Mit entsprechender Spannung beobachten Magnetfeldforscher also die aktuellen Wanderungen der magnetischen Pole. Sind sie der Anfang einer Umpolung? Und wenn ja, wird sie von langer oder kurzer Dauer sein – in geologischen Zeitskalen gerechnet?
Tatsächlich hat der nächste Polsprung zumindest im Ansatz schon begonnen. Dafür spricht, dass sich das Erdmagnetfeld in den letzten 175 Jahren um zehn Prozent verringerte und schwächer wurde. In diesem Zeitraum wanderte der magnetische Nordpol um rund 1.100 Kilometer von Alaska Richtung Sibirien (siehe Karte). Zunächst in einer Art Zickzack-Kurs, dann in einem lang gezogenen „Schwung“ Richtung (geografisch) Nordnordwest.
Erkenntnisse aus Lavaströmen
Bis vor 25 Jahren vertraten Geowissenschaftler, die sich mit dem Thema Magnetfeld beschäftigen, noch die Ansicht, dass sich ein derartiger Polsprung zwingend über tausende Jahre ziehen würde. Doch in alten Lavaströmen auf dem nordamerikanischen Kontinent fanden US-Forscher den Beweis dafür, dass sich das Magnetfeld der Erde während eines Polsprungs vor ein bis zwei Millionen Jahren um sechs Grad drehte – täglich! Hochgerechnet würde dies bedeuten, dass damals für einen Polsprung gerade mal ein Monat nötig war.
In einem weiteren erstarrten Lavastrom, der mehr als 16 Millionen Jahre alt ist, entdeckten die Forscher Nachweise für einen Polsprung in weniger als vier Jahren.
Alte (und neue) Lavaströme liefern sogenannte paläomagnetische Daten. Wenn bei einem Vulkanausbruch Magma ausströmt, richten sich die darin enthaltenen eisenhaltigen Mineralien nach dem Erdmagnetfeld aus. Erstarrt die Magma, bleibt folgerichtig auch die jeweilige Magnetfeldrichtung erhalten.
Apokalypse now?
Auf genaue Zeitangaben für die nächste Umpolung wollen sich jedoch nur wenige Wissenschaftler einlassen. So ist einerseits von 1.800 Jahren die Rede, andere sprechen von „wenigen Jahrzehnten“, und eher apokalyptisch Veranlagte sagen die Polumkehrung schon für „übermorgen“ voraus. Apropos Apokalypse: Im Zusammenhang mit dem magnetischen Polsprung werden häufig Untergangsszenarien für die gesamte Menschheit und einen Großteil der sonstigen Fauna auf unserem Planeten vorhergesagt.
Doch die Geowissenschaft ist sich einig: Selbst wenn sich das Erdmagnetfeld im All während eines Polsprungs um 90 Prozent verringert, können Sonnenwind-Teilchen und Höhenstrahlung, die sonst in diesem Magnetfeld „gefiltert“ werden, nicht durch den Schutzschild Atmosphäre dringen. Die immer wieder beschworenen Untergangsszenarien durch vermehrt auftretende Krankheiten gelten als eher unwahrscheinlich.
Wenn jedoch mehr Sonnenwindteilchen in die Atmosphäre der Erde eindringen, werden dort mehr Stickoxide abgegeben. Und das wiederum vergrößert unser Ozonloch an den Polen. Dadurch können vermehrt UV-Strahlen auf die Erdoberfläche treffen. Was wiederum die im Rahmen der Ozonloch-Diskussionen der letzten Jahre hinlänglich bekannten Auswirkungen auf Flora, Fauna und Menschheit nach sich ziehen könnte.
Wird der Kompass zum „alten Eisen“?
Doch was passiert eigentlich mit den Seefahrern nach dem Polsprung? Wenn die Kompassnadel nach Süden zeigt und somit zum neuen Norden wird?
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