auf der Boot & Fun Berlin. Beim Yachtvestival 2022 tritt die Initiative mit 13 Aluboot-Modellen zwischen vier und neun Metern Länge an.
Zu den vertretenen Marken gehört auch der Newcomer Seamachine, mit dem Aludock-Initiator Stephan Reifenrath 🎧 Aluboote neu gedacht hat. Mit der neuen Marke will er das Image der Silbergrauen komplett erneuern. Ebenfalls dabei sind UMS Boote mit den für den Best of Boats Award 2019 nominierten und von float im Doppel auf der Elbe getesteten V-Boats, außerdem die Marken Victory und Master Pro.
RIB-Couture und Jockeysitz
Zeitlich noch weiter entfernt liegt unsere virtuelle Probefahrt mit der Zodiac Medline 9. Das 2020 erstmals vorgestellte RIB ist das erste Festrumpfschlauchboot mit modischem Anstrich – und damit gewissermaßen „RIB Couture“. Wir unterhielten uns mit Produktmanagerin Fanny Revert per Videokonferenz über das neue Konzept.

Manche Neuheit braucht ein Weilchen: Schon beim Best of Boats Award 2020 prämiert und beim Bootshändler zu haben, aber noch nicht auf Messen präsentiert wurden die finnisch-polnischen Boote von Saxdor. Die 2020 frisch gegründete Marke stellte nach dem Launch der ersten Flitzer – der sportlichen Saxdor 200 Sport mit optionalem Jetski-Jockeysitz – den Daycruiser Saxdor 320 vor.
Ähnlichkeiten mit früheren Projekten des Axopar-Mitgründers sind bei den neuen Designs von Sakari Mattila nicht zu übersehen. Beide Boote werden in Neustadt ausgestellt.
Riesen fürs Reisen und andere Beinahe-Premieren
Schon an anderer Stelle ausgestellt, aber unverändert interessant ist unter anderem die Marex 360, die 2019 Gewinner beim Best of Boats Award war. Auch der schnelle Daycruiser Iron 707 mit V6-Außenborder von Mercury ist – nach der Premiere auf der Boot & Fun Inwater 2021 – wieder in freier Wildbahn zu erleben.
Von Jeanneau sind unter anderem die Cap Camarat 10.5 WA und die Cap Camarat 12.5 WA zu sehen. Vor allem die Letztere ist ein richtig großer Wagen: Der größte Daycruiser von Jeanneau ist als schnelles Küstenschiff nicht nur für den Süden gemacht, wie wir beim float-Test im April 2021 feststellten.

Riesen fürs Reisen baut Sirena. Der in Neustadt gezeigten Sirena 58 sind wir erstmals am Bosporus begegnet – einen beeindruckenden Werftbesuch inklusive. Evergreens zum Wasserwandern sind die Greenline 39 (➔ Steg U.18, bei Allert Marin – ☎️ anrufen) und die Delphia 1200 BluEscape.
A. W. Niemeyer zeigt, nach der eigenen Hamburg Boat Show, auch Flagge beim Yachtfestival. Präsentiert werden unter dem Namen „OceanBay by awn“ die Bootsmodelle 450 Open, 500 Classic, 605 Open und Pilothouse 655 in Kooperation mit Rajo-Boote – nach dem Susi-Sorglos-Prinzip komplett mit Motor, Trailer und Versicherung.
Power den Pagoden: Elektronik und Motoren
Apropos Motoren: Erstmals auf einer deutschen Messe gezeigt wird der Diesel-Außenborder Oxe 300. Dass der Motor am offenen Patrouillenboot Tideman RBB 700 hängt, ist kein Zufall. Denn speziell beim Militär und bei Hochseeflotten ist es nützlich, wenn neben Diesel kein zweiter Brennstoff für die Beiboote notwendig ist.
Schon in Werder im August 2021 zu sehen waren die kompakten Molabo-Elektromotoren an einem Boot von My Electroboat. Beide haben in Neustadt erstmals Auslauf an der Ostsee.

Präsent in den Pagoden rund um den Hafen sind neben dem E-Motoren-Pionier Torqeedo auch die bekannten Elektronikhersteller Raymarine, Garmin und Navico mit den Marken B&G, Simrad, C-Map und Lowrance. Versicherer wie Pantaenius (➔ Steg B2.20) und Hamburger Yacht-Versicherung (➔ Steg B2.08) sind ebenso vor Ort wie die Ausrüster Von der Linden (➔ Steg B2.04) und A. W. Niemeyer.
Eintritt frei
Am Freitag, den 20. Mai 2022, geht’s los in der ancora Marina Neustadt. Die Schau läuft bei freiem Eintritt bis Sonntag, den 22. Mai. Geboten wird neben Booten und Pagoden der Land-Aussteller auch ein Rahmenprogramm. Einlesen gelingt am besten auf der Yachtfestival-Website.